Teil 3: Wenn du nur eine einzige Kennzahl eines Unternehmens sehen könntest, welche würdest du wählen?

Natürlich möchte niemand eine Investitionsentscheidung anhand nur einer Kennzahl treffen. Trotzdem gibt es für viele von uns eine Kennzahl, die alle anderen überragt; eine Zahl, auf die man mehr schaut, als auf alle anderen. Drei unserer Analysten verraten, welche ihr jeweiliger Favorit ist.

Matt Koppenheffer

Beim Nachdenken über eine einzige Kennzahl, mit der ich ein Unternehmen gut verstehen könnte, bin ich mir ein wenig vorgekommen wie Luke Skywalker, als er durch ohne Ausrüstung durch den Death Star geflogen ist. Schade, dass ich kein Jedi bin.

Doch obwohl ich nicht weiß, wie „Die Kraft“ bei Investitionen genutzt werden kann, kommt die Eigenkapitalrendite für mich dem schon ziemlich nahe. Die Eigenkapitalrendite sagt dir, wie effizient ein Unternehmen sein eingesetztes Kapital nutzt. Zumindest würde sie so ein trockenes Investitionsbuch definieren.

Für mich ist sie einfach ein Maßstag für die Qualität des Unternehmens. Ein Unternehmen mit einer hohen Eigenkapitalrendite ist in der Lage, einen guten Gewinn für jeden Euro unseres eingesetzten Kapitals zu erwirtschaften. Kurz gesagt: Wir wollen das.

Wir können uns das folgendermaßen vorstellen: Wir geben einem Freund 100 Euro, um ein Unternehmen zu gründen. Für diese 100 Euro würden wir einen Teil seines Unternehmens besitzen. Wäre es nun besser für uns, wenn dieses Unternehmen mit unseren 100 Euro 5 Euro pro Jahr verdient (5 % Eigenkapitalrendite) oder 20 Euro (20 % Eigenkapitalrendite)?

Also wenn ich nur diese eine Zahl zur Verfügung hätte, dann wäre ich mir relativ sicher, das richtige Gefühl zu bekommen, ob ich in ein gutes oder ein nicht-so-gutes Unternehmen investiert habe.

Wir müssen aber beachten, dass es auch ein Fettnäpfchen gibt. Erstens: Gute Unternehmen berichten zwar höhere Eigenkapitalrenditen, aber eine höhere Eigenkapitalrendite bedeutet nicht, dass das Unternehmen auch immer besser ist. Eine besonders hohe Eigenkapitalrendite könnte zeigen, dass etwas nicht Nachhaltiges gibt; oder dass das Unternehmen eine große Menge Schulden aufgenommen hat (Schulden können die Eigenkapitalrendite erhöhen, können aber auch das Unternehmen unsicherer machen). Außerdem sollten wir die Eigenkapitalrendite immer über mehrere Jahre betrachten, denn sie kann von Jahr zu Jahr sehr schwanken — besonders wenn wir zyklische Unternehmen betrachten.

Bernd Schmid

Für mich sticht eine Kennzahl unter allen anderen heraus: Die Insider Ownership. Also der Anteil von Aktien, die in der Hand von Entscheidungsträgern des Unternehmens sind.

Warum sticht sie hervor? Nun, Warren Buffetts Weggefährte Charlie Munger sagte einmal:

“Ich glaube ich war immer unter den Top 5 % meines Geburtsjahrgangs, wenn es darum geht, die Macht der Leistungsanreize zu verstehen – und ich habe sie mein ganzes Leben unterschätzt. Und es vergeht kein Jahr, indem ich nicht eine Überraschung erlebe, die meine Grenzen noch weiter verschiebt.”

Ich stimme ihm zu 100 % zu. Das heißt für mich, dass ich in erster Linie auf die Leistungsanreize derjenigen Leute schauen möchte, die mit ihren Entscheidungen die langfristige Wertentwicklung meiner Investitionen beeinflussen.

Und die langfristige Wertentwicklung einer Aktie hängt in erster Linie von der langfristigen Entwicklung des dahinterliegenden Unternehmens ab. Und diese Entwicklung wird wiederum von den Top Managern beeinflusst. Das heißt also für mich, dass ich es gerne sehe, wenn der Leistungsanreiz dieser Manager daraus besteht, langfristigen Mehrwert für das Unternehmen und damit mich als Aktionär zu generieren.

Und wie geht das am besten? Ganz genau, indem die Manager selbst Aktionäre sind. Und am besten mit einem möglichst großen Teil ihres eigenen Vermögens. Denn nur dann bin ich mir relativ sicher, dass das Eigeninteresse der Entscheidungsträger mit meinem Interesse als Aktionär auch wirklich übereinstimmt.

Das ist für mich mehr wert, als einen möglichst geringen Preis für ein Unternehmen zu bezahlen oder ein Unternehmen zu besitzen, das in der Vergangenheit möglichst gute Zahlen geliefert hat. Beides lässt weniger Schlüsse auf die zukünftige Performance eines Unternehmens zu als relativ hohe Insider Ownership.

Brian Richards

Meine Fool-Kollegen Matt und Bernd haben zwei sehr gute, sehr wichtige Metriken hervorgehoben, die Investoren auf dem Schirm haben sollten. Also lass mich das Ganze aus einem anderen Blickwinkel betrachten.

Was jetzt kommt gilt speziell für Unternehmen in der Wachstumsphase oder für größere, etablierte Unternehmen mit Wachstumsstrategien.

Ganz einfach: Das allerwichtigste Kriterium für einen Wachstumsinvestor ist die Größe des potentiellen Markts, den das Unternehmen adressiert.

Obwohl er Early-stage Startups diskutiert, kannst du seine Lektionen etwas weiter auslegen und auf Börsenunternehmen anwenden. Wie Andreesen sagt ist „der Unternehmens-Killer Nummer 1 ein mangelnder Markt“. Behalte das im Hinterkopf, wenn du in kleine Unternehmen oder stark wachsende Unternehmen investierst.

Drei weitere Punkte habe ich noch für dich:

Erstens ist das Abschätzen der Größe eines potentiellen Markts aus meiner Sicht zum einen zwar sehr einfach (dein Bauchgefühl kann dir hier gut weiter helfen), zum anderen aber auch sehr schwierig (denn die Zukunft ist immer schwer vorherzusagen). Also diese „Metrik“ einzuschätzen ist wesentlich subjektiver als die beiden anderen.

Zweitens: Im Ergebnis glaube ich fest daran, dass wachstumsorientierte Investoren ihren Zeithorizont erweitern müssen — diese Geschichten brauchen Jahre, um sich zu entwickeln, nicht Monate.

Und zuletzt würde ich sagen, dass die Misserfolgsquote von Startups nicht vergleichbar ist mit dem Anteil von börsennotierten Unternehmen, die Insolvenz anmelden müssen. Aber kleine oder schnell-wachsende Aktien können volatiler und schwieriger einzuschätzen sein. Genau aus diesem Grund spielt das Foolishe Prinzip der Diversifizierung eine Rolle … und zwar eine große.