Supplyframe-Übernahme: Siemens’ wegweisender Schachzug auf dem Weg zum Tech-Giganten
Supplyframe also. Was ist das nun wieder? Früher kaufte Siemens (WKN: 723610) gerne handfeste Dinge wie Voest-Alpine Industrieanlagenbau oder den Kompressorhersteller Dresser-Rand. Seit einigen Jahren sind abseits der Medizintechnik fast alle Übernahmen digital getrieben. Immer mehr geht es um Ingenieurs-Software, mobile Apps, Entwicklerplattformen oder E-Commerce. Über die Schaffung von Plattformen soll sich die Siemens-Aktie näher an kalifornische Tech-Giganten heranrobben.
Das ist Supplyframe
Supplyframe beschreibt sich selbst als ein „Design-to-Source Intelligence (DSI)-Netzwerk“ mit über 70 branchenspezifischen Suchmaschinen, Community-Foren und Medien. Über all diese Internetpräsenzen hinweg erreichen die Kalifornier über 10 Mio. Ingenieure, professionelle Einkäufer und Supplychain-Experten. Mit seinem Fokus auf elektronische Bausteine und Chips will Supplyframe dazu beitragen, eine Situation wie die derzeitige Halbleiterknappheit zukünftig zu vermeiden.
Siemens nimmt für die Transaktion 700 Mio. US-Dollar in die Hand, was etwa dem Zehnfachen des aktuellen Umsatzes entspricht. Dem stehen hohe Wachstumsraten und Bruttomargen gegenüber, die durch die Synergien mit komplementärer Siemens-Software nur noch besser werden sollen. Bis zum Ende des Jahres soll die Integration abgeschlossen sein.
Wie Supplyframe in die Strategie von Siemens passt
Die Akquisition von Supplyframe steht im Zusammenhang mit mindestens zwei früheren Zukäufen: Erstens der Kauf von UGS aus dem Jahr 2007, der die Marktführerschaft im Bereich Produktlebenszyklus-Management (PLM) begründete, und zweitens zehn Jahre später von Mentor Graphics, das Design-Software zur Unterstützung von Elektronik-, Halbleiter- und Systemherstellern anbietet — und von Supplyframe bereitgestellte Produktdaten direkt verarbeiten kann.
Siemens deckt heute ein breites Spektrum entlang der digitalen Wertschöpfungskette ab, von der Produktentwicklung über das Lebenszyklusmanagement bis hin zur Produktionssteuerung. Ein erklärtes Ziel lautet dabei, von Labor und Fabrik auch in die Stabsstellen des Managements vorzustoßen, um eine nahtlose Verknüpfung zu etablieren.
Sowohl Warenwirtschaftssysteme und Finanzplanung als auch Einkauf und Vertrieb können durch den Zugriff auf Produktionsdaten und die Entwicklungspipeline leistungsfähiger werden, was besser informierte Entscheidungen ermöglicht. Supplyframe stellt ein passendes Puzzlestück dar, um solche Verknüpfungen zu schaffen.
Das ist jedoch noch nicht alles. „Supplyframe wird Nukleus der digitalen Marktplatz-Strategie von Siemens“ war in der Pressemeldung vom 17. Mai zu lesen. Die Art, wie Supplyframe Entwickler von elektronischen Bausteinen, Produktdesigner und die Produktion zusammenbringt, soll also auch auf andere Geschäftsbereiche übertragen werden.
Was Anleger jetzt von Siemens erwarten können
Ich sehe eine mögliche Verbindung zum Vorstoß in den Bereich Baudatenmodellierung (BIM) zusammen mit der Beteiligung Bentley Systems (WKN: A2QDK6). Die durchgehende Planung und Simulation von Gebäuden, Fabriken und Infrastruktur mittels des digitalen Zwillings wurde damit vereinfacht und leistungsfähiger. Es ist gut vorstellbar, dass der Marktplatzansatz von Supplyframe auch dort für zusätzliche Impulse sorgen kann.
Ähnlich sieht es bei der Industrie-4.0-Plattform Mindsphere aus, wo intelligente Marktplätze für Sensoren, Aktoren usw. sicherlich eine wertvolle Unterstützung für Lösungsentwickler darstellen würden.
Früher ist Siemens immer mal wieder in neue Technologiefelder vorgestoßen, die mit dem bisherigen Geschäft nur wenig zu tun hatten, einfach nur um dabei zu sein. Seit der Konzern immer digitaler wird, greifen die neuen strategischen Initiativen viel stärker ineinander. Mehr und mehr wird Siemens so zu einer unverzichtbaren Plattform im industriellen Umfeld.
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Ralf Anders partizipiert über ein von ihm betreutes Indexzertifikat an der Aktienentwicklung von Siemens. The Motley Fool besitzt keine der erwähnten Aktien.