Coronaboom voraus? Hier sind 3 europäische Infrastrukturaktien, die bald durchziehen könnten
Noch stockt es auf vielen Baustellen in ganz Europa. Aber sobald das Schlimmste vorüber ist, werden Politik und Wirtschaft voraussichtlich alles daransetzen, den beschäftigungsintensiven Bausektor anzufeuern.
Das bessere Angebot an Arbeitskräften, ein anhaltend günstiges Finanzierungsumfeld und die billigen Rohstoffpreise bilden zusammen einen optimalen Mix, um jetzt lange versäumte Investitionen nachzuholen.
Die Konjunkturprogramme kommen
Schon jetzt ist klar, dass Deutschland und Europa bereit sind, um Hunderte von Milliarden in die Wirtschaft zu pumpen. Während die USA eine Summe von 2.000 Mrd. US-Dollar aufruft und dort bereits eine Aufstockung um eine weitere Billion diskutiert wird, wurden in Europa laut Kommissionschefin Ursula von der Leyen bereits 2.900 Milliarden mobilisiert — Euro wohlgemerkt.
Diese gewaltigen Geldsummen — zum Vergleich: das Bruttoinlandsprodukt in Deutschland betrug letztes Jahr etwa 3.400 Milliarden Euro — fließen natürlich in verschiedene Töpfe. Kurzfristig geht es darum, die Pleitewelle möglichst niedrig zu halten und die COVID-19-Pandemie in den Griff zu bekommen. Im Anschluss rückt die Stimulierung der Wirtschaft in den Mittelpunkt. Ein großer Teil wird dann in den Ausbau von Straßen-, Schienen- und Wasserwegen sowie der Strom- und Wasserversorgung gehen.
Konzerne, die nun die richtigen Weichen stellen, um dann genügend Ressourcen vorzuhalten, werden zu den Gewinnern gehören. ACCIONA (WKN: 865629), STRABAG (WKN: A0Z23N) und HeidelbergCement (WKN: 604700) sollten dazugehören.
ACCIONA
Der Infrastrukturkonzern und Energieversorger wird regelmäßig als einer der nachhaltigsten Konzerne der Welt angeführt. ACCIONA verkörpert alles, was nun gebraucht wird. Unter den Projektentwicklern und Betreibern von Windfarmen gehören die Spanier zu den stärksten Spielern weltweit. Gerade Ende März wurde die Projektpipeline mit einem weiteren Großauftrag aus Australien befüllt.
Doch nicht nur dort sehe ich gute Wachstumspotenziale, sondern auch bei der Wasserinfrastruktur, die angesichts des Klimawandels in vielen Regionen dringend modernisiert werden muss. Gleichzeitig könnten die Bausparte von erhöhten Investitionen in Verkehrsnetze profitieren.
Es gibt folglich einiges, was man an ACCIONA mögen kann. Der Konzern ist in 40 Ländern weltweit präsent, schrieb 2019 Umsätze in Höhe von 7,2 Mrd. Euro und steigerte den Nettogewinn um 7 % auf 352 Mio. Euro. Die Aktie hatte im Februar einen Höhenflug und ist jetzt wieder deutlich günstiger zu haben.
STRABAG
Auch diesen österreichischen Baukonzern sehe ich hervorragend positioniert, um von anziehenden staatlichen Investitionen zu profitieren. Egal ob Wasserstraßen, Verkehrswege oder Tunnel, STRABAG hat immer passende Leistungen im Angebot, angereichert mit umfassenden Services im Vorfeld und im Betrieb. Interessant ist auch die geografische Aufstellung mit einem starken Schwerpunkt in Mittel- und Osteuropa.
