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Mit Infineon und Applied Materials von der Erholung in Asien profitieren?

Ingenieur mit Prozessor-Chip
Foto: Getty Images

Während die restliche Welt aufgrund der Coronapandemie noch stillsteht, befindet sich die Wirtschaft in einigen asiatischen Ländern wieder auf dem Weg der Besserung. Gemäß Zentralverband für Elektrotechnik- und Elektronikindustrie betrug der Anteil Chinas 2018 bereits 33,8 % vom Weltmarkt. Das restliche Asien ohne China und Japan steuerte weitere 26,5 % zu den weltweiten Umsätzen bei.

Heute möchte ich zwei Unternehmen vorstellen, die von dieser Entwicklung wahrscheinlich kurzfristig profitieren können, und der Frage nachgehen, ob diese auch langfristig aussichtsreich erscheinen. Wir schauen uns das Geschäftsmodell, Kennzahlen und Bewertung von Europas größtem Chiphersteller Infineon (WKN: 623100) und dem amerikanischen Hersteller von Anlagen für die Chipfertigung Applied Materials (WKN: 865177) an.

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Was bietet der Markt und die Unternehmen?

Der Umsatz mit Halbleitern soll laut einer Studie von PWC im Zeitraum zwischen 2018 und 2022 weltweit jährlich um ca. 4,6 % wachsen. Laut dieser Studie sollen dabei vor allem der Automobilbereich mit einem jährlichen Wachstum von 11,9 % und die Industrie 4.0 mit Zuwachsraten von 10,8 % je Jahr die Treiber sein.

Durch den kürzlich genehmigten Kauf von Cypress Semiconductor (WKN: 871117) wird Infineon der führende Halbleiterlieferant für die Automobilindustrie mit einem Marktanteil von ca. 13 %. Um das Ziel der kombinierten Segmentergebnismarge von 17 % dauerhaft zu erreichen, wird es wichtig sein, die erhofften Umsatzsynergien mit Cypress in Höhe von 1,5 Mrd. Euro bis 2028 tatsächlich zu heben.

Applied Materials hat ein großes Problem. ASML (WKN: A1J4U4) hat in den letzten Jahren ein neues Fertigungsverfahren mit extrem ultravioletter Belichtung (EUV) entwickelt und damit Applied Materials nach 20 Jahren den Spitzenplatz bei den Herstellern für Frontend-Equipment zur Halbleiterfertigung abgenommen. Das neue Verfahren ist deutlich effizienter als das alte mit Anlagen für Abscheide- und Ätzprozesse.

Applied Materials erzielt aktuell noch 62 % der Erlöse mit Maschinen zur Chipfertigung. Ein erheblicher Teil dieser Umsätze könnte durch die neue Technologie gefährdet sein. Obwohl die Technologie bislang nur bei Mikroprozessoren verwendet wird, möchte Samsung (WKN: 888322) ab 2021 auch seine Speicherproduktion auf EUV umstellen. Applied Materials ist abhängig von den Maschinenverkäufen, weil nur ein Viertel der Umsätze mit der Beratung der Halbleiterhersteller erzielt wird. Daher finde ich die Zukunftsfähigkeit von Applied Materials durchaus schwer einschätzbar.

Kennzahlenanalyse des Unternehmens

Sprechen die Kennzahlen in Anlehnung an Warren Buffett und Peter Lynch für einen Wettbewerbsvorteil? Die Kriterien sind vollständig erfüllt, wenn die

  • Bruttomarge über 60 % liegt,
  • Nettomarge über 20 % liegt,
  • Eigenkapitalrendite über 15 % liegt,
  • Summe der Investitionen maximal 80 % der aufsummierten Gewinne beträgt,
  • Finanzverbindlichkeiten in maximal vier Jahren zurückgezahlt werden können,
  • Verschuldungsgrad (Summe Fremdkapital/Summe Eigenkapital) maximal 80 % beträgt,
  • Wachstum vom EBIT (Earnings before Interest and Taxes = Gewinn vor Zinsen und Steuern) mindestens 10 % beträgt und
  • das Wachstum vom Umsatz mindestens 5 % beträgt.
Kennzahl Infineon Applied Materials
Bruttomarge (Ø letzte fünf GB) 36,9 % 43,3 %
Nettomarge (Ø letzte fünf GB) 11,7 % 18,3 %
Eigenkapitalrendite (Ø letzte fünf GB) 14,8 % 31,9 %
Investment/Gewinn (Summe letzte fünf GB) 206,1 % 24,7 %
Dauer Rückzahlung Finanzverbindlichkeiten in Jahren 1,44 1,63
Verschuldungsgrad 55,4 % 131,6 %
Betriebsergebnis Wachstum (Ø letzte fünf GB) 19,9 % 21,4 %
Umsatz Wachstum (Ø letzte fünf GB) 7,7 % 10,2 %

Eigene Berechnung, Quelle: morningstar.de

Beide Geschäftsmodelle führen nur zu akzeptablen Bruttomargen, die Herstellung der Produkte ist einfach kostenaufwendig. Die Nettomarge von Applied Materials kratzt im Durchschnitt der letzten fünf Jahren aber noch an den 20 %. Dabei hat man sich allerdings mit der niedrigen Investitionsquote wohl ein eigenes Grab geschaufelt.

