Wirecard-Aktie: Jetzt wird es ungemütlich!
Mit der Veröffentlichung des KPMG-Berichts hatten Wirecard (WKN: 747206)-Aktionäre eine Aufarbeitung sämtlicher Unklarheiten erwartet und dass die Aktie nun wieder zum Aufstieg ansetzt. Doch es kam alles ganz anders: KPMG hatte Probleme angegeben, von den Drittpartnern alle Unterlagen für eine umfassende Prüfung zu erhalten. Dies führte am Ende dazu, dass die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft weder die Existenz noch die Höhe des Drittpartner-Geschäftsvolumens bestätigen bzw. dementieren konnte.
Die Schuldfrage
Aber wen trifft nun die Schuld an diesem Ergebnis? Viele Investoren fordern einen Rücktritt von Dr. Markus Braun, der Wirecard dorthin gebracht hat, wo es heute steht. Ganz sicher ist er kein Experte für alle Führungsbereiche, die ein Großkonzern benötigt, aber er ist dennoch ein sehr guter Unternehmer.
In vielen Ländern kann und konnte Wirecard seine Transaktionen nur über Drittpartner abwickeln, weil es dort keine eigene Lizenz besaß. Somit ist das Unternehmen auf diese Firmen und ihre Angaben angewiesen. Es lässt sich nur mutmaßen, dass es hierunter auch schwarze Schafe gab, die während der KPMG-Prüfung eine umfassende Auskunft verweigerten. Dies ist wiederum kein gutes Zeichen. Die Schuld liegt in diesem Fall allerdings eher bei den Drittpartnern. Dem Konzernvorstand könnte man hingegen vorwerfen, die falsche Partnerwahl getroffen zu haben.
Der Vorstand wird umstrukturiert
Dennoch muss die Leitung Verantwortung übernehmen. Sie wird deshalb nun umgebaut. Ein bedeutender Schritt ist dabei die Schaffung eines eigenen Rechtsressorts, das ab 1. Juli 2020 von Dr. James Freis geleitet wird. Er verantwortete bisher den Compliance-Bereich der Deutschen Börse (WKN: 581005) und war zuvor unter anderem Direktor des US-amerikanischen Finanzministeriums für Finanzkriminalität.
Hinzu kommt ein neuer Vertriebsvorstand, der derzeit noch gesucht wird und die Bereiche Konsumgüter, Telekommunikation, Digital, Reisen, kleine und mittlere Unternehmen und Enablement sowie entsprechende Marketingaktivitäten leiten soll. Ein weiterer Vorstand wird darüber hinaus die Aktivitäten der Tochtergesellschaften in Europa, Nord- und Südamerika, dem Nahen Osten und Afrika sowie in Asien koordinieren sowie das Personal- und Facility-Management managen. Die Kapitalmarktkommunikation wird zukünftig vom Finanzvorstand Alexander von Knoop übernommen.
Der Vorstand Jan Marsalek wird den Bereich der Geschäftsentwicklung leiten. Dr. Braun gibt hingegen Verantwortung ab und konzentriert sich zukünftig auf strategische Allianzen, Innovationsmanagement, die weitere Konzerngeschäftsentwicklung, die Koordination der Geschäftspolitik und -bereiche sowie die Unternehmenskommunikation.
Wirecard hat zudem angekündigt, zukünftig das Drittpartnergeschäft Schritt für Schritt durch eigene Lizenzen zu ersetzen. Somit könnte Wirecard zukünftig tatsächlich wieder mehr Transparenz herstellen.
Die unklare Vergangenheit bleibt
Dennoch muss der Konzern hinsichtlich seiner Abschlüsse der Jahre 2016 bis 2018 weiterhin Klarheit schaffen und dies könnte noch einmal sehr ungemütlich werden. So hat die Finanzaufsichtsbehörde BaFin angekündigt, den KPMG-Bericht genau zu studieren und bei Verstößen sofort Anzeige zu erstatten. Insbesondere wird untersucht, ob Wirecard vor der Veröffentlichung irreführende Angaben gemacht hat.
Unterdessen gibt es Entlastung für die Gegner. So wurde ein Verfahren gegen den Börsenbrief und Leerverkäufer Fraser Perring im Zuge einer Strafzahlung in niedriger fünfstelliger Höhe eingestellt. Hier hatte die Justiz eine Kursmanipulation untersucht, die nicht bewiesen werden konnte. Das Blatt hat sich in juristischer Hinsicht also gewendet – Wirecard sitzt nun auf der Anklagebank und die ursprünglichen Kläger sind zunächst entlastet. Das DAX-Unternehmen wird erst dann rehabilitiert sein, wenn es seine Berichte der Jahre 2016 bis 2018 transparent aufgearbeitet hat.
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Christof Welzel besitzt keine der erwähnten Aktien. The Motley Fool besitzt keine der erwähnten Aktien.