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SAP bereitet mit dem Qualtrics-Börsengang den nächsten Entwicklungssprung vor

SAP Data Center SAP-Aktie
Foto: SAP AG

Christian Klein, der junge Chef von SAP (WKN: 716460), hat seine erste große strategische Entscheidung getroffen. Während sein Vorgänger vor allem durch teure Zukäufe aufgefallen ist, versucht er es einmal andersherum: Er kündigt den Spin-off von Qualtrics, die erst 2018 unter das Dach von SAP geschlüpft ist, an.

Doch geht es dabei darum, eine mögliche Fehlentscheidung von Bill McDermott rückgängig zu machen? Wahrscheinlich nicht. Vielmehr ist darin ein klares strategisches Kalkül zu erkennen, das gleich drei Vorteile mit sich bringt.

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Ziel erreicht

Eigentlich wollte Qualtrics 2018 an die Börse gehen und peilte dabei eine Marktkapitalisierung von bis zu 4,5 Mrd. US-Dollar an. Doch dann trat SAP auf den Plan und machte ein ungleich besseres Angebot: eine Komplettübernahme zum Barpreis von 8 Mrd. US-Dollar. Das wirkte zumindest auf den ersten Blick sehr erstaunlich, da das Unternehmen damals lediglich 400 Mio. US-Dollar Umsatz machte.

Doch für Bill McDermott stellte es den letzten Baustein in seiner Strategie dar. SAP hatte bereits erfolgreich die Transformation in Richtung Cloud eingeleitet, streckte die Fühler weit zum Internet der Dinge aus und verfügte mit HANA über eine marktführende Datenbanktechnologie, die Echtzeitanalysen erlaubt. Für die unternehmensübergreifende Steuerung, Automatisierung und Analyse der Datenströme vom Sensor bis zur Cloud war folglich gesorgt.

Was für die Vision des „Intelligent Enterprise“ fehlte, war jedoch die humane Komponente, die aus deutlich mehr als Daten besteht. Um auch diese Erfahrungen in Echtzeit einfließen zu lassen, werden leistungsfähige Tools benötigt. Qualtrics hat das Term Experience Management (abgekürzt XM) sozusagen erfunden.

Neben der tieferen Integration von Fabriksteuerung und Produktentwicklung mit Verwaltung und Vertrieb, die über die kürzlich gemeldete Allianz mit der Digitalsparte von Siemens (WKN: 723610) auf ein neues Niveau gehoben wurde, entsteht durch die Integration von XM eine Feedback-Schleife, die dabei hilft, die Wirkung von Maßnahmen schneller und exakter zu messen.

Sobald das Zusammenspiel all dieser Komponenten rundläuft, können idealerweise selbst große Organisation ähnlich agil geführt werden wie aufstrebende Start-ups. Nun hatte SAP genügend Zeit, um die Qualtrics-Technik und seine Lösungen optimal aufeinander abgestimmt zu integrieren. Außerdem dürften die zwei Jahre das gegenseitige Verständnis für den strategischen Weg nach vorne gefördert haben.

SAP hat Qualtrics auf Linie gebracht: Das „einzigartige und durchgehende System für das Management von Erfahrungen und Betriebsabläufen“ steht. Somit kann nun ein neues Kapitel aufgeschlagen werden.

Darum kann Qualtrics eigenständig schneller vorankommen

Qualtrics soll auch gar nicht komplett abgespalten werden. Von daher lässt sich kaum sagen, dass Christian Klein den Kauf zurückdreht. Vielmehr will SAP die Mehrheit behalten und weiterhin eng mit der Tochter zusammenarbeiten. Trotzdem wird eine Börsennotierung für mehr Bewegungsfreiheit sorgen. Bei Bedarf kann sich Qualtrics Kapital besorgen und Mitarbeiter mit eigenen Aktienoptionen und Ähnlichem motivieren.

Das Management ist an Bord geblieben und wird zukünftig wieder eigenständiger seine Wachstumsstrategie vorantreiben können. Es ist absehbar, dass es leichter sein wird, Mitbewerber von SAP von der Integration seiner XM-Lösungen zu überzeugen, wenn Qualtrics keine 100-%-Tochter mehr ist. Ich könnte mir auch vorstellen, dass der Hauptrivale Medallia (WKN: A2PL9R) außerhalb der SAP-Welt zuletzt erfolgreicher bei der Kundenakquise war.

Vor wenigen Tagen war beispielsweise zu lesen, dass Medallia und Adobe (WKN: 871981) eine durchgehende Integration des Kundenerfahrungsmanagements in die Adobe Experience Cloud realisieren wollen. Die höhere Eigenständigkeit wird Qualtrics helfen, ähnliche Deals einzufädeln.

Den Wert sichtbar machen

Eine andere Sache ist, dass der Übernahmepreis vor zwei Jahren überaus teuer wirkte. Monatelang lief die SAP-Aktie schwach, als ob die 8 Mrd. US-Dollar ohne Gegenwert aus dem Fenster geworfen worden seien. Bis heute zweifeln viele, ob der Deal sein Geld wert war für den Konzern. Schließlich belief sich SAPs Jahresgewinn der letzten fünf Jahre im Schnitt auf etwa die Hälfte der Kaufsumme.

Sobald Qualtrics an der Börse gehandelt wird, werden wir genau wissen, wie der Markt den Wert einschätzt. Geht man davon aus, dass sich die Aktie ohne das Eingreifen von SAP ab November 2018 ähnlich entwickelt hätte wie der Technologieindex Nasdaq 100, dann hätte sie wohl rund 50 % auf eine Marktkapitalisierung von knapp 7 Mrd. US-Dollar zugelegt.

Es ist naheliegend, dass die enge Zusammenarbeit mit SAP auf beiden Seiten für Synergien gesorgt hat. Somit erscheint es für mich realistisch, dass Qualtrics eine Bewertung von zumindest 8 Mrd. US-Dollar erreichen kann, solange das Börsenklima freundlich bleibt.

Frei werdende Ressourcen

Für SAP stellt der Börsengang auch eine Gelegenheit dar, seine Liquiditätssituation zu stärken. Zwar ist der Softwarekonzern gut kapitalisiert und genießt höchste Bonität, aber zum 30. Juni stehen happige 18,6 Mrd. Euro Finanzschulden in den Büchern.

Noch ist nicht klar, ob die Aktien den SAP-Aktionären kostenlos ins Depot gebucht oder in einem Bieterverfahren verkauft werden. Im zweiten Fall würden mehrere Milliarden US-Dollar in die Kassen fließen, die der Konzern durchaus brauchen könnte, um auslaufende Finanzschulden im Umfang von 2,2 Mrd. Euro zu tilgen und neue Wachstumsthemen in Angriff zu nehmen.

Bill McDermott war überzeugt, dass er ein zukunftsfähiges Lösungsportfolio hinterlassen hat, dessen Potenziale sein Nachfolger nur noch sich entfalten lassen muss. Es würde mich allerdings nicht wundern, wenn Christian Klein schon bald die nächste Wachstumsinitiative aus dem Hut zaubert. Dann werden wieder Milliarden gebraucht. Über die Verselbstständigung von Qualtrics werden wertvolle Ressourcen dafür frei.

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Ralf Anders partizipiert über ein von ihm betreutes Indexzertifikat an der Aktienentwicklung von Siemens. The Motley Fool besitzt und empfiehlt Aktien von Adobe Systems und Medallia Inc..



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