Münchener Rück-Aktie: Houston, wir haben ein Problem
Die Münchener Rück (WKN:843002) hatte in letzter Zeit sowieso bereits einige Herausforderungen zu meistern. Jetzt muss sie auch noch für Milliardenschäden wegen des Unwetters in Texas aufkommen. Ist das ein Grund, die Aktie zu verkaufen? Nicht unbedingt.
Die Baustellen der Munich Re
Die Kapitalanlagen erbrachten nur magere Erträge in den letzten Quartalen, die Beitragseinnahmen stagnierten, der Margendruck durch neue Konkurrenz nahm zu, das Direktversicherungsgeschäft der Tochter ERGO musste aufwendig strategisch neu ausgerichtet werden und bei Geschäften zur Absicherung von Zins- und Währungsrisiken zeigte das Management wenig Geschick. Kein Wunder, trat der Aktienkurs seit zwei bis drei Jahren auf der Stelle.
Ein Lichtblick stellte hingegen im ersten Halbjahr die vergleichsweise geringe Schadensquote dar. Obwohl die Welt mit all den Krisen manchmal außer Rand und Band wirkt, mussten die Rückversicherungen weniger als in früheren Jahren einspringen. Dort schlagen vor allem Großschäden in Nordamerika und Europa auf die Bilanz, während Katastrophen auf der Südhalbkugel leider meist nur zum kleinen Teil versichert sind.
Aber jetzt ist es passiert, die berüchtigte Hurrikan-Saison hat zugeschlagen. Die Region rund um die Millionenstadt Houston in Texas steht komplett unter Wasser, zahlreiche Immobilien, zentrale Infrastruktur und vieles mehr wurden zerstört. Viele hoffen jetzt darauf, dass jemand zumindest den materiellen Schaden ersetzt.
Was jetzt auf die Rückversicherer zukommt
Ein großer Teil der Ansprüche wird an die weltweiten Rückversicherer durchgereicht. Statt Millionengewinnen aus der Auflösung von zu hohen Rückstellungen dürften daher jetzt erst mal zusätzliche Milliardenbelastungen für die Münchener Rück und ihre Konkurrenten Swiss Re (WKN:A1H81M) und Hannover Rück (WKN:840221) anstehen.
Exakt beziffern kann das natürlich zum jetzigen Zeitpunkt noch niemand. Die Bestandsaufnahme dürfte Monate dauern. Der nationale Wetterdienst der USA hat das Unwetter jedenfalls schon mal als beispiellos bezeichnet. Das muss nicht bedeuten, dass sich die Schäden wie bei den Hurrikanen Katrina (2005) und Sandy (2012) im Bereich von 100 Mrd. US-Dollar bewegen, aber es wird sehr sehr viel sein. Gut die Hälfte davon wird laut einer Einschätzung von J. P. Morgan von den Rückversicherern zu tragen sein.
Neben den marktführenden deutschen und schweizerischen Instituten sind natürlich auch die kleineren Wettbewerber aus Nordamerika (einschließlich Bermuda) betroffen, also beispielsweise Berkshire Hathaways (WKN:A0YJQ2) Reinsurance Group. Aber das Engagement der Europäer in den USA ist beträchtlich. Aus der Analyse von J. P. Morgan kann man schließen, dass sich die erwarteten Nettogewinne mehr als halbieren könnten, wenn die versicherten Schäden tatsächlich eine Summe von über 50 Mrd. US-Dollar erreichen.
Was das für Munich Re bedeutet
Natürlich haben die Münchener bereits im Vorfeld ein großes Budget gebildet für die Hurrikan-Saison, welche leider mit schöner Regelmäßigkeit kommt. Es steht zu hoffen, dass das Schadensausmaß noch einigermaßen im Rahmen bleibt, aber so wie es aussieht, wird dieser Betrag um ein gutes Stück übertroffen. Ob der vom Management bisher erwartete Jahresgewinn von mindestens 2 Mrd. Euro dann noch gehalten werden könnte, wäre eher fraglich.
Positiv für Aktionäre ist hingegen die Dividendenpolitik des Konzerns. Er schüttet nicht wie viele andere einen mehr oder weniger fixen Anteil des Gewinns aus, sondern strebt vielmehr an, jedes Jahr ein bisschen mehr zu zahlen. Das sollte auch in diesem Jahr machbar sein, wenn es nicht noch dicker kommt. Für das Geschäftsjahr 2016 gingen etwa 1,3 Mrd. Euro an die Aktionäre, während über 1 Mrd. einbehalten wurde. Klappt es mit der Steigerung, dann springen bei einem Aktienkurs von 177 Euro vielleicht über 5 Prozent Rendite heraus. Vereinfacht wird dies durch die Dauereinrichtung des Aktienrückkaufs, die zwar das Eigenkapital belastet, aber dafür den Gewinn auf weniger Anteile verteilt.
Letztlich kommt es darauf an, dass sich die anfangs genannten Baustellen positiv entwickeln und wie geplant neue Wachstumspotenziale generiert werden können. Wenn dann zudem noch weitere verheerende Katastrophen wie Hurricane Harvey ausbleiben, dann sollte dieser für die Münchener Rück nicht mehr als eine kleine Delle in der Bilanz darstellen. Ich denke, dass für Investoren, denen es vor allem auf das Dividendeneinkommen ankommt, Rückversicherer weiterhin zu den solidesten Anlagezielen gehören.
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Ralf Anders besitzt keine der erwähnten Aktien. The Motley Fool besitzt und empfiehlt Berkshire Hathaway (B-Aktien).