Warum FinTech der lukrativste Megatrend des Jahrzehnts wurde und Blockchain nicht
Seit elf Jahren existieren Blockchains und das Interesse daran kulminierte Ende 2017 gemeinsam mit Bitcoin. Mittlerweile ist es ziemlich still um das Thema geworden. Hingegen steigerte sich das Interesse an FinTech ab 2014 massiv und hält bis heute an. Das ist auch kein Wunder, denn FinTech-Unternehmen wie Visa (WKN: A0NC7B), Square (WKN: A143D6) oder Wirecard (WKN: 747206) haben wahnsinnig gute Renditen erzielt, während Blockchain-Unternehmen unter „ferner liefen“ geführt werden, wenn sie überhaupt noch in Betrieb sind.
Warum hat das eine Hype-Thema voll eingeschlagen und das andere nicht – und was können Anleger daraus lernen?
Verwandt und doch ganz anders
Zeitweise hätte man fast denken können, dass Blockchain und FinTech ein und dasselbe sind. Dem ist aber nicht so: Zwar kann eine Blockchain ein Element einer FinTech-Lösung sein, aber das Spektrum der eingesetzten digitalen Technologien, mit denen angestrebt wird, Aktivitäten und Prozesse rund um Finanzdienstleistungen drastisch zu verbessern, ist viel breiter. Cloudbasierte Handelsplattformen und KI-gestützte Robo-Advisers sind nur zwei Beispiele.
Bei FinTech kann also alles kombiniert werden, was nützlich ist, egal ob KI, API, Big Data oder eben Blockchain. Andersherum kann die Blockchain längst nicht nur im Finanzbereich eingesetzt werden. Auch etwa im Gesundheitswesen, in der Logistik und in der industriellen Fertigung wird damit experimentiert. Während es also eine Schnittmenge gibt, in der sich Bitcoin und Ripple befinden, haben wir es doch mit sehr unterschiedlichen Konzepten zu tun.
Warum Blockchain nicht abgehoben ist
Ein Blockchain-Netzwerk arbeitet ohne zentrale Autorität. Es gibt keine Institution oder Cloudplattform, die die Transaktionen überwacht, verarbeitet und archiviert. Alles läuft dezentral über sogenannte Knoten, die die Information redundant speichern und sich nach softwaredefinierten Regeln koordinieren. Das funktioniert bei Bitcoin leidlich.
Daraus sollte man jedoch nicht schließen, dass auf absehbare Zeit vielfältige zentrale Stellen abgeschafft werden könnten, denn längst nicht alle Prozesse sind so simpel wie das Umbuchung von Kontoständen, das bei Bitcoin im Mittelpunkt steht. Zentralstellen wie etwa Makler oder Banken zeichnen sich häufig dadurch aus, dass sie Know-how aus zwei unterschiedlichen Domänen vereinen und damit eine Brückenfunktion ausüben.
Wenn man diesen „Mittelsmann“ per Blockchain aus dem Spiel nehmen will, dann muss man sein komplettes Know-how in Software gießen. Ich will nicht behaupten, dass das völlig unmöglich wäre, aber es bedeutet nicht nur, dass für jeden einzelnen Anwendungsfall ein sehr dickes Brett gebohrt werden muss, sondern auch, dass eine Institution gebraucht wird, die das Know-how kontinuierlich aktuell hält.
Weitere problematische Prämissen
Eine andere Sache betrifft die Behauptung, dass eine Blockchain sowohl Anonymität als auch Transparenz garantieren könne. Aber wenn die komplette Datenbank aller gespeicherten Vorgänge für jeden Teilnehmer einer Blockchain jederzeit zugreifbar ist, dann ist es nahezu unmöglich, für perfekte Anonymität zu sorgen – keine guten Voraussetzungen für sensible Anwendungsbereiche wie Gesundheit und Vermögen.
Den Mehrwert einer Blockchain-Anwendung zu erklären ist auch oft nicht gerade einfach. Schließlich bedeutet die Dezentralisierung zunächst einen Mehraufwand für die Koordination und die vielfach redundante Datenspeicherung. Wenn dann noch Kryptowährungen ins Spiel kommen, dann wird daraus ein zweifelhaftes Unterfangen.
