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Das uns bevorstehende 14-Billionen-Dollar-Problem der Aktienmärkte

Foto: Getty Images

Bis vor einem Jahr habe ich mich gar nicht für Makroökonomie interessiert. Mein Ziel bei der Kapitalanlage war immer einfachst: Finde die besten Unternehmen, kaufe sie zu einem guten Preis, lass sie ihre Arbeit über Jahre machen und genieße die Renditen, solange sie ordentlich sind.

Dieses Ziel hat sich nicht geändert. Und makroökonomische Entwicklungen wie die, auf die ich gleich eingehe, spielen heute noch immer keine Rolle bei meiner Aktienauswahl. Aber sie helfen dabei, die Aktienmärkte besser zu verstehen. Und das kann auch nicht schaden, anstatt immer nur zu sagen: Der Markt ist einfach irrational. Manchmal scheint es nämlich nur so.

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Eines vorweg: Was ich gleich präsentieren werde, basiert nicht auf meiner eigenen Analyse. Ich halte es jedoch für signifikant und habe bisher in den Medien noch nichts darüber gehört, weshalb ich es einfach zur Sprache bringen möchte. Es handelt sich um eine These von Michael Green, Portfolio Manager bei Thiel Macro, die er „The Great Rotation“ nennt.

Die große Rotation

Es geht dabei um die Babyboomer in den USA. Wir alle kennen die Diskussion um die demografische Entwicklung in den meisten Industrieländern ja schon ‒ immer weniger junge Leute stehen immer mehr älteren Leuten gegenüber. In den USA ist das jedoch nicht die einzige Herausforderung. Eine andere betrifft den Aktienmarkt noch unmittelbarer.

Ein großer Teil der Ersparnisse, von denen die zukünftigen Rentner leben müssen, steckt in Aktien. Und zwar ein ganz großer Teil. Green beziffert die Summe, die in sogenannten IRAs und 401(k)s steckt (das sind keine irischen Terrorgruppen, sondern steuerbegünstigte Rentendepots) auf 14 Billionen US-Dollar!

Damit man sich das mal auf der Zunge zergehen lassen kann: Es handelt sich hierbei um die größte Ansammlung von Vermögen auf der Welt, voraussichtlich mit Abstand. Diese Summe entspricht rund einem Sechstel der weltweiten Wirtschaftsleistung. Damit könnten die Amerikaner den gesamten DAX kaufen ‒ 11 Mal.

Nun ist es so, dass dieses Vermögen über Jahrzehnte aufgebaut wurde, indem man es größtenteils in Aktien investierte. Das Ganze ändert sich, wenn die Babyboomer in Rente sind. Ihre Aktienverkäufe könnten zu einer stark verringerten Nachfrage nach Aktien führen.

Und hier ist die Tatsache, wo die Makroökonomie eine echte Auswirkung auf den Aktienmarkt hat, die man ohne solche Kenntnisse als irrational bezeichnen würde. Die Babyboomer müssen Aktien verkaufen, um ein Einkommen zu generieren. Dabei spielt es keine Rolle, zu welchem Kurs die Aktien handeln. Anders gesagt: Selbst in einem möglichen Bärenmarkt in Zukunft, während dem Aktien extrem günstig aussehen und eigentlich gekauft werden sollten, könnte das Angebot an Aktien größer bleiben als die Nachfrage. Aus völlig rationalen Gründen.

Verstärkende Faktoren: Regulierung und das passive Investieren

Nun ist es nicht so, dass all dieses Kapital auf einmal auf den Markt geschmissen wird, sondern wohl verteilt auf viele Jahre. Außerdem wird die jüngere Generation in den USA voraussichtlich weiter in ihre Rentendepots einzahlen, was diesem Effekt natürlich entgegenwirkt. Es gibt laut Green jedoch auch verstärkende Faktoren.

