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Besserer Kauf: ProSiebenSat.1 oder Netflix

Foto: Getty Images

Der Vergleich zwischen ProSiebenSat.1 (WKN: PSM777) und Netflix (WKN: 552484) ist meines Erachtens sehr interessant, denn er zeigt zwei Unternehmen, die zwar in derselben Branche tätig sind, aber unterschiedlicher nicht sein könnten. Es ist ein Vergleich zwischen einem aufstrebenden globalen Medienkonzern, der an der Spitze der Innovation im Medienbereich steht, und einem strauchelnden lokalen Medienkonzern, der versucht, in einer sich verändernden Welt seine Nische zu erhalten. Man könnte es auch als Vergleich zwischen David (ProSiebenSat.1) und Goliath (Netflix) bezeichnen – obwohl diese Rollen vor zehn Jahren noch komplett vertauscht waren.

Als Investor mag ich den Vergleich auch besonders, weil er veranschaulicht, wie Investoren meiner Meinung nach heutzutage über Bewertung und Aktienkennzahlen nachdenken sollten. Wenn es etwas gibt, was Investoren regelmäßig an der Netflix-Aktie bemängeln, ist das die viel zu hohe Bewertung. Auf der anderen Seite sehen die Aktien von ProSiebenSat.1 spottbillig aus. Was ist also das bessere Investment für langfristige Anleger?

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Finanzielle Stärke

Bevor man sich die Kennzahlen der beiden Unternehmen genauer ansieht, muss man sich meiner Meinung nach eines vor Augen halten: Netflix ist ein globaler Konzern, der dabei ist, die Art, wie wir alle TV- und Film-Inhalte konsumieren, radikal zu verändern. ProSiebenSat.1 ist ein traditionelles Medienunternehmen, das zwar im deutschsprachigen Raum noch sehr gut aufgestellt ist, aber globale Trends des Medienkonsums nicht verleugnen kann. Es ist ein Faktum, dass US-amerikanische Konzerne wie Netflix, Alphabet (WKN: A14Y6F) (über die Tochter YouTube), Amazon (WKN: 906866) (Amazon Prime Video) und Facebook (WKN: A1JWVX) in Zukunft die Medienwelt noch mehr dominieren werden, als sie das bisher ohnehin schon tun.

UnternehmenUmsatzwachstum Q3 2018Bruttomarge Q3 2018Freier Cashflow (letzte zwölf Monate)Netto-Cash-Position Q3 2018
ProSiebenSat.11 %39 %104 Mio. Euro-2,54 Mrd. Euro
Netflix34 %39,7 %-2,23 Mrd. US-Dollar-5,3 Mrd. US-Dollar

Quelle: ProSiebenSat.1 Media SE Quartalsmitteilung für das dritte Quartal 2018Netflix Third Quarter Earnings Letter to Shareholders

Ein Blick auf die Tabelle zeigt, dass die Kennzahlen der beiden Unternehmen, bis auf die Bruttomarge, sehr unterschiedlich sind. Auf den ersten Blick könnte man sogar annehmen, ProSiebenSat.1 sei das finanziell stärkere Unternehmen. Schließlich ist der Freie Cashflow der letzten zwölf Monate positiv und die Netto-Cash-Position weniger negativ als jene von Netflix. Diese Einschätzung wäre meines Erachtens weit gefehlt.

Zunächst muss man die angegebenen Zahlen in die richtige Relation setzen: Netflix hat in den vergangenen zwölf Monaten Umsätze in Höhe von 14,9 Mrd. US-Dollar erzielt, während ProSiebenSat.1 im Jahr 2017 4 Mrd. Euro Umsätze erzielte (für das Gesamtjahr 2018 werden ebenfalls 4 Mrd. Euro Umsatz erwartet). Das heißt, die negative Netto-Cash-Position macht bei ProSiebenSat.1 ca. 60 % der (stagnierenden) Umsätze aus, während es bei Netflix momentan „nur“ 35 % sind – zusätzlich steigt der Umsatz bei Netflix rasant an.

