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Unsinnige Wirecard-Analyse von JPMorgan: Warum du auf Analystenmeinungen nichts geben kannst

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Foto: Getty Images

Um schnell mal die Bewertung einer Aktie zu checken, nutze auch ich die Konsenserwartungen von Analysten für Umsatz und Gewinn. Doch später im Analyseprozess stelle ich dann gerne meine eigenen Erwartungen auf, die teilweise auch recht deutlich abweichen können.

Ist das nicht etwas vermessen? Ich sage: Nein! Denn auch professionelle Aktienanalysten kochen nur mit Wasser und obwohl sie vielleicht die bessere Software und mehr Computerbildschirme haben, heißt das noch lange nicht, dass sie ihre Unternehmen besser verstanden haben. Oft genug erlebe ich sogar das Gegenteil.

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Einen weiteren solchen Fall gab es kürzlich bei der Wirecard (WKN: 747206)-Aktie, als das Unternehmen seine ohnehin schon märchenhafte Langzeitprognose für das Jahr 2025 nochmal toppte. Was genau passiert ist, das erfährst du, wenn du weiterliest.

Was ist los?

Damit ich dir erklären kann, was passiert ist, muss ich ganz kurz auf die wesentlichen Punkte von Wirecards alter und neuer Prognose für das Jahr 2025 eingehen.

Alte Prognose Neue Prognose Prozentuale Veränderung
Umsatz 2025 über 10 Mrd. Euro über 12 Mrd. Euro 20,0 %
EBITDA 2025 über 3,3 Mrd. Euro über 3,8 Mrd. Euro 15,2 %
EBITDA-Marge 2025 33,0 % 31,7 % – 4,0 %

Quelle: Unternehmensmitteilung. Eigene Berechnung der EBITDA-Margen und der prozentualen Veränderung.

Wie du siehst, hat Wirecard seine Prognose sowohl beim Umsatz als auch bei den Gewinnen (vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen) erhöht. Jedoch wurde letztere Kennzahl prozentual nicht ganz so stark angehoben wie die Umsatzerlöse, was eine Reduktion der EBITDA-Marge von 33,0 % auf 31,7 % bewirkte.

Und weiter?

JPMorgan-Analyst Sandeep Deshpande warf infolge dessen die Frage auf, warum Wirecard denn jetzt eine niedrigere zukünftige EBITDA-Marge implizieren würde als bisher.

Nun, es gibt gleich drei Ansätze, um das zu relativieren oder zu begründen, von denen eigentlich einer offensichtlicher ist als der andere:

  1. Fokus auf die richtigen Kennzahlen, bitte: Eigentlich interessant ist doch, wie viel Gewinn Wirecard aus einem Euro Transaktionsvolumen ziehen kann, und nicht, wie viel von einem Euro Umsatz hängen bleibt. Zum Glück ist auch diese Kennzahl Teil von Wirecards Langzeitprognose. Ursprünglich waren mindestens 710 Milliarden Euro Transaktionsvolumen geplant, nun sind es rund 14,1 % mehr, 810 Milliarden. Man stellt fest, dass die EBITDA-Marge in Bezug auf das Transaktionsvolumen nun besser aussieht als im alten Ausblick.
  2. Die Prognosen für 2025 beinhalten Mindestangaben: Alle Werte zu Transaktionsvolumen, Umsatz und EBITDA, die Wirecard in der alten und der neuen Langzeitprognose bereitgestellt hat, sind Mindestangaben, die das Unternehmen natürlich möglichst deutlich übertreffen möchte. Dass das möglich ist, darauf deutet die nun erfolgte Anpassung hin – nur ein Jahr, nachdem die Prognose ursprünglich veröffentlicht wurde. Das heißt, dass Wirecard eine EBITDA-Marge von 33,0 % keineswegs ausgeschlossen hat.
  3. Die Differenz könnte durch mathematische Rundung entstehen: Intern hat Wirecard in irgendeiner Excel-Kalkulation sicherlich genauere Zahlen errechnet als die, die uns hier präsentiert wurden – hier wurden die Umsätze auf volle Milliarden und das EBITDA auf eine Nachkommastelle gerundet. Die interne neue Prognose könnte etwa Umsätze von 11,6 Milliarden und ein EBITDA von 3,84 Milliarden Euro vorsehen – durch die Rundung käme genau das heraus, was wir oben sehen. Und schwupp: Mit diesen Zahlen landet die EBITDA-Marge sogar leicht oberhalb der altbekannten 33,0 %.

Aus Belanglosigkeit mach Drama

Am Ende wird es wahrscheinlich ein Zusammenspiel dieser drei Faktoren sein, die die Differenz bei der EBITDA-Marge bewirkten – auch Wirecard-CEO Markus Braun höchstpersönlich nannte zwei dieser Punkte in seiner Präsentation. Zumindest auf einen dieser drei Gedanken hätte der JPMorgan-Analyst durchaus kommen können.

Für mich ist das ein Beweis mehr dafür, dass Analysten – obwohl sie auch eine sinnvolle Quelle für Informationen und Meinungen sein können – keine Götter ihres Faches sind, und dass man sich ihnen auch als unbedarfter Privatanleger nicht per se unterlegen fühlen sollte.

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Christoph Gössel besitzt Aktien von Wirecard. The Motley Fool besitzt keine der erwähnten Aktien.



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