Einmal ist da die Regulierung. Wenn man im Alter von 70 Jahren (genauer: in dem Jahr, in dem man genau 70,5 Jahre alt wird) nicht anfängt, jedes Jahr einen nicht unerheblichen Teil seines Vermögens in seinen Rentendepots zu verkaufen, winkt laut Green praktisch eine Strafzahlung in Höhe von 50 % auf den Teil, den man nicht verkauft hat, aber hätte verkaufen müssen. Solche Anreize zwingen einen geradezu zum relativ willkürlichen Verkauf.

Zum Zweiten gibt es da den Trend hin zum passiven Investieren. Denn passives Investieren bedeutet, vereinfacht gesagt, dass das Kapital immer in dieselben Aktien fließt, weswegen genau diese Aktien überproportional steigen, wenn Geld in die Märkte fließt. Und im umgekehrten Fall eben genau das Gegenteil: Den Verkaufsdruck spürt man überproportional in genau denselben Aktien.

Und hier sind nicht nur ETFs schuld. Denn eigentlich machen diese noch immer einen sehr kleinen Anteil am Umsatz an der Börse aus: Laut Daten des Investment Company Institute und der World Federation of Exchanges machten ETFs im Jahr 2013 nur 13 % der Börsenkapitalisierung in den USA aus. Weltweit dürften die Zahlen nicht höher sein.

Viele glauben daher, dass das passive Investieren keinen großen Effekt auf die Börse haben wird. Aber auch hier hält Green dagegen. Denn was diese Zahl ignoriere, sei das, was auf institutioneller Seite passiert, wo der Trend hin zum passiven Investieren schon viel weiter fortgeschritten sei. Es gibt dafür keine wirklichen Quellen, aber seine Kalkulationen ergeben, dass bereits mehr als die Hälfte des Kapitals passiv investiert wird.

Für mich ist diese Analyse absolut nachvollziehbar. Und das sind keine guten Vorzeichen, wenn all das zusammenkommt. Trotzdem würde ich nicht so weit gehen und deswegen grundsätzlich schwarzsehen für die Aktienmärkte. Im Gegenteil, dadurch könnten sich großartige Chancen ergeben.

Aktien sind eine Frage des Zeithorizonts

Die oben erläuterte Entwicklung könnte tatsächlich negative Auswirkungen auf den Aktienmarkt haben. Womöglich sogar beschleunigt durch einen sowieso irgendwann wieder einmal eintretenden richtigen Crash, wenn allgemeine Panik diese Effekte sogar verstärken könnte.

Aber dann spielen ganz andere Faktoren eine ebenso große Rolle. Insbesondere die Reaktionen der Zentralbanken, wer weiß, was ihnen dieses Mal so alles einfällt. Ich würde diese Dinge wie gesagt jedoch nicht als die Entscheidungsgrundlagen für oder gegen Investitionen in Aktien sehen.

Aktien ‒ zum Zwecke des Vermögensaufbaus, wozu ich sie nutze ‒ sind aus meiner Sicht am besten geeignet für Anleger mit einem Zeithorizont von mehreren Jahren. Dann können Entwicklungen wie die oben beschriebenen sogar mehr Chancen als Risiken aufweisen.

Denn die andere Seite der Medaille ist, dass all das von den 70plus-Jährigen zwangsläufig aus dem Aktienmarkt genommene Kapital laut Statistiken des Investment Company Institute zu 85 % direkt ausgegeben wird. Kapital fließt in diesem Fall also aus dem Aktienmarkt heraus und hinein in die Wirtschaft.

Das könnte für eine wundervolle Kombination für langfristige Anleger führen: Sinkende Aktienkurse bei gleichzeitig weniger sinkenden Unternehmensgewinnen. Übersetzt: Die Bewertungskennzahlen von Aktien könnten eine Zeitlang endlich mal wieder richtig attraktiv werden.

Das würde sich in dem Moment bzw. zu dieser Zeit voraussichtlich nicht gut anfühlen. Sinkende Aktienkurse fühlen sich nie gut an, wenn man investiert hat. Sie bedeuten auf lange Sicht gesehen jedoch wieder deutlich attraktivere Renditen. Wer sein Kapital also über Zeiträume von sagen wir mindestens 5 bis 10 Jahren anlegen kann, der dürfte von diesem 14-Billionen-Euro-Problem sogar profitieren können.

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