Wird Amazon zum wertvollsten Unternehmen der Welt?
Über weite Teile der vergangenen fünf Jahre war Apple (WKN:865985) das wertvollste öffentlich gehandelte Unternehmen der Welt. Obwohl der iPhone-Hersteller im letzten Jahr etwas nachgelassen hat, hat der Tech-Riese immer noch einen Börsenwert von ungefähr 600 Milliarden US-Dollar.
Jedoch scheinen Investoren in den kommenden Jahren auf eine Wachablösung zu wetten. Trotz eines Abverkaufs im Anschluss auf die jüngsten Quartalsergebnisse hat sich der Aktienkurs von Amazon.com (WKN:906866) seit Anfang 2012 vervierfacht. Mit einer Marktkapitalisierung von ungefähr 375 Mrd. US-Dollar gehört Amazon heute zu den fünf wertvollsten Unternehmen der Welt.
In Anbetracht der Tatsache, dass Amazon im Grunde genommen seine gesamten Gewinne reinvestiert, während Apple den Großteil seines Cashflows an Aktionäre ausschüttet, deutet Amazons steigende Marktkapitalisierung darauf hin, dass der Online-Versandhändler innerhalb des nächsten Jahrzehnts zum wertvollsten Unternehmen der Welt aufsteigen könnte.
Amazon investiert weiterhin stark
Die Amazon-Aktie ist in den vergangenen Jahren, nun wo das Unternehmen endlich begonnen hat, kräftiges Gewinnwachstum zu verzeichnen, in die Höhe geschossen. Diesen Anstieg hat die Aktie größtenteils dem atemberaubenden Wachstum der Amazon Web Services und Amazons mittlerweile ausgereiftem Online-Handel zu verdanken.
Im ersten Halbjahr 2016 lag Amazons operativer Gewinn bei 2,36 Mrd. US-Dollar. Im Vorjahr vermeldete das Unternehmen in dieser Kategorie lediglich einen Betrag von 719 Mio. US-Dollar. Somit hat sich der operative Gewinn mehr als verdreifacht. Außerdem stieg der Umsatz um 30 %. Diese starke Performance war der Grund, weshalb die Aktie seit April von 600 US-Dollar auf ein im vergangenen Monat erreichtes Allzeithoch von 847,21 US-Dollar geklettert ist.
Jedoch haben die jüngsten Q3-Ergebnisse selbst die größten Optimisten etwas auf den Boden der Tatsachen zurückgebracht. Amazons Umsatz wächst immer noch rasant, aber auch die Kosten haben im vergangenen Quartal deutlich zugelegt. Aus diesem Grund wuchs der operative Gewinn nun etwas gemäßigter (wenn auch immer noch beachtlich) um 42 %. Allerdings blieb der Gewinn hinter den Erwartungen der Analysten zurück.
Auf der Telefonkonferenz im Rahmen der Bekanntgabe der jüngsten Ergebnisse merkte CFO Brian Olsavsky an, dass das Unternehmen in den vergangenen Monaten eine außergewöhnliche Anzahl an neuen Vertriebszentren eröffnet hat: 18 im dritten Quartal und fünf weitere im Oktober. Zusätzlich investiert Amazon intensivst in seinen Streaming-Dienst, um seinen Prime-Abonnenten weitere Videoinhalte zu bieten und Eigenproduktionen zu vermarkten.
Diese jüngsten Investitionen sollen sich Schätzungen nach negativ auf die Profitabilität des Unternehmens im vierten Quartal und vielleicht sogar noch darüber hinaus auswirken. Olsavsky gab keine genaueren Details zu künftigen Investitionen bekannt, Amazon neigt aber dazu, recht opportunistisch zu handeln. Die Gewinnentwicklung des Unternehmens könnte also auch in Zukunft ziemlich „unbeständig“ sein.
Die Marktkapitalisierung: Zwei unterschiedliche Wege
Zwar sind Apple und Amazon beide Mega-Cap-Unternehmen, ihre Cashflow-Profils könnten jedoch nicht unterschiedlicher sein. (In der Theorie sollte die Marktkapitalisierung eines Unternehmens dem gegenwärtigen Wert der künftig erwirtschafteten Cashflows entsprechen.)
Apple generiert deutlich höhere operative Cashflows als Amazon; selbst nachdem der Online-Händler in den vergangenen Jahren so enorm zugelegt hat. Der iPhone-Hersteller reinvestiert einen relativen kleinen Anteil seines Gewinns: Der Free Cashflow des Unternehmens beträgt regelmäßig 80 % oder mehr seines operativen Cashflows. In den vergangenen Jahren hat Apple praktisch seine gesamten Free Cashflows an seine Aktionäre mittels Dividenden und Aktienrückkäufen zurückfließen lassen.
Im Gegensatz dazu hat Amazon noch nie eine Dividende ausgeschüttet und in den vergangenen Jahren auch keine Aktien zurückgekauft. In der Tat reinvestiert Amazon sogar nahezu seinen gesamten operativen Cashflow (nach Abzug der großzügigen aktienbasierten Vergütungen und der Kosten für häufig verwendete Finanzierungsleasings) in das Unternehmen.
Was bedeutet das alles? Aus Anlegersicht muss Apples Marktkapitalisierung nicht groß ansteigen, um Investoren gute Renditen zu bescheren. Da Apple regelmäßig Cash-Beträge — die in etwa 7 % seiner Marktkapitalisierung entsprechen — in Form von Aktienrückkäufen oder Dividenden an seine Aktionäre ausschüttet, würden Anleger auch noch anständige Renditen einfahren, wenn die Marktkapitalisierung unverändert bliebe.
Amazon hat dahingegen kein Kapital an seine Aktionäre zurückfließen lassen. Den aggressiven Reinvestitionsplänen des Unternehmens zufolge könnte Amazon sogar noch Jahre davon entfernt sein, Kapital auszuschütten. Damit Amazon-Investoren also gute Renditen erzielen können, muss die Markkapitalisierung des Unternehmens mit rasantem Tempo weiterwachsen.
Wächst Amazons Marktkapitalisierung in den kommenden Jahren um jährlich 10 %, wäre das Unternehmen in einem Jahrzehnt bereits 1 Billion US-Dollar wert. Wenn Apple eine ähnliche jährliche Gesamtrendite von 10 % erzielt, aber weiterhin fast seinen gesamten Free Cashflow an Aktionäre ausschüttet, würde die Marktkapitalisierung des Tech-Riesen über den gleichen Zeitraum nur auf 800 Mio. US-Dollar ansteigen.
Natürlich lässt sich nicht genau vorhersagen, wie sich Apple und Amazon in den kommenden Jahren schlagen werden. Aber in Anbetracht der Tatsache, dass Amazon fast seine gesamten Gewinne in sein Unternehmen reinvestiert, während Apple den Großteil seiner Einnahmen an Aktionäre ausschüttet, erscheinen die Prognosen, dass Amazon schon in den nächsten 10 Jahren Apple hinter sich lassen wird, ziemlich realistisch.
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The Motley Fool empfiehlt und hält Amazon.com und Apple. The Motley Fool hält folgende Optionen: Januar 2018 $90 Calls auf Apple und Short Januar 2018 $95 Calls auf Apple.
Dieser Artikel wurde von Adam Levine-Weinberg auf Englisch verfasst und am 1.11.2016 auf Fool.com veröffentlicht. Er wurde übersetzt, damit unsere deutschen Leser an der Diskussion teilnehmen können.