Die wirkliche Blase gibt es am Anleihemarkt
Der DAX erreicht in letzter Zeit immer wieder neue Rekorde und, wie immer, werden viele nicht müde von einer Blase am Aktienmarkt zu sprechen.
Das erscheint mir allerdings ziemlich übertrieben und lenkt von der wirklichen Blase an den Finanzmärkten ab. Die findet nämlich am Anleihemarkt statt. Du glaubst mir nicht? Lass dir einfach mal ein paar Dinge durch den Kopf gehen.
Den Staat fürs Geld leihen zu bezahlen ist bizarr
Nach dem Wahlsieg Trumps herrschte eine kurze Zeit die Meinung vor, dass Staatsanleihen jetzt im neuen inflationären Umfeld endlich wieder mehr abwerfen würden. Hat man vielen Kommentatoren geglaubt, dann müsste die Zinswende bereits im vollen Gange sein.
Davon merkt man allerdings nichts. Vor allem in Europa bleibt bisher alles beim Alten, und die bizarre Tatsache, dass sich viele Regierungen dafür bezahlen lassen, wenn sie sich Geld leihen, hat sich noch nicht geändert. Besonders Deutschland fällt hier auf. Die aktuellen Zinsen der deutschen Staatsanleihen zeigen das deutlich:
Laufzeit der deutschen Staatsanleihe | Zinsrendite zu aktuellen Preisen |
2 Jahre | -0,70 % |
5 Jahre | -0,41 % |
10 Jahre | 0,33 % |
30 Jahre | 1,15 % |
Quelle: Bloomberg, Daten vom 26.05.2017
So viel würde dich das Inflationsziel der EZB kosten
Kurz- und mittelfristig sind die Zinsen der sichersten europäischen Wertpapiere also negativ, langfristig sind sie mickrig. Das wird besonders deutlich, wenn man sich vor Augen führt, dass das Inflationsziel der EZB knapp 2 % beträgt.
Hier können wir einmal ein paar Rechenbeispiele heranziehen. Angenommen man investiert eine Million Euro über 30 Jahre zu -0,70 % Zinsen und hat darüber hinaus noch eine Geldentwertung von 2 % pro Jahr, also einen jährlichen Kaufkraftverlust von 2,70 %, dann bleiben nach 30 Jahren gerade einmal 440.00 Euro in heutiger Kaufkraft übrig. Man würde indirekt über eine halbe Million Euro verschenken.
Man könnte das Geld aber auch in die 30-jährige Staatsanleihe investieren und immerhin 1,15 % Zinsen pro Jahr bekommen, was bei 2 % Inflation allerdings immer noch einem jährlichen Kaufkraftverlust von 0,85 % entspricht und zu einem Verlust von fast 226.000 Euro an Kaufkraft über 30 Jahre führen würde. Nach Steuer fällt die Rechnung sogar noch einmal deutlich schlechter aus, denn auch wenn die Zinsen inflationsbereinigt negativ sind, wird die Abgeltungssteuer auf die Kuponzahlungen fällig.
Die zwei Seiten der Anleihenmedaille
In gewisser Hinsicht weiß man als Anleiheninvestor gar nicht, was man sich jetzt anders wünschen sollte. Das Problem besteht darin, dass Anleihen zum einen aus dem Preis für die Anleihen bestehen und zum anderen aus der Kuponzahlung, die vereinfacht oft als Zins bezeichnet wird.
Wenn also endlich die Zinswende kommt, dann verlieren die Anleihen im Portfolio an wert, weil man entweder durch Einlagenzins oder bei Neuemissionen höhere Zinsen bekommt. Allgemein höhere Zinsen stehen dann einem Kursverlust der alten Anleihen gegenüber. Will man also den Veräußerungsverlust vermeiden, wird man die alten Niedrigzins-Anleihen bis zum Ende halten müssen. Will man die höheren Zinsen, muss man die alten Anleihen mit einem Verlust verkaufen. Alles keine schönen Aussichten.
Ist dir eines aufgefallen? Bei diesen ganzen Rechnungen sind wir bisher von relativ niedriger Inflation ausgegangen. Es könnte aber auch viel höhere Inflation auf uns zukommen und dann sind vielleicht selbst höhere Zinsen real immer noch negativ.
Lange Rede kurzer Sinn, die wirkliche Blase gibt es am Anleihemarkt.
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