Zalando: Prognosesenkung und starke Kursverluste – sollte man die Aktie jetzt verkaufen?
Am Abend des 17. September veröffentlichte Zalando (WKN:ZAL111) eine neue Umsatz- und Gewinnprognose für das laufende Jahr. Das sollte Folgen haben: Um fast 16,5 % ist der Kurs seitdem bis heute (24. September) gefallen.
Ist die Prognosesenkung ein Beleg dafür, dass das langfristige Wachstum vorbei sein könnte? Sollte man jetzt schnell alle Zalando-Aktien verkaufen und sein Geld retten?
Vielleicht ist alles gar nicht so schlimm, wie es aussieht.
Was das Unternehmen verkündet hat
Zalando gab an, das Umsatzwachstum in diesem Jahr werde sich aufgrund saisonaler Effekte nur noch am unteren Ende des Zielkorridors von 20 bis 25 % befinden. Vorher ging man davon aus, dass man in der unteren Hälfte landen werde.
Wesentlich wichtiger und für den Kurssturz wahrscheinlich ausschlaggebend ist jedoch der zweite Teil: Das EBIT (Ergebnis vor Zinsen und Steuern) für das Gesamtjahr wird wohl zwischen 150 und 190 Mio. Euro liegen, die alte Prognose sah ein EBIT am unteren Ende des Korridors von 220 bis 270 Mio. Euro voraus.
Vorschnelle Investoren könnten folgende Rechnung anstellen:
Zalandos EBIT für 2018 wird um etwa 22,7 % niedriger ausfallen als erwartet, der Kurs ist jedoch nur um 16,5 % gefallen. Das heißt, dass die Aktie immer noch weiter fallen muss, um die Prognosesenkung einzupreisen.
Ich denke aber, so einfach darf man es sich nicht machen.
Der richtige Kontext relativiert vieles
Zalando war noch nie ein Unternehmen, das schnell Gewinne machen wollte: Zalando verfolgt ähnlich wie Amazon (WKN:906866) die Strategie, nur kleine Gewinne oder sogar Verluste zu machen und stattdessen viel in das Geschäftswachstum zu investieren. Daher waren die Gewinnmargen bei Zalando noch nie wirklich üppig, was für das Unternehmen aber wie gesagt eher zweitrangig war.
Schauen wir uns nun an, wie sich die erwartete EBIT-Marge für 2018 auf Basis der neuen Prognose verändert hat:
Umsatz 2017 | erw. Wachstum | erw. Umsatz 2018 | erw. EBIT 2018 | erw. EBIT-Marge 2018 | |
Alte Prognose | 4.489 Mio. Euro | ca. 21,25 % | 5.443 Mio. Euro | ca. 220 Mio. Euro | 4,04 % |
Neue Prognose | 4.489 Mio. Euro | ca. 20 % | 5.389 Mio. Euro | ca. 170 Mio. Euro | 3,15 % |
Quelle: eigene Berechnungen auf Basis des Umsatzes des Geschäftsjahres 2017
Die EBIT-Marge – eine bei Zalando wie gesagt nicht ausschlaggebende Kennzahl – ist also um dramatische 0,89 Prozentpunkte gefallen.
Und der Kurs fällt um 16,5 %.
Ich finde, wir haben hier ein Musterbeispiel für eine Überreaktion des Marktes.
Die langfristigen Wachstumstreiber sind weiter intakt
Zalando ist ein absoluter Spezialist in seiner Nische und wächst trotz der gesenkten Prognose weiter viel schneller als der gesamte Modemarkt. Das bedeutet, dass Zalando Marktanteile gewinnt, und das bedeutet, dass die Wachstumsstrategie des Unternehmens bisher aufzugehen scheint.
Und das Wachstum hat noch eine Menge Platz, denn Zalando hatte in Europa im Jahr 2017 einen Anteil von 1,3 % am europäischen Modemarkt. Das langfristige Ziel Zalandos ist es, diesen Anteil auf 5 % zu erhöhen, das kommt einer knappen Vervierfachung gleich!
Trotz der gesenkten Prognose ist Zalando übrigens weiterhin ein sehr gesundes Unternehmen: Das Unternehmen ist zu gut 51 % mit Eigenkapital finanziert, was sehr solide ist. Außerdem hat Zalando wesentlich mehr kurzfristige Vermögenswerte als kurzfristige Verbindlichkeiten in den Büchern stehen, was Zahlungsengpässe vermeiden sollte.
Und um die guten Nachrichten noch abzurunden: In der Prognose, die Zalandos Aktie auf Talfahrt schickte, sagte Zalandos Co-CEO Rubin Ritter, dass sich an dem langfristigen Ziel, das Geschäft bis 2020 zu verdoppeln, nichts geändert habe. Das solide Wachstum Zalandos ist also weiter auf Kurs.
Wie Douglas Adams schon wusste: Don’t panic!
Ich finde, dass wir die Prognosesenkung von Zalando nicht überbewerten sollten.
Denn wenn Zalando langfristig Erfolg hat – und danach sieht es momentan aus –, wird es in fünf, zehn oder 20 Jahren niemanden mehr interessieren, ob man im Jahr 2018 50 Mio. Euro mehr oder weniger EBIT erzielt hat. Vielleicht wird Zalando in 20 Jahren eine Dividende zahlen, die um ein Vielfaches höher ist als der gesamte Gewinn des Unternehmens im letzten Jahr.
Für uns als langfristig orientierte Foolishe Investoren sollte der starke Rücksetzer daher eher eine Kaufgelegenheit sein als ein Grund, in Panik zu verfallen.
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Hier sind vier Schritte, die man unserer Meinung nach immer vor Augen haben sollte, wenn der Aktienmarkt einen Rücksetzer erlebt.
Christoph Gössel besitzt Aktien von Zalando. John Mackey, CEO von Amazon-Tochter Whole Foods Market, sitzt im Vorstand von The Motley Fool. The Motey Fool besitzt und empfiehlt Aktien von Amazon. The Motley Fool empfiehlt Zalando.