ETFs, digitaler Handel & Co.: Der Corona-Crash ist nicht spektakulär!
Ja, wir befinden uns inmitten einer größeren Korrektur. Seitdem das Coronavirus die Börsen infiziert und die geringe Handlungskompetenz der OPEC die Ölmärkte durchgerüttelt hat, ist eine klare Abwärtstendenz auch aus der Ferne erkennbar. Ob Korrektur, Crash oder Absturz historischen Ausmaßes: Fest steht, der DAX hat in etwa um ein Drittel korrigiert.
Viele Medien, allen voran die dominanten und bekannten, versuchen in der aktuellen Korrektur das Außergewöhnliche zu sehen. Und meine Vermutung: Hier die Gunst der Stunde und die Gier nach noch mehr Panik auszunutzen, um ihre Schlagzeilen zu verkaufen.
Egal ob Turbo-Crash, Rekord-Crash, Horror-Crash oder Jahrhundert-Crash: All diese Worte habe ich in Anbetracht der starken und heftig volatilen Wochen gelesen, wobei der DAX tatsächlich rekordverdächtig schnell abgestürzt ist.
Doch keine Panik, Investoren: Wenn wir uns die Fakten, die hier mitgewirkt haben, näher ansehen, wird auch diese Volatilität wieder in ein erklärbareres Licht gerückt. Und womöglich sieht dann alles gar nicht mehr so dramatisch aus, wie so mancher es einem gerne verkaufen würde.
Die ETFs leisten ihren Beitrag
Ein nicht zu unterschätzender Teil dieser Abwärtsdynamik kommt von einer beliebten Gattung von Fonds: den ETFs. In den letzten und zugegebenermaßen rekordverdächtig langen Phasen mit wenig Korrekturen erfreuten sich die Passivfonds einer hohen Beliebtheit. Die Chancen wurden von vielen Investoren gesehen. Die Risiken eher ausgeblendet. Das rächt sich in diesen Tagen doch sehr, auch wenn wir Fools stets auf ein gewisses marktbreites Risiko der Passivfonds hingewiesen haben.
Jedenfalls wurden in letzter Zeit in einem rekordverdächtigen Tempo Anteilsscheine an beliebten Passivfonds abgestoßen. Alleine bis zur Woche des 2. März habe beispielsweise das ETF-Volumen 1,4 Billionen US-Dollar betragen. An einzelnen Handelstagen lag das Verkaufsvolumen bei beliebten Indexfonds, beispielsweise auf den S&P 500, teilweise bei über 100 Mrd. US-Dollar. Wie alleine diese Zahlen unterstreichen dürften, geht ein großer Teil auf die Dynamik bei ETFs zurück. Wobei bis zum 2. März nicht einmal die starke, volatile Phase der letzten Woche beinhaltet gewesen ist.
Der einfache, bequeme, kostengünstige Zugang zu Aktien und ganzen Indizes zeigt in dieser volatilen Phase daher seine Schattenseite. Die Welt der ETFs ist dabei in meinen Augen ein erster Grund, weshalb sich die Abwärtsdynamik so rekordverdächtig stark entwickelt hat. Und da nun ein großer Teil des ängstlichen Kapitals aus dem Markt entfernt sein dürfte, könnte die starke, rekordverdächtige volatile Phase der Vergangenheit angehören.
Die Zeiten sind nur begrenzt vergleichbar
Eine zweite Sache, die Investoren außerdem bei historischen Vergleichen bedenken sollten, ist, dass sich diese bloß bedingt eignen. Wenn wir die aktuelle Korrekturphase mit dem Crash des Jahres 1987 vergleichen oder auch mit dem Jahr 2001 und der Dotcom-Blase, dann sollten wir auch hier auf die Veränderungen in dieser Zeit aufmerksam machen. Das Jahr 1987 liegt inzwischen mehr als drei Jahrzehnte zurück, 2001 fast zwei Jahrzehnte. In dieser Zeit hat sich viel getan.
Alleine die Fortschritte im ETF-Markt sind ein Aspekt, den man berücksichtigen sollte. Allerdings ist das bei Weitem nicht alles: Die Welt ist digitaler geworden, der Handel hat sich durch das Internet und die Direktbroker mehr individualisiert. Wir können im Live-Ticker die Einbrüche verfolgen, die Infektionsraten, den Crash. Außerdem erhalten wir als Investoren mehr Zugang zu panikmachenden Schlagzeilen, die auf das Rekordniveau der Korrektur hinweisen.
Früher hat man mit Verzögerung vom Crash erfahren. Möglicherweise erst in der Tageszeitung und musste dann seinen Bankberater konsultieren. Bedeutende Unterschiede, die hier zu mehr Liquidität führen, weshalb dieser Crash ebenfalls so historisch schlimm erscheint. Oder rekordverdächtig, horrormäßig oder welches Adjektiv dir am ehesten schmeichelt.
Es ist ein normaler Crash mit anderen Rahmenbedingungen
In meinen Augen spricht gegenwärtig viel dafür, dass wir einen normalen Crash oder eine normale Korrektur haben. Nur eben, dass diese beschleunigt stattfindet. Durch ETFs wird schnell viel Kapital aus dem Markt gezogen. Live-Ticker und digitale Wasserstandsmeldungen sowie der schnelle Zugang über Direktbroker führen außerdem zu Sofortreaktionen. Die Volatilität wirkt dadurch rekordverdächtig und das Tempo ebenfalls.
Das spricht für mich dafür, dass wir das Schlimmste möglicherweise schon ausgestanden haben. Doch auch falls nicht, bleibe ich generell bei meiner langfristigen Einschätzung, dass die Börsenwelt durch das Coronavirus nicht untergeht und mehr Investoren die Chancen sehen sollten. Die Chancen der ebenfalls rekordverdächtig günstigen Bewertungen.
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