Einfache Mathematik: Rocket Internets Beteiligungsportfolio gibt es geschenkt
Sogenannte Nets-Nets sind für manche Value-Investoren noch immer eine Zauberformel. Dabei handelt es sich um Unternehmen, die man unter Buchwert kaufen kann, was wiederum heißt, dass eine ausreichende Sicherheitsmarge, zumindest theoretisch, auf jeden Fall vorhanden ist. Im Notfall könnten ja alle Vermögenswerte zu Geld gemacht werden und ein höhere Summe ausgezahlt werden, als man für die Aktie gezahlt hat.
Man würde nicht denken, dass sich so eine Aktie unter Deutschlands bekanntesten Technologieunternehmen finden lässt, aber eine Bilanzanalyse von Rocket Internet (WKN:A12UKK) bringt Erstaunliches hervor.
Die Kasse wird voller und voller
Tech-Skeptiker können sich jetzt die Augen reiben, aber das erste Argument, das beweist, wie viel Substanz Rocket Internet hat, lässt sich schnell finden. Nach der letzten Rechnung, Ende April, besaß das Unternehmen Nettofinanzmittel in Höhe von 1,2 Mrd. Euro. Hier sollte man das entscheidende Wort netto nicht übersehen, alle Schulden wurden hier bereits berücksichtigt.
Seitdem hat Rocket Internet aber noch einige Millionen dazu bekommen. Die restlichen Anteile an dem südostasiatischen E-Commerce-Unternehmen Lazada wurden im Juni an Alibaba verkauft. Das Startup wurde dabei mit 3,15 Mrd. US-Dollar bewertet, so dass Rocket Internet für seinen nur noch relativ kleinen Anteil immer noch 276 Millionen US-Dollar bekommen hat. Eine Summe, die Reuters zu dem Zeitpunkt in 243 Millionen Euro umrechnete.
Eine ähnliche Summe wurde ebenfalls im Juni eingenommen, als Rocket Internet einen Teil seiner Beteiligung an Delivery Hero (WKN:A2E4K4) im Zuge der IPO vergoldete. Reuters hat die Einnahmen auf bis zu 264 Millionen geschätzt. Wenn sich Rocket Internet aber an seinen ursprünglichen Plan gehalten hat, dann besitzt es jetzt noch immer einen Anteil von 24,4 % an Delivery Hero, der Ende letzter Woche 1.169 Millionen Euro wert war.
Natürlich kam man sich nie sicher sein, ob bei solchen Schätzungen nicht die ein oder andere Million zu viel oder zu wenig berechnet wurde, und Steuern müssen auch noch auf die Gewinne gezahlt werden, aber für einen groben Überblick, zu welcher Summe man diese vier Posten aufaddieren kann, reicht es auf jeden Fall.
Summe in Mrd. Euro | |
Nettofinanzmittel | 1,2 |
Erlös Lazada-Verkauf | 0,243 |
Erlös Delivery Hero-IPO | 0,264 |
Marktwert Anteil Delivery Hero | 1,169 |
Gesamtsumme | 2,876 |
Marktkapitalisierung Rocket Internet am 11.08.2017 | 2,820 |
Quellen: Rocket Internet, Reuters, Börse Frankfurt
Alles andere gibt es geschenkt
Der Kurssprung am Montag hat die Marktkapitalisierung ziemlich sicher über den Net-Net-Status hinausschießen lassen, die angekündigten Aktienrückkäufe zeigen, dass das Management ähnlich gerechnet hat. Wie man sieht wurde Rocket Internet also bis Freitag zu einem niedrigeren Wert gehandelt als die Summe seiner Nettofinanzmittel, der Erlöse des Lazada-Verkaufs sowie der Delivery Hero-IPO und der im Portfolio verbliebenen Delivery Hero-Aktien.
Das Interessante an dieser Rechnung ist aber, dass dabei alle anderen Beteiligungen gar nicht berücksichtigt wurden. Der Markt konzentriert sich derzeit auf die Zweifel an der nachhaltigen Wettbewerbsfähigkeit von IPO-Kandidat HelloFresh, aber Rocket Internet besitzt auch Anteile an verschiedenen vielversprechenden Internetmodehändlern in wachstumsstarken Schwellenländern, den Einrichtungsspezialisten Westwing und Home24 sowie einigen anderen Startups. Die bekommen Investoren derzeit quasi umsonst.
Der Bärenmarkt-Überlebensguide: Wie du mit einer Marktkorrektur umgehst!
Ein erneutes Aufflammen von Corona in China, Krieg innerhalb Europas und eine schwächelnde Industrie in Deutschland in Zeiten hoher Inflation und steigender Zinsen. Das sind ziemlich viele Risiken, die deinem Depot nicht guttun.
Hier sind vier Schritte, die man unserer Meinung nach immer vor Augen haben sollte, wenn der Aktienmarkt einen Rücksetzer erlebt.
Marlon Bonazzi besitzt Aktien von Rocket Internet. The Motley Fool besitzt keine der erwähnten Aktien.