Gazprom-Aktie: Die USA schießen aus vollen Rohren – müssen Pipeline-Investoren sich hier sorgen?
Gazprom (WKN: 903276) hat in den vergangenen Wochen und Monaten eine Menge Widerstand aus dem Weg geräumt. Erst war es die dänische Seite, wo im Endeffekt doch die Erlaubnis erlangt werden konnte, Nord Stream 2 durch dänisches Hoheitsgewässer zu verlegen. Dann EU-weiter und insbesondere auch deutscher Widerstand, der beendet werden konnte.
Eigentlich, so schien es, würde bei dem EU-Großprojekt nur noch wenig im Weg stehen. Nichtsdestotrotz lassen es sich die US-Amerikaner nicht nehmen, das Projekt, an dem sie gar nicht beteiligt sind, weiter zu torpedieren. Werfen wir in diesem Sinne einen Foolishen Blick auf ein wirklich scheinheiliges Gesetz, das stark nach Verzweiflung riecht – und, natürlich, nach America-First-Politik.
Das Gesetz zum Schutze Europas im Überblick
In einem wirklich barmherzigen Akt der Güte haben sich nun die Politiker im US-Repräsentantenhaus mit der Energiepolitik Europas und damit einhergehend mit der auch in den USA nicht unumstrittenen Nordseepipeline Nord Stream 2 auseinandergesetzt. Im Rahmen eines „Gesetzes zum Schutze von Europas Energiesicherheit“ wurden dabei Restriktionen gegen das Projekt beschlossen, deren weiterer Verfahrensgang offenbar bloß eine Formsache zu sein scheint.
Demnach sollen insbesondere die Schiffbetreiber, die bei der Verlegung der Pipeline-Röhren aktiv sind, bestraft werden. Den jeweiligen Managern, Funktionären und auch einflussbesitzenden Anteilshaltern soll es demnach künftig nicht mehr gestattet sein, in die USA einzureisen. Auch sollen bestehende Visa widerrufen werden und es soll unterm Strich eine böse, böse Liste mit all denjenigen Schiffen geben, die am Aufbau der jeweiligen Projekte beteiligt sind. Neben Nord Stream dürfte das nach gängiger Einschätzung auch Gazproms zweites EU-Projekt Turkish Stream betreffen.
Die USA argumentieren dabei in all ihrer Scheinheiligkeit, dass es ihnen in erster Linie um europäische, insbesondere jedoch um deutsche Interessen gehe. Wir würden uns durch das Gazprom-Erdgas und die jeweiligen Pipelines schließlich in eine Abhängigkeit von Russland begeben, wodurch wird zu einer Geisel werden. Komisch, dass plötzlich die Interessen Deutschlands so wichtig sind, wo bei anderen Fronten stets mit Strafzöllen gedroht wird. Jedenfalls dürften diese Schritte die Finalisierung der noch im Aufbau befindlichen Pipelines erschweren, zumal nicht abzusehen ist, wie die jeweiligen am Aufbau beteiligten Schifffahrtsunternehmen zu dem neuen Gesetz stehen werden.
Was die USA wirklich wollen
Fest dürfte jedenfalls stehen, dass den USA nicht viel am wirtschaftlichen Wohlergehen Europas oder Deutschlands liegt, was bereits in vielen Kapiteln der Handelskonflikte klar gemacht worden ist, sondern, dass es ein weiteres Kapitel der America-First-Politik ist. Die USA besitzen schließlich ebenfalls jede Menge Fracking-Gas und hätten in der EU gerne einen Großabnehmer. Letztlich sind es daher US-Interessen, die hier überwiegen, auch wenn das Gesetz einen beinahe knuffigen Namen bekommen hat.
In der derzeitigen US-Politik könnte das Risiko, energietechnisch von den USA abhängig zu werden, sogar bedeutend größer sein, als sich von Gazprom und Russland bedienen zu lassen. US-Präsident Trump könnte schließlich solche Vereinbarungen nutzen, um weiter Druck auf die EU und Deutschland auszuüben, eine weitere Abhängigkeit wäre daher Gift. Allerdings scheinen sich dessen viele Akteure bewusst zu sein, entsprechend fällt die (mediale) Kritik an diesem neuen Gesetz harsch aus.
Leidtragender könnte kurzfristig natürlich Gazprom sein, wobei die langfristigen Aussichten wohl eher begrenzt sein dürften. Irgendwann wird irgendjemand die Pipelines fertigbauen, es könnte bloß weitere, kleinere Verzögerungen geben, die langfristig jedoch nichts an den positiven Aussichten verändern dürften.
Ein weiteres US-Kuriosum
In Zeiten des Handelskonfliktes und einer relativ klaren America-First-Linie machen sich die USA daher eigentlich lächerlich, indem sie jetzt den Schutzpatron der EU mimen wollen. Dieses Theater nimmt den Politikern wohl niemand so recht ab, zumal die Interessenlage hier sehr klar sein dürfte.
Glücklicherweise haben die USA nicht viel mitzureden, was die generelle Legitimität der jeweiligen Pipelines anbelangt. Allerdings wird der Druck, den die Amerikaner versuchen aufzubauen, bis zur Finalisierung wohl nicht abnehmen.
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Vincent besitzt keine der erwähnten Aktien. The Motley Fool besitzt keine der erwähnten Aktien.