Netflix’ negativer Freier Cashflow der letzten zwölf Monate und die stark negative Netto-Cash-Position sind außerdem darauf zurückzuführen, dass sich Netflix seit einigen Jahren vermehrt auf die Eigenproduktion von Inhalten spezialisiert. Das kostet momentan viel Geld, führt aber dazu, dass Netflix unabhängiger von Drittanbietern wird und die Mitgliederzahlen konstant ansteigen. Im letzten Quartal (Q3 2018) waren es weltweit 137 Millionen zahlende Mitglieder. Im vierten Quartal 2018 soll die Mitgliederanzahl bereits auf über 146 Millionen ansteigen. Wenn dieses Wachstum einige Jahre weitergeht – und momentan spricht einiges dafür – wird Netflix seine Content-Kosten auf eine sehr große Mitgliederzahl verteilen können und seine Margen und Cashflows substanziell erhöhen.

Bei ProSiebenSat.1 sehe ich derzeit kein großes Potenzial zur Umsatz- und Margensteigerung, wodurch die negative Netto-Cash-Position etwas bedrohlicher wirkt. Daher ist Netflix für mich finanziell das eindeutig stärkere Unternehmen.

Gewinner = Netflix

Bewertung

UnternehmenMarktkapitalisierungKUVKGV
ProSiebenSat.14,12 Mrd. Euro1,039,33
Netflix124,78 Mrd. US-Dollar8,38102,12

Quelle: Yahoo! Finance (Stand: 3.12.2018)

Vor meinem geistigen Auge sehe ich gerade Value-Investoren, die ihre Hände über dem Kopf zusammenschlagen und sich fragen, wie ein rationaler Investor jemals in Erwägung ziehen kann, eine Aktie wie Netflix mit einem dreistelligen KGV zu kaufen. ProSiebenSat.1 ist doch ein Schnäppchen mit einem KGV von unter 10 und die Marktkapitalisierung liegt etwa auf dem Level der Umsätze. Die Wahrheit ist, dass die Performance einer Aktie davon abhängt, wie das zugrunde liegende Unternehmen in der Zukunft abschneiden wird. Und die Zukunft gehört Netflix, und nicht ProSiebenSat.1.

Außerdem, bei einer Gewinnmarge von 20 % – was meiner Meinung nach eine sehr realistische langfristige Marge für Netflix ist – entspricht ein KUV von 8 einem KGV von 40. Das scheint zwar immer noch etwas hoch. Wenn ein Unternehmen seine Umsätze jedoch konstant um 20–30 % jährlich steigert, kann ein hohes KGV sehr schnell dahinschmelzen. Natürlich würde bei einem solch konstanten Umsatzwachstum der Aktienkurs kaum stagnieren. Eine Aktie wie Netflix wird daher, solange das Unternehmen seine Strategie ausführt und seine Marktdominanz steigert, niemals „günstig“ bewertet sein.

Ein wichtiger Punkt, den man bei Netflix nicht außer Acht lassen sollte, ist die Optionalität des Unternehmens. Das Paradebeispiel für Optionalität ist Amazon: Amazon begann als reiner Onlinebuchhandel, wurde in der Folge zum „Everything-Store“, ist derzeit der Cloud-Anbieter Nr. 1 mit Amazon Web Services (nachdem sie die Cloud mehr oder weniger erfunden haben), und steigt momentan groß ins Werbegeschäft ein. Nebenbei ist Amazon einer der größten Player im Videostreaming-Markt.

Eines ist klar: Es ist schwer, die Optionalität eines Unternehmens zu bewerten. Man kann aber nicht verleugnen, dass Netflix ein hohes Potenzial hat, seine wachsende Mitgliederbasis (bald über 150 Millionen weltweit) – und die dadurch angesammelten Daten – in Zukunft anderweitig zu monetarisieren. Bei ProSiebenSat.1 sehe ich ein derartiges Potenzial momentan überhaupt nicht.