Der Umsatz konnte 2019 um 2 % auf 16,6 Mrd. Euro gesteigert werden und der Auftragsbestand von 17,4 Mrd. Euro stimmt optimistisch. Noch am 12. Februar konnte Chef Thomas Birtel keinerlei konjunkturelle Eintrübung erkennen. Die aktuelle Situation wird wohl auch STRABAG treffen – Kurzarbeit ist bereits angemeldet –, aber schon in Kürze sollten die Bagger und Kräne wieder voll im Einsatz sein.
Am 15. April wurde gemeldet, dass STRABAG am Bau einer britischen Hochgeschwindigkeitsstrecke beteiligt sein wird. Ein Vorteil ist auch, dass STRABAG seit längerer Zeit in seine Digitalisierung investiert. Beispielsweise können durch die Nutzung von RIB Software iTWO 5D seit 2018 Management, Ingenieure und Bauleiter derzeit auch vom Homeoffice heraus effizient zusammenarbeiten.
Seit Ende Februar hat sich die Aktie zunächst halbiert und dann wieder einigermaßen gefangen. Nach klassischen Bewertungskennzahlen bleibt sie jedoch sehr günstig, wenn man bedenkt, dass STRABAG zuletzt Gewinne von weit über 300 Mio. Euro eingefahren hat. Die Marktkapitalisierung in Höhe von 2,68 Mrd. Euro (15.04.) erscheint da attraktiv.
HeidelbergCement
Weder ACCIONA noch STRABAG können ohne Baumaterial arbeiten, und dieses wird häufig von HeidelbergCement geliefert. Das Gute dabei ist, dass die Lieferfähigkeit durch COVID-19 nicht eingeschränkt ist. Am 9. April meldete der Konzern, dass alle Werke in Betrieb seien. Zwar blickt das Management nach einem starken Jahresstart nicht mehr ganz so optimistisch auf das laufende Geschäftsjahr, aber schon nächstes Jahr würde ich damit rechnen, dass das Niveau von 2019 wieder erreicht werden kann.
2019 war ein weiteres erfolgreiches Jahr mit einer Umsatzsteigerung von 4 % auf 18,9 Mrd. Euro. Das Ergebnis je Aktie stagnierte bei soliden 5,50 Euro, was bei einem abgestürzten Aktienkurs von 39,50 Euro ein sehr niedriges Kurs-Gewinn-Verhältnis von 7 ergibt. Das hört sich doch sehr attraktiv an, denn es bedeutet umgekehrt eine Rendite von 14 %, wenn das Niveau gehalten werden kann. Kommen die Infrastrukturprogramme wie hier skizziert, dann sollte das mittelfristig kein Problem sein.
Zu den weiteren Ergebnistreibern gehören die derzeit billigen Ölpreise, von denen die energieintensive Zementproduktion stark profitiert sowie die kontinuierliche Verbesserung der Kapitalstruktur. 2020 und 2021 laufen Anleihen im Umfang von 3 Mrd. Euro und mit 3,25 % Verzinsung aus, die voraussichtlich überwiegend aus dem Cashflow heraus getilgt werden können.
Worauf es ankommt
Ich denke, ausgewählte Konzerne aus dem Infrastruktursektor sind jetzt sehr attraktiv bewertet. Trotzdem würde ich nicht unbedingt per ETF auf den ganzen Sektor setzen. Schließlich wird die Konjunkturdelle einige Spieler voraussichtlich hart treffen. Diejenigen, die bilanziell schwach aufgestellt sind und ihr Hauptgeschäft mit Wohn-, Einzelhandels-, Industrie- und Büroimmobilien machen, könnten es noch eine Zeitlang schwer haben.
Die drei hier vorgestellten Unternehmen sehe ich jedoch stark positioniert als Hauptprofiteure der staatlichen Investitionsprogramme in Europa und Übersee. Besonders gut gefällt mir ACCIONA, das einen zweiten Schub bekommen könnte, wenn in wenigen Monaten der Klimawandel wieder in den Mittelpunkt rückt.
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Ralf Anders besitzt keine der erwähnten Aktien. The Motley Fool besitzt keine der erwähnten Aktien.