Fresenius – soll man der deutschen Vorzeigeaktie die Treue halten?
Viele Jahre lang wurde die Aktie von Fresenius (WKN: 578560) in der Börsenberichterstattung sehr positiv gesehen. Obwohl die positiven Stimmen nach wie vor vorhanden sind, hat die Entwicklung der Aktie in der jüngsten Vergangenheit nicht überzeugt. Über einen Zeitraum von fünf Jahren hat die Fresenius-Aktie etwa die Hälfte ihres Wertes verloren.
Grund für den Stimmungsumschwung ist die Verlangsamung des Umsatz- und Gewinnwachstums. In den Jahren zuvor konnte Fresenius durch zahlreiche Akquisitionen mehrere Umsatzsprünge verzeichnen. Seit 2013 ist das organische Umsatzwachstum jedoch überschaubar und liegt zwischen 3 und 6 %.
Die Verschuldung hat zugenommen
Im Jahr 2016 lag das Verhältnis von Nettoverschuldung zu EBITDA noch bei 2,33. Nach einer Änderung der Rechnungslegungsgrundsätze wird das Unternehmen Ende 2021 ein Verhältnis von 3,51 ausweisen. Mit dem freien Cashflow aus 2021 in Höhe von drei Milliarden Euro wird das Unternehmen etwa acht Jahre benötigen, um seine Nettofinanzschulden zu tilgen.
Gleichzeitig hat Fresenius in den vergangenen Jahren hohe Firmenwerte und immaterielle Vermögensgegenstände in der Bilanz angehäuft. Sie machen inzwischen 45,5 % der Bilanzsumme aus. Bereinigt um den Effekt aus der Veränderung des Nettoumlaufvermögens liegt die operative Cashflow-Marge bei rund 15 %. Bei einem Investitionsaufwand (Capex) von etwa 5 % des Umsatzes ergibt sich eine freie Cashflow-Marge von etwa 10 %. Das ist sicherlich ein guter Wert, aber kein herausragender.
Größere Akquisitionen kommen bei der derzeitigen Finanzstruktur meines Erachtens nicht infrage. Fresenius muss daher in erster Linie operativ vorankommen und aus eigener Kraft das Umsatzwachstum steigern und die Margen verbessern.
Hoffen auf Post-COVID-Erholung bei Fresenius
Bis zum Jahr 2023 erwartet Fresenius ein organisches Umsatzwachstum im unteren bis mittleren Bereich von 4 bis 7 % und ein organisches Wachstum des Jahresüberschusses am unteren Ende von 5 bis 9 %. Im Jahr 2021 hingegen hatte COVID-19 nach den Angaben von Fresenius kaum Einfluss auf das Umsatzwachstum. Lediglich der Jahresüberschuss wäre ohne die negativen Effekte um 6 bis 10 % statt nur um 5 % gestiegen.
Derzeit wird das Unternehmen mit einer erwarteten freien Cashflow-Rendite von 6,7 % bewertet. Das ist recht attraktiv, aber ich sehe bei dem Unternehmen doch einige Kritikpunkte. Fresenius muss seine Dividendenzahlungen jedes Jahr erhöhen, um seinen Status als europäischer Dividendenaristokrat nicht zu gefährden. Dies schränkt die für die Schuldentilgung verfügbaren Mittel ein.
Kurzfristig halte ich die starke Reaktion auf die jüngsten Zahlen für zu stark. Ich erwarte auch nicht unbedingt einen weiteren Kursrückgang der Fresenius-Aktie. Dafür liefert das Unternehmen viel zu kontinuierlich Mittelzuflüsse. Allerdings gibt es im aktuellen Marktumfeld einige Unternehmen, bei denen ich deutlich mehr Potenzial sehe. Ich werde daher Kurserholungen nutzen, um meine Position zu reduzieren oder komplett zu verkaufen.
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Florian Hainzl besitzt Aktien von Fresenius. The Motley Fool empfiehlt Fresenius.