Bentley Systems-Aktie: Eine attraktive Alternative zur TecDAX-Ikone Nemetschek
Bentley Systems (WKN: 622346) hat den Sprung an die Börse erfolgreich bewältigt. Das traditionsreiche Softwareunternehmen ist einer der weltgrößten Entwickler von CAD-Software und gleichzeitig ein bedeutender Konkurrent von Nemetschek (WKN: 645290). Doch kann die Aktie mit dem TecDAX-Star mithalten? Ein Blick in den Börsenprospekt gibt wertvolle Hinweise.
Bentley Systems und Nemetschek: 2 starke Geschichten
Bentley Systems ist eine erstaunliche Familiengeschichte. In Wilmington (Delaware) waren die fünf aufgeweckten Bentley-Brüder fast stadtbekannt. Einer der fünf, Keith Bentley, programmierte 1982 für den Chemiekonzern DuPont eine CAD-Software für das Design von Fabriken. Dabei achtete er darauf, dass das Programm auch auf Computern laufen konnte, die kein Vermögen kosten.
Zwei Jahre später erhielt er von DuPont die Erlaubnis, das Programm weiterzuentwickeln und als MicroStation zu kommerzialisieren. 1984 wurde also Bentley Systems von zwei Brüdern gegründet und in der Folge stießen die anderen hinzu. Alle Brüder arbeiteten engagiert daran, das Unternehmen groß zu machen, und entwickelten es zur Nummer 2 hinter AutoDesk (WKN: 869964). Noch heute steht die 3D-Design-Software MicroStation im Mittelpunkt. Vier 60- bis 65-jährige Geschwister sowie ein Nachkomme sind weiterhin im Unternehmen engagiert.
Als CEO, CTO, EVP und Aufsichtsrat beherrschen sie die Geschicke von Bentley Systems weiterhin und mit 65,8 % verfügen sie auch über die klare Mehrheit der Stimmrechte. Das sieht bei Nemetschek ganz ähnlich aus, wo Prof. Georg Nemetschek persönlich 3,2 % hält und über eine Vermögensverwaltungsgesellschaft der Familie weitere 48,4 %. Der Gründer ist mit 86 Jahren noch eine Generation älter und baut seinen Konzern seit 1963 auf. Heute ist er stellvertretender Aufsichtsratsvorsitzender.
Wie Bentley Systems und Nemetschek im Wettbewerb stehen
In Bentleys Börsenprospekt sind die Hauptwettbewerber aufgeführt. Hexagon (WKN: 873339), Autodesk und AVEVA (WKN: A1W0MM) sind bei Verkehrs- und Versorgerinfrastruktur sowie Industrieanlagen genannt, während Nemetschek im Hochbau zu den Top-Rivalen gehört. Unter das entsprechende Segment „commercial/facilities“ fasst Bentley unter anderem Bürogebäude, Krankenhäuser und Bildungseinrichtungen.
Das Management schätzt, dass rund 10 % der Investitionen der globalen Bauwirtschaft in diesen Bereich fließen. Da es jedoch keine Segmentberichterstattung erstellt, ist nicht klar, wie groß die Überschneidung mit Nemetschek ist, zumal Letztere zum Beispiel auch beim Brückenbau mitmischt und beide umfassende Leistungen entlang der Wertschöpfungskette der Bauwirtschaft bieten:
Bentley liefert Lösungen für den gesamten Lebenszyklus von Infrastrukturanlagen und passt sie den Bedürfnissen der verschiedenen Spezialisten (Ingenieure, Architekten, Planer, Auftragnehmer, Hersteller, IT-Manager, Anlagenbetreiber und Instandhaltungstechniker) an, die für den Anlagenbetrieb über den gesamten Lebenszyklus der Anlage zuständig sind.
Nemetschek entwickelt Softwarelösungen, mit denen nachhaltig und effizient komplexe Bau- und Infrastrukturprojekte realisiert werden können. Mit unserer Software können Architekten, Ingenieure, Bauunternehmen und Gebäudemanager vorausschauender planen, sicher und reibungslos Informationen austauschen und enger zusammenarbeiten.
Das hört sich für meine Ohren sehr ähnlich an. Zudem zeichnen sich beide Konzerne dadurch aus, dass sie ihr Angebot regelmäßig durch Übernahmen ausbauen. Bei Bentley waren es in diesem Jahr die folgenden:
– NoteVault, ein Anbieter von sprachgesteuerter Automatisierung bei Bauprojekten
– Cohesive Solutions für digitales Asset Management
– GroupBC für die digitale Transformation von Bauprojekten
Nemetschek wiederum hat sich im Mai ADAPT einverleibt, um Stahl- und Betonkonstruktionen besser planen zu können.
Ein enges Duell
Wenn man europäische und amerikanische IT-Unternehmen gegenüberstellt, die ähnlich positioniert sind, dann ist häufig die US-Aktie irgendwie zehnmal so teuer. In diesem Fall fällt der Vergleich deutlich knapper aus:
Bentley Systems | Nemetschek | |
Umsatz 2019 | 736,7 Mio. USD | 556,9 Mio. EUR |
Betriebsgewinn (EBIT) 2019 | 141,9 Mio. USD | 123,6 Mio. EUR |
Marktkapitalisierung (24.09.) | 8,3 Mrd. USD | 7,2 Mrd. EUR |
Mitarbeiter | 3.800 | 2.900 |
Tabelle erstellt vom Autor auf Basis von Unternehmensangaben. Marktkapitalisierung laut Google Finance. 1 EUR = 1,17 USD
Wir haben es hier mit zwei im wahrsten Sinne des Wortes grundsoliden Softwareunternehmen zu tun, die stark in der Bauwirtschaft positioniert sind und kontinuierlich Wachstumschancen ergreifen. Die hohe Qualität hat ihren Preis: Für die Aktie müssen wir derzeit jeweils deutlich mehr als das Zehnfache des Umsatzes hinlegen. Dennoch gehören beide auf die Watchlist, denn solche profitabel wachsenden Unternehmen machen sich gut in langfristig orientierten Depots für mehr Wohlstand im Ruhestand.
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Ralf Anders besitzt keine der erwähnten Aktien. The Motley Fool besitzt und empfiehlt Aktien von Autodesk.