Gewinner = Netflix

Nachhaltige Wettbewerbsvorteile

Netflix erarbeitet sich gerade einen der größten nachhaltigen Wettbewerbsvorteile der Medienbranche. Grund dafür ist die große, aber weiterhin steigende globale Mitgliederbasis – meines Erachtens die wichtigste Kennzahl, die Netflix-Aktionäre momentan beachten sollten. Netflix profitiert von einem positiven Feedbackloop: Je mehr Zuschauer es an seine Plattform binden kann, desto mehr wollen Produzenten, Regisseure und Schauspieler ihre Inhalte auf Netflix zeigen. Das führt wiederum dazu, dass mehr Zuschauer von den Inhalten angezogen werden usw … Durch die Produktion eigener Contents wird sich Netflix immer weiter differenzieren können; die angesammelten Nutzerdaten helfen, den richtigen Content zu produzieren. Auf lange Sicht wird Netflix die Kosten der Produktion besser kontrollieren können, was wiederum die Profitabilität steigert.

Dass ProSiebenSat.1 in der heutigen Medienlandschaft stetig an Boden verliert, ist dem Konzern bewusst. Hier ein Auszug aus dem letzten Quartalsbericht:

Gerade klassisches Kabelfernsehen ist für uns ein wichtiger Auftraggeber in den USA. Die Eintrittswahrscheinlichkeit von Risiken in Zusammenhang mit Produktionen für den US-Markt bewerten wir als möglich, die finanzielle Auswirkung auf die Umsatzentwicklung im Segment Content Production & Global Sales als erheblich […] Aufgrund der wachsenden Marktpräsenz globaler Streamingdienste hat sich der Wettbewerbsdruck auf europäische Medienhäuser erhöht. Dies gilt auch für die Rechteverwertung. Hier kann die ProSiebenSat.1 Group mit US-Lizenzprogrammen im TV nicht an frühere Erfolge anknüpfen […] Deshalb fokussiert sich der Konzern bei seiner Content-Strategie künftig verstärkt auf lokale Programme und überprüft aktuell seine bestehenden US-Studioverträge.

Positiv hervorzuheben ist hierbei, dass eine lokale Content-Strategie für ProSiebenSat.1 momentan wahrscheinlich am meisten Sinn macht. Außerdem versucht der Konzern vermehrt mit digitalen Angeboten zu punkten. Aber letztlich kämpft ProSiebenSat.1 an zwei verschiedenen Fronten: einerseits gegen die globalen Video-Streamingangebote, andererseits gegen den Trend, dass TV-Werbung durch andere Werbekanäle – Google und Facebook (in Zukunft auch Amazon) – zunehmend verdrängt wird.

Gewinner = Netflix

Und mein Gewinner ist …

Netflix, ganz eindeutig. ProSiebenSat.1 ist für mich derzeit eine klassische Wertfalle (Value-trap) – es sieht zwar günstig aus, aber wenn ich mir Gedanken über die Zukunft des Unternehmens mache, sehe ich schwarz. Netflix auf der anderen Seite ist auf dem Weg, eines der dominantesten globalen Medienunternehmen zu werden. Investoren sollten sich von der hohen Bewertung der Netflix-Aktie nicht abschrecken lassen und einen Kauf in Erwägung ziehen.

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Nikoaus Schranz besitzt Aktien von Alphabet, Amazon und Netflix. John Mackey, CEO von Amazon-Tochter Whole Foods Market, sitzt im Vorstand von The Motley Fool. Suzanne Frey arbeitet als Führungskraft bei Alphabet und sitzt im Vorstand von The Motley Fool. The Motley Fool besitzt und empfiehlt Aktien von Alphabet (A- und C-Aktien), Amazon, Facebook und Netflix.



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