Warum FinTech zum Investmentthema der letzten Dekade aufgestiegen ist
Ganz anders sieht es bei FinTech aus, wo der gesamte Werkzeugkasten an Technologien dafür genutzt wird, um gezielt Mehrwert zu schaffen. Mit dem Finanzbereich haben sich die Spezialisten auch eine Branche vorgenommen, die sich durch ihre Rückständigkeit bei der Digitalisierung auszeichnete.
Die Geldflüsse zwischen den Banken belaufen sich auf viele Tausend Milliarden Euro, sodass es genügt, davon einen winzigen Bruchteil abzugreifen, um ein großes Unternehmen aufzubauen. Am besten zeigt sich das bei den florierenden digitalen Zahlungssystemen, die sich parallel zum exponentiellen Wachstum des E-Commerce seit Jahren dynamisch entwickeln. Ein globales Netzwerk wie das von VISA bildet dabei häufig das Rückgrat von Lösungen, wie sie etwa Wirecard anbieten.
In den 2020ern kann alles anders werden
Nach der UMTS-Auktion aus dem Jahr 2000 wurde heiß diskutiert, was denn wohl die Killer-Applikation des mobilen Internets sein würde. Häufig fielen dann nebulöse Begriffe wie etwa Location-based Services oder Transaktionsdienste. 2002 gab sich ein gewisser Alexander Samwer, damals noch Vorstand von Jamba!, trefflich überzeugt davon, dass Mobile Entertainment der Haupttreiber sein würde.
Richtig passiert ist jedoch jahrelang nicht viel. Erst als die Smartphones und ihre Kameras leistungsfähiger wurden, ging der Boom richtig los und es wurden neue lukrative Geschäftsmodelle erfunden. Damit alles flüssig funktioniert, mussten auch dafür über die gesamten Nullerjahre hinweg richtig dicke Bretter gebohrt werden.
Alles braucht also seine Zeit, aber wenn der Knoten platzt, dann passieren erstaunliche Dinge. Der kometenhafte Aufstieg von Dutzenden von FinTech-Spezialisten war nur schwer vorherzusehen, da beispielsweise E-Payment-Anbieter jahrelang mit Problemen zu kämpfen hatten. Zuerst musste das Mehrwertpotenzial überwältigend groß werden, um über die 2010er-Jahre die verkrusteten Marktstrukturen erschüttern zu können.
Wenn man also im Rückblick betrachtet, wie es beim mobilen Internet und FinTech gelaufen ist, dann kann man erahnen, dass über die kommenden zehn Jahre die Killerapplikationen für die Blockchain noch gefunden werden. Siemens (WKN: 723610) hat in den letzten Jahren unter anderem Patente für den Blockchain-Einsatz in Fabriken, zur Verkehrssteuerung und für Krankenakten erteilt bekommen.
Noch mehr scheint sich Alibaba (WKN: A117ME) vorgenommen zu haben, das als anerkannter Technologieführer fast täglich Blockchain-Patente anmeldet und in seiner Cloud „Blockchain as a Service“ für Unternehmenskunden anbietet. „Die Auswirkungen von Blockchain auf die Zukunft der Menschheit könnten unsere Vorstellungskraft bei Weitem übersteigen“, meinte Jack Ma vor einiger Zeit.
Der Bärenmarkt-Überlebensguide: Wie du mit einer Marktkorrektur umgehst!
Ein erneutes Aufflammen von Corona in China, Krieg innerhalb Europas und eine schwächelnde Industrie in Deutschland in Zeiten hoher Inflation und steigender Zinsen. Das sind ziemlich viele Risiken, die deinem Depot nicht guttun.
Hier sind vier Schritte, die man unserer Meinung nach immer vor Augen haben sollte, wenn der Aktienmarkt einen Rücksetzer erlebt.
Ralf Anders partizipiert über ein von ihm betreutes Indexzertifikat an der Aktienentwicklung von Siemens. The Motley Fool besitzt und empfiehlt Aktien von Square und Visa und empfiehlt die folgenden Optionen: Short March 2020 $70 Put auf Square.