Darum müssen Uniper-Aktionäre weiter leiden
Zwischen „Uniper SE gerettet“ und „Uniper-Aktie gerettet“ gibt es einen himmelweiten Unterschied. Das Unternehmen Uniper (WKN: UNSE01) könnte in einigen Jahren wieder florieren. Aber ob die Aktie jemals wieder frühere Niveaus erreicht? Kurzfristig ist jedenfalls nicht mit einer großen Trendwende zu rechnen, denn es kommt jetzt dicke.
Das wenig beachtete Problem von Uniper: Die Kunden
Uniper muss vertragliche Lieferverpflichtungen zu vereinbarten Preisen erfüllen. Da das billige Gas aus Russland nicht mehr wie früher fließt, muss dafür teures Gas am Spotmarkt besorgt werden. Nun heißt es, dass Uniper seine Preise erhöhen darf, um sein Ausbluten zu stoppen.
Allerdings erst in zwei Monaten. Und das wird eine sehr lange Zeit für Uniper. Denn wie werden die Kunden wohl nun darauf reagieren? Diese haben sich bisher auf ihre Verträge verlassen können. Plötzlich stehen sie vor der Perspektive von massiven Preiserhöhungen, die ihre Wettbewerbsfähigkeit in Gefahr bringen.
Das einzig Vernünftige aus Kundensicht ist doch, die aktuell noch fixierten Preise maximal zu nutzen. Das bedeutet überspitzt ausgedrückt, Extraschichten zu fahren, alle Energiespeicher zu 100 % befüllen, beim Glas- und Metallschmelzen besonders einzuheizen und Erdgasfahrzeuge noch mal vollzutanken. Sobald die hohen Preise wirksam werden, stehen dann eher Werksferien, Wartungsarbeiten und Kurzarbeit an.
Wenn es so kommt, dann bedeutet das für Uniper, dass die Einbußen noch wesentlich größer werden als wenn alle Kunden normal weiterproduzieren (oder gar besonders viel sparen) würden.
Die Folge: Brutale Verwässerung der Uniper-Aktie
Zur Erinnerung: Der Plan lautet, bis zu 8 Mrd. Euro Eigenkapital einzuschießen, das teilweise vom Bund kommt und teilweise aus gewandelten Darlehen der finnischen Muttergesellschaft. Im Gegenzug erhalten sie Unternehmensanteile, und zwar mit einem Discount von etwa 70 % für die ersten 0,3 Mrd. Euro, von 25 % für die nächsten 4 Mrd. Euro und von 25 bis 50 % für die restlichen 3,3 Mrd. Euro, soweit diese abgerufen werden.
Dass sie abgerufen werden, wird jedoch immer wahrscheinlicher. Der Erdgaspreis ist nach der Publikation der Eckpunkte des Rettungspakets weiter gestiegen. Möglicherweise setzen Spekulanten darauf, dass die kurzfristige Nachfrage wie oben beschrieben anziehen wird. Eine höhere Nachfrage in Verbindung mit steigenden Spotmarktpreisen resultiert in gigantischen Verlusten für Uniper.
Beim Kurs von 6 Euro ist Uniper nur noch etwa 2 Mrd. Euro wert. Um 8 Mrd. Euro Eigenkapital einzusammeln, muss die Zahl der Aktien schon zum normalen Aktienkurs verfünffacht werden. Mit einem durchschnittlichen Discount von über 30 % könnte sie sogar versiebenfacht werden. Die aktuellen bestehenden Aktien werden also im nicht unwahrscheinlichen Extremfall nur noch ein Siebtel des Unternehmens ausmachen.
Das Schlimme dabei: je mehr der Aktienkurs sinkt, desto größer die potenzielle Verwässerung. Wenn ich es mir genau überlege, dann ist hier sogar eine totale Implosion denkbar, in der Bund und Fortum (WKN: 916660) am Ende über 99 % der Anteile halten. Da steckt viel Psychologie drin.
Es kommt auch auf die Ausgestaltung im Detail an. Schließlich wird das Geld wohl zunächst als sogenanntes Mezzanine-Kapital bereitgestellt, das erst zu einem späteren Zeitpunkt, vielleicht Jahre später, in Eigenkapital gewandelt wird. Wenn Uniper bis dahin wieder profitabel arbeiten kann, dann wird es voraussichtlich nicht ganz so schlimm.
Reine Spekulation
Meine obigen Ausführungen sind teilweise spekulativ. Aber jetzt Uniper-Aktien zu kaufen ist noch viel spekulativer. Der Deal mit dem Bund enthält Fallstricke mit unabsehbaren Folgen. Ob sie in den noch laufenden Detailverhandlungen zugunsten der freien Aktionäre entschärft werden, ist unklar. Zumindest bei Fortum dürfte das Interesse daran gering sein.
Im Idealfall findet das Uniper-Management Wege, um mit deutlich weniger als 8 Mrd. Euro frischem Eigenkapital auszukommen. Falls die politischen Maßnahmen zur Verbrauchssenkung Wirkung zeigen oder die nach Europa gelieferten Gasmengen wider Erwarten steigen, dann kann sich die Lage für Uniper-Aktionäre plötzlich wieder aufhellen. Die Szenarien klaffen weit auseinander.
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Ralf Anders besitzt keine der genannten Aktien. The Motley Fool besitzt keine der erwähnten Aktien.