Die etwas andere Zinswende: Wie gefährlich die Inversion der Zinsstrukturkurve für die Aktienmärkte wirklich ist
Als Investor an der Börse kann man auf die unterschiedlichsten Dinge achten. Beliebt sind Konjunkturindikatoren, der Ölpreis, die Quartalsberichterstattung und vieles mehr. Ein angeblich besonders aussagekräftiges Signal hat gerade die sogenannte Zinsstrukturkurve für amerikanische Staatsanleihen gesendet.
Was steckt dahinter und wie viel Sorgen muss man sich nun als Anleger machen? Lass es uns gemeinsam herausfinden.
Die Bedeutung der Zinsstrukturkurve
Es herrscht alarmierte Stimmung in den USA. Über zehn Jahre lang war alles normal, nun steht die Welt Kopf: Wenn auch nur minimal, so gibt es seit Neuestem für bestimmte kurzfristige US-Bonds höhere Jahresrenditen als für längerfristige. „inverted yield curve“ sagt der Amerikaner dazu und das gilt als schlimmer Vorbote der nächsten Rezession. Einige Monate vor dem Dot-com-Crash und der Finanzkrise gab es jeweils bereits das gleiche Phänomen.
Im folgenden Chart kann man schön sehen, von was wir reden:
Im Januar (blau) war die Kurve noch durchgehend nach oben gerichtet, wie es sich gehört. Jetzt im Dezember (rot) gibt es plötzlich für zweijährige US-Staatsanleihen genauso viel wie für fünfjährige und dazwischen sogar noch einen Punkt mehr. Das sieht harmlos aus, aber es ist sehr ungewöhnlich.
Wie man das interpretieren kann
Wie du vielleicht weißt, hat die Fed, also die US-Zentralbank, über die letzten Quartale regelmäßig die Zinsen angehoben, um einem Überhitzen der Wirtschaft entgegenzuwirken und perspektivisch zur geldpolitischen Normalität zurückzukehren. Im obigen Chart sieht man ja auch schön, dass die Renditen am kurzen Ende heute rund 1 % höher stehen als noch zu Jahresanfang.
Dass die Kurve derzeit in der Mitte so flach ist, bedeutet, dass viele Investoren den Glauben daran verloren haben, dass die Fed weitere Zinserhöhungsschritte durchführen würde. Im Gegenteil: Sie kalkulieren über die kommenden rund zwei bis drei Jahre mit einer erneuten zumindest zeitweiligen Rückkehr zu Minizinsen, also dorthin, wo die europäischen Leitzinsen weiterhin stur verweilen.
Solch eine Kehrtwende kann jedoch nur durch einen Konjunktureinbruch oder eine ausgewachsene Rezession ausgelöst werden. Dann müsste die Fed wieder ihre Geldschleusen öffnen, um Geld in den Wirtschaftskreislauf zu pumpen.
Was davon zu halten ist
Aber nicht zu schnell! Zunächst einmal zeigt die Kurve nämlich auch, dass am langen Ende weiterhin Normalität herrscht. Richtig kritisch wird es erst, wenn auch zehnjährige Papiere unter das Niveau der mittelfristigen fallen.
Und selbst dann muss man sich in Erinnerung rufen, dass auch an den Anleihemärkten nur Menschen (und von ihnen programmierte Algorithmen) handeln. Auch diese Händler besitzen keine magische Glaskugel, weshalb wir davon ausgehen dürfen, dass sie keinen Informationsvorsprung gegenüber den Aktienprofis haben.
Dass die Möglichkeit einer Rezession einkalkuliert wird, bedeutet keineswegs, dass sie auch eintritt. Es ist eben, wie gesagt, eine Möglichkeit. Zum jetzigen Zeitpunkt gibt es dafür kaum konkrete Anhaltspunkte, außer solchen diffusen Signalen. Des Weiteren müssen wir prüfen, wie Aktien aktuell eigentlich bewertet werden, bevor wir panisch auf den Verkaufen-Knopf drücken.
Dort sehen wir, dass sich die Marktkapitalisierung bei zahlreichen profitablen Unternehmen über die letzten Monate etwa halbiert hat. Auch dort kalkuliert man offenbar schon längst mit allen möglichen Krisenszenarien, gerade bei zyklischen Industriewerten.
Wo aber die Krisen bereits ausgiebig einkalkuliert sind, da sollten die Abwärtsrisiken insgesamt beherrschbar sein. Folglich würde ich mich von irgendwelchen seltsam flachen Kurven nicht beeindrucken lassen und in Ruhe weiter nach attraktiven Investitionsgelegenheiten fahnden. Ich denke, es wäre ein Fehler, sich die Chance entgehen lassen, zum halben Preis einsteigen zu können.
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Ein erneutes Aufflammen von Corona in China, Krieg innerhalb Europas und eine schwächelnde Industrie in Deutschland in Zeiten hoher Inflation und steigender Zinsen. Das sind ziemlich viele Risiken, die deinem Depot nicht guttun.
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