Ist die Amazon-Aktie oder die Shopify-Aktie ein besserer Kauf?
Es ist kaum mehr zu übersehen: Der E-Commerce zerstört den Einzelhandel! Wenn du dich in deinem Einkaufszentrum umschaust, dann wird es dort wahrscheinlich ziemlich leer sein. Eigentlich ist schon das Beweis genug!
Du könntest allerdings noch einen Blick vor die Tür deines Nachbarn werfen, wo sich nicht selten Pakete stapeln.
Spätestens jetzt solltest du von diesem Trend überