Auf- und Abstieg von Wirecard: So viele Punkte haben DAX-ETFs für immer eingebüßt
2018 war Wirecard (WKN: 747206) die fulminante Börsenstory, die alle faszinierte. Die Krönung war die Aufnahme in den DAX im September. Schon im Oktober lief es jedoch nicht mehr rund. Seither taumelt die Aktie von einem Crash zum nächsten. Was für treue Wirecard-Aktionäre bitter ist, dürfte auch den einen oder anderen ETF-Sparer ärgern. Hier ist, wie viel Punkte der Index wegen des Wirecard-Abenteuers eingebüßt hat und was es für DAX-ETFs bedeutet.
Ein Crash mit Ansage
Dass bei Wirecard nicht alles in Ordnung ist, musste eigentlich jedem Anleger irgendwann klar sein. Schließlich kamen die Anschuldigungen von sehr unterschiedlichen Seiten und die Ungereimtheiten häuften sich. Für mich war daher die zentrale Frage, ob sich der Schaden im Millionen- oder Milliardenbereich bewegen würde. Im ersten Fall würde Wirecard mit einem blauen Auge davonkommen und könnte nach einigen Aufräumarbeiten den Wachstumskurs unbeirrt fortsetzen.
Nun scheint es doch eher um Milliarden zu gehen. Bei mir schrillten alle Alarmglocken, als anscheinend geheimdienstlich arbeitende Privatdetektive auf Journalisten verschiedener Medien, einschließlich des FINANCE-Magazins, angesetzt wurden. Das machte auf mich den Eindruck, dass doch wesentlich mehr dahintersteckt. Jetzt haben wir also das Desaster. Die Vorwürfe rund um Bilanzunregelmäßigkeiten sind nun derart groß, dass der Kurs am 18. Juni zeitweise um mehr als zwei Drittel einbrach.
So übel hat es Besitzer eines DAX-ETF natürlich nicht getroffen, aber Wirecard war der Hauptgrund, warum es der Index an diesem Tag nicht ins Plus geschafft hat.
So viele DAX-Punkte hat Wirecards Index-Mitgliedschaft gekostet
Am 24. September 2018 wurde Wirecard feierlich in den DAX aufgenommen. Der Aktienkurs lag damals bei erstaunlichen 182 Euro, während der DAX bei 12.342 Punkten notierte. Man kann also sagen, dass der Index seither auf der Stelle getreten ist: Am 18. Juni eröffnete XETRA bei fast exakt gleichen 12.348 Punkten. Über diesen Zeitraum hinweg hat es sich folglich für Anleger nicht gelohnt, auf den DAX zu setzen, zumal im Tagesverlauf ein Absinken auf 12.282 zu verzeichnen war.
Welchen Anteil hatte Wirecard an dieser schwachen Performance? Dazu müssen wir herausfinden, welchen Anteil Wirecard am DAX hat bzw. welches Indexgewicht der Wert einbringt. Als Aufsteiger gehörte Wirecard bereits 2018 tendenziell zu den kleineren Aktien, weshalb sie weniger als ein Dreißigstel ausmachte. Damals waren es etwa 2 %, ein Wert, der 2019 auf etwa 1,5 % absank und heute noch 1,1 % ausmacht.
Um es nicht zu kompliziert zu machen, kann man, denke ich, mit 1,5 % rechnen. Der Absturz von 182 Euro auf 39,90 Euro (XETRA-Schluss) bedeutet ein Minus von 78 %. Multipliziert mit dem Gewicht erhalten wir einen Effekt auf den DAX von 1,2 %. In Punkten ausgedrückt ergibt sich ein Wert von 145 negativen Punkten, die von Wirecard verursacht wurden.
Für ein noch genaueres Ergebnis müsste man noch die Dividenden einbeziehen. Die waren allerdings so spärlich, dass es kaum einen Unterschied macht. Somit bleibt es bei gut 140 Punkten, die sich entsprechend auf DAX-ETFs auswirken. Sie werden vermutlich nie wieder zurückkommen, da Wirecard nun voraussichtlich ziemlich schnell den Index verlassen muss.
Ein Trost für Besitzer von DAX-ETFs
Vielleicht ist es tröstlich zu wissen, dass es dem damaligen DAX-Absteiger nur wenig besser ging. Auch die Aktie der Commerzbank (WKN: CBK100) hat sich seither mehr als halbiert. Nun könnte dem DAX eine ziemlich turbulente Zeit bevorstehen. Vor einigen Tagen wurde bekannt, dass die Deutsche Lufthansa (WKN: 823212) zum 22. Juni für die Deutsche Wohnen (WKN: A0HN5C) weichen muss.
Wenn jetzt auch noch Wirecard in einem beschleunigten Verfahren rausfliegt, könnte zusätzlich Symrise (WKN: SYM999) nachrücken. Allerdings steht die wohl deutlich größere Siemens Energy schon in den Startlöchern und für 2021 sind weitere große Abspaltungen vorgesehen, die sich für eine DAX-Aufnahme bewerben.
Für Anleger heißt das alles, dass sie ein Auge darauf haben sollten, welche Unternehmen es in das Topsegment schaffen. Die schwarzen Schafe können ordentlich Rendite kosten und das summiert sich über die Jahre. Gerade bei ETFs sollte man die große Vielfalt des Angebots nutzen und dort zugreifen, wo die Zusammensetzung überzeugt. Ein DAX-ETF ist nicht unbedingt die beste Wahl.
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Ralf Anders besitzt keine der erwähnten Aktien. The Motley Fool besitzt keine der erwähnten Aktien.