Der Verschuldungsgrad wird bei Infineon infolge der Cypress-Übernahme deutlich anziehen. Nach meiner Schätzung benötigt Infineon zusätzliches Fremdkapital in Höhe von 6,3 Mrd. Euro. Der Verschuldungsgrad steigt dann auf 90 % und ist damit noch im akzeptablen Bereich. Der hohe Verschuldungsgrad bei Applied Materials hängt mit der exorbitanten Menge an eigenen Aktien in der Bilanz zusammen. Sobald dieser negative Einfluss mithilfe der Vernichtung der Aktien beseitigt wird, verbessert sich die Verschuldungsquote auf ca. 34 %.

Bewertung der Aktien

Um einen schnellen Überblick über die aktuelle Bewertung der Unternehmen zu erhalten, verwende ich das Peter-Lynch-Chart. Hier wird der 15-fache Gewinn je Aktie dem Aktienkurs gegenübergestellt. Ist die Kurslinie höher als die Gewinnlinie, scheint die Aktie eher überbewertet zu sein, und umgekehrt.

Zusätzlich benutze ich bei Applied Materials noch eine Linie, bei der der Gewinn je Aktie mit dem historischen durchschnittlichen KGV (Kurs-Gewinn-Verhältnis) im jeweiligen Betrachtungszeitraum multipliziert wird. Bei Infineon macht diese aufgrund der vielen Verlustjahre keinen Sinn.

Eigene Darstellung, Quelle: EPS: Traderfox, EPS-Prognose: Marketscreener, Kurse: boerse.de, Stichtag 15.04.2020

Das R² von 0,25 zeigt, wie volatil das Geschäft von Infineon in der Vergangenheit war. Erst infolge der Finanzkrise wurden die Ergebnisse besser und stabiler. Trotzdem ist der Aktienkurs stets der Gewinnentwicklung vorausgelaufen. Auf den ersten Blick sehe ich die Aktie nach wie vor als zu teuer an. Aufgrund der positiven Entwicklung der letzten Jahre würde ich das Unternehmen ab 10 Euro noch einmal genauer unter die Lupe nehmen.

Eigene Darstellung, Quelle: EPS: Traderfox, EPS-Prognose: Marketscreener, Kurse: yahoo.com, Stichtag 15.04.2020

Applied Materials ist mit einem R² von 0,48 deutlich stabiler als Infineon. Wobei auch hier die Kennzahl nicht beeindruckend ist. Die Ergebnisse schwanken stark mit den Zyklen in der Chipindustrie. Es gab aber immer wieder Phasen, in denen viel Geld verdient wurde, und einzelne Jahre, in denen zumindest keines verbrannt wurde. Seit 2014 laufen die Geschäfte allerdings wesentlich stabiler und das Unternehmen liefert seit 2017 in der historischen Betrachtung überdurchschnittliche Ergebnisse. Der Preis wirkt aktuell auf den ersten Blick fair, allerdings gibt es arge Fragezeichen bezüglich der Zukunft. Daher würde ich auf einen deutlicheren Abschlag bestehen.

Kurzfristig möglicherweise top, langfristig sehr unsicher

In der Vergangenheit haben die Konjunkturzyklen bei Infineon immer wieder zu deutlichen Verlusten geführt. Zudem geht man mit dem Kauf von Cypress ein erhöhtes Risiko ein. Der Kaufpreis von 9 Mrd. Euro stellt fast die halbe aktuelle Marktkapitalisierung von Infineon dar. Daher ist das Unternehmen darauf angewiesen, dass die erhofften Synergien tatsächlich greifen. Aktuell sehe ich diese Risiken nicht im Preis enthalten.

Applied Materials liefert höhere Margen als Infineon. Die große Frage ist allerdings, wie nachhaltig diese sind. Aktuell scheint es so, als würde ASML ein riesiges Stück vom Kuchen bekommen. Kurzfristig sehe ich bei Applied Materials ordentliches Potenzial für eine Erholung, allerdings erscheinen mir persönlich die Zukunftsaussichten zu unklar. Daher verzichte ich auch hier auf einen Kauf.

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Florian Hainzl besitzt keine der erwähnten Aktien. The Motley Fool empfiehlt Applied Materials.



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