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Zwei Monate später: Ist Grenke nun das neue Wirecard und wie entwickelt sich die Aktie?

Geldscheine fliegen aus Geldbeutel
Foto: Getty Images

Der Wirecard-Skandal (WKN: 747206) war noch nicht mal teilweise aufgearbeitet, da ereilte den deutschen Finanzmarkt die nächste Horrormeldung. Der Leerverkäufer Viceroy Research veröffentlichte Mitte September einen Report, in dem er dem deutschen MDAX-Konzern Grenke (WKN: A161N3) unter anderem Bilanzbetrug und Geldwäsche vorwarf – und somit Vorwürfe, die wir vom ehemaligen DAX-Konzern kennen. Wie ist die Entwicklung und Aufarbeitung seitdem verlaufen?

Um was geht es eigentlich?

Der Report des britischen Leerverkäufers beschäftigt sich zwar auch mit den Vorwürfen der Geldwäsche, aber hauptsächlich wird Grenke Bilanzbetrug vorgeworfen und die Nicht-Veröffentlichung von verbundenen Gesellschaften. Der Leasingspezialist expandierte in den letzten Jahren vor allem dank eines Franchisesystems. Viele dieser Franchiseunternehmen werden von früheren Mitarbeitern von Grenke geleitet und vom ehemaligen Vorstandsmitglied Thomas Konprecht, über die Beteiligungsgesellschaft CTP, finanziert. Ehemalige Franchiseunternehmen steuern inzwischen 20 % des Neugeschäfts von Grenke bei.

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Seit Januar 2020 gehört die Gesellschaft CTP nun dem Unternehmensgründer und stellvertretenden Aufsichtsratsvorsitzenden Wolfgang Grenke. Anders als im Report dargestellt, muss diese Verbindung erstmals im Geschäftsbericht 2020 ausgewiesen werden und wurde bereits vor dem Report proaktiv der BaFin angezeigt, sodass der Leasingspezialist rechtmäßig gehandelt hat.

Trotzdem wirft das Franchisegeschäftsmodell des deutschen MDAX-Konzerns Fragen auf. Die Struktur, dass ehemalige Mitarbeiter Gesellschaften führen, über die ein erheblicher Teil der Umsätze von Grenke läuft, und diese Firmen zusätzlich teils in Besitz des stellvertretenden Aufsichtsratsvorsitzenden stehen, geben zumindest Raum für Spekulationen. Ein ähnliches Konzept verwendete das kanadische Unternehmen Bausch Health (ehemals Valeant Pharmaceuticals) vor ein paar Jahren, bevor das dortige Kartenhaus zusammenbrach: Der Aktienkurs notiert inzwischen mehr als 90 % unter dem ehemaligen Allzeithoch.

Ein Eigentor schoss sich der britische Leerverkäufer jedoch mit der Behauptung, dass ein Großteil der Liquidität des Unternehmens „Fake Cash“ sei. Im September befand sich jedoch mehr als 70 % des liquiden Guthabens, welches im Finanzbericht ausgewiesen wurde, bei der Deutschen Bundesbank. Die Vorwürfe der Geldwäsche sind ebenfalls kaum zu halten. Zwei der genannten Unternehmen im Report, die der Geldwäsche verdächtig sind, waren noch nie Kunden der Grenke-Bank. Die Geschäftsbeziehung zu dem anderen Unternehmen sei 2018 bankseitig beendet worden, vor der BaFin-Ermittlung.

Weitere Entwicklung seit September

Viceroy Research fokussierte sich entsprechend bei der Reaktion auf die Grenke-Stellungnahme vor allem auf das Franchisegeschäftsmodell und legte Ende September mit konkreten Beispielen nach. Unternehmen sollen Leasingverträge mit Grenke abgeschlossen haben und als Gegenleistung freie Werbeschalten von Mediengesellschaften (Viewble Media, Rhino Media) zugesprochen bekommen haben, die von ehemaligen Grenke-Mitarbeitern geführt wurden. Nachdem diese Mediengesellschaften insolvent gingen, mussten die Unternehmen weiterhin den Leasingvertrag mit Grenke bedienen, ohne eine Gegenleistung zu erhalten.

Eine Woche nach den ersten Anschuldigungen ließ Wolfgang Grenke sein Aufsichtsratsmandat ruhen. Die Version des Konzerns, dass Grenke und CTP vor 2020 in keinerlei Beziehung miteinander standen, bröckelt jedoch. Seit 2018 hostete Grenke beispielsweise die E-Mail-Server von CTP und die Grenke-Vertraute Corina Stingaciu war bereits seit 2014 an CTP beteiligt.

Dementsprechend hat sich auch die Aktie von den Anschuldigungen nicht wirklich erholt. Noch im Februar lag die Aktie nahe Allzeithoch bei knapp 100 Euro und verlor dann 50 % im Rahmen der Corona-Pandemie. Am Tag vor den Veröffentlichungen schloss die Aktie bei knapp 55 Euro und halbierte sich in den nächsten zwei Tagen. Momentan notiert die Aktie knapp 40 % niedriger als vor den Anschuldigungen. Dies zeigt relativ deutlich, dass der Markt diese sehr ernst nimmt – umso mehr ist nun der Leasingspezialist in der Bringschuld.

Nachdem sich Gründerfamilie und Großaktionäre zunächst hinter die Firma gestellt hatten, forderte die Fondsgesellschaft Gané mehr Transparenz im Franchise-Geschäftsmodell und dass das MDAX-Unternehmen dies mittelfristig beenden und erneut in die Konzernbilanz aufnehmen solle. Diese Forderungen wurden nun größtenteils erfüllt: Wolfgang Grenke bot an, dass er seine Beteiligungen an den Franchisegesellschaften an Grenke veräußern würde. Der Konzern geht davon aus, dass in den nächsten 12 bis 18 Monaten alle Franchisegesellschaften in das Unternehmen integriert sind, und zudem wurde der Vorstand um einen Chief Risk Officer erweitert.

Kaufen oder nicht kaufen?

Während die Geldwäschevorwürfe (der Zoll ermittelt, es gibt bislang aber keine Bestätigung der Verdachtsmeldungen) und die „Fake Cash“-Vorwürfe (das Bankguthaben wurde von KPMG bestätigt)  voraussichtlich nicht stimmen, bietet das Franchisegeschäftsmodell Raum für Spekulationen.

Solange der Konzern das Geschäftsmodell und die Beziehungen zur Beteiligungsgesellschaft CTP nicht transparent erläutern kann und den Großteil der Franchiseunternehmen nicht in den Konzern integriert, bleibt ein Fragezeichen bestehen. Direkte Betrugsbeweise gibt es nicht, sodass der Vergleich mit Wirecard hinkt – ein Kauf ist die Aktie jedoch trotzdem nicht, dafür bleiben die Fragezeichen zu groß, unabhängig von der Entwicklung des Aktienkurses.

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Christoph Püllen besitzt keine der erwähnten Aktien. The Motley Fool besitzt keine der erwähnten Aktien.



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