SAP will den Börsenwert mehr als verdoppeln – warum dafür aber noch viel passieren muss
Schon seit geraumer Zeit spricht der Vorstandsvorsitzende der SAP (WKN:716460), Bill McDermott, in Interviews über die Marktkapitalisierung des Unternehmens.
Hierbei plane man, den Börsenwert des größten europäischen Technologiekonzerns auf einen Marktwert von 250 bis 300 Mrd. Euro zu hieven. Das Ganze soll bis zum Jahr 2023 geschehen.
Solche Nachrichten lassen Fools aufhorchen, denn bei einer aktuellen Börsenkapitalisierung von 122 Mrd. Euro (Stand:12.04.2019) würde die Prognose doch erhebliches Potenzial beinhalten – 146 % im besten Fall.
Lasst uns im Folgenden einmal prüfen, wie realistisch das Ziel ist. Hierbei ist es von entscheidender Bedeutung, auf das Wachstumspotenzial des Unternehmens zu schauen, denn nur mit einem starken Wachstum kann dies gelingen.
Achtung: Die Börsenkapitalisierung ist nicht der Aktienkurs!
Vorab möchte ich aber noch einen kleinen Einwand vorbringen: Nicht immer hat der Aktionär etwas von einer Verdoppelung der Börsenkapitalisierung, denn eine steigende Börsenkapitalisierung kann auch zu gleichen Aktienkursen vollzogen werden.
Wie das geht? Mit einer größeren Übernahme. Solche Unternehmenstransaktionen werden dabei oft mit Schulden, der Ausgabe neuer Aktien oder einer Mischung aus beidem finanziert.
Sollte eine größere Übernahme getätigt werden, die das Unternehmen auf einen Schlag im Marktwert verdoppelt, dann muss man die Details betrachten. Um Werte zu schaffen, ist es erforderlich, die Synergien und die Potenziale zu heben. Erst wenn das geschieht, kann der Aktienkurs steigen.
Die Ziele der SAP
Die ehrgeizigen Ziele der SAP äußern sich in einer mittelfristigen Planung, die im Kern vorsieht, den Umsatz bis zum Jahr 2023 auf über 35 Mrd. Euro zu steigern. Das operative Ergebnis soll jährlich um 7,5 bis 10 % steigen. Zum Vergleich: Im Geschäftsjahr 2018 wurde ein Umsatz von 24,7 Mrd. Euro generiert bei einem operativen Ergebnis von 7,2 Mrd. Euro (Non-IFRS).
Ist ein Börsenwert von bis zu 300 Mrd. Euro gerechtfertigt?
Nun, ein jährliches durchschnittliches Wachstum von 10 % würde bedeuten, dass das operative Ergebnis auf 11,5 Mrd. Euro im Jahr 2023 ansteigen würde.
Jahr | 2018 | 2019e | 2020e | 2021e | 2022e | 2023e |
Operatives Ergebnis in Mrd. Euro bei 10 % CAGR | 7,16 | 7,88 | 8,66 | 9,53 | 10,48 | 11,53 |
Operatives Ergebnis in Mrd. Euro bei 7,5 % CAGR | 7,16 | 7,70 | 8,27 | 8,89 | 9,56 | 10,28 |
Quelle: Eigene Berechnungen und Annahmen – CAGR = Compound Average Growth Rate |
Bei einer möglichen 300-Mrd.-Euro-Bewertung im Jahr 2023 würde ein Multiple auf das operative Ergebnis von 26 gezahlt – was für ein Unternehmen mit einer Wachstumsrate von rund 10 % aus meiner Sicht schon sehr viel ist. Die Kernfrage bleibt daher: Kann SAP seine Wachstumsrate über die Jahre noch steigern und an Dynamik gewinnen?
Werfen wir noch einmal einen Blick auf ausgewählte Kennzahlen von Konkurrenten:
Market Cap | P/E | Fwd P/E | P/S | P/B | EPS next 5Y | Operating Margin | |
Oracle | 185.88B | 20,37 | 14,5 | 4,69 | 8,1 | 10,40 % | 34,50 % |
SAP SE | 140.18B | 29,27 | 19,11 | 5,06 | 4,15 | 10,43 % | 23,10 % |
Adobe | 132.87B | 49,24 | 28,13 | 13,91 | 13,44 | 22,65 % | 29,70 % |
Salesforce | 123.88B | 107,64 | 46,69 | 9,33 | 7,89 | 28,54 % | 4,00 % |
Intuit | 67.61B | 46,22 | 35,09 | 10,51 | 24,19 | 15,03 % | 27,30 % |
Workday | 43.26B | – | 88,78 | 15,33 | 22,02 | 31,48 % | -16,40 % |
Red Hat | 32.13B | 78,91 | 40,05 | 9,56 | 22,57 | 17,00 % | 14,80 % |
Shopify | 23.49B | – | 247,79 | 21,89 | 11,07 | 56,33 % | -8,60 % |
Durchschnitt | 55,28 | 65,02 | 11,29 | 14,18 | 23,98 % | 13,55 % | |
Quelle: Finviz.com; eigene Auswahl und Darstellung – Stand: 12.04. 2019 |
Auffallend ist, dass die SAP-Aktie bereits heute schon teurer ist als die Aktie des größeren Konkurrenten Oracle (WKN:871460). Die Wachstumserwartungen sind bei beiden Unternehmen jedoch ähnlich.
Das Kurs-Umsatz-Verhältnis (KUV – P/S) der SAP würde im Jahr 2023 bei einer 300-Mrd.-Euro-Bewertung bei stolzen 8,6 liegen. Das ist ein Wert, der für starke Wachstumsunternehmen wie Workday (WKN:A1J39P) oder Salesforce (WKN:A0B87V) gezahlt wird.
Fazit
Ich möchte eigentlich kein Kritiker des SAP-Managements sein, denn Bill McDermott hatte in den letzten Jahren, in denen er für den Walldorfer Softwarekonzern als Vorstand tätig war, einen wirklich guten Job gemacht.
Das haben auch die Anleger mit höheren Kursen honoriert. Die Börsenkapitalisierung stieg während seiner Amtszeit als CEO von 45 Mrd. Euro auf den heutigen Wert von 122 Mrd. Euro.
Meine Kritik ist, dass sich ein Vorstand nicht öffentlich zu Bewertungsfragen eines Unternehmens äußern sollte. Die Prognose einer SAP-Kapitalisierung von bis zu 300 Mrd. Euro halte ich daher für überflüssig – so etwas werden die Investoren schon selbst herausfinden.
Aus meiner Sicht kann SAP die 300-Mrd.-Euro-Börsenkapitalisierung bis zum Jahr 2023 erreichen – das operative Wachstum mit den vorgegebenen Werten reicht dafür allein aber nicht aus.
Der einzige Grund, der eine solche Bewertung rechtfertigen würde, wäre eine Änderung der Zukunftsaussichten oder eben andere Preisniveaus, die in der Branche für ähnlich stark wachsende Unternehmen gezahlt werden.
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Hier sind vier Schritte, die man unserer Meinung nach immer vor Augen haben sollte, wenn der Aktienmarkt einen Rücksetzer erlebt.
Frank Seehawer besitzt Aktien der SAP. SAP ist Bestandteil eines Indexzertifikates, das von Frank Seehawer gemanagt wird. The Motley Fool besitzt und empfiehlt Aktien von Salesforce.com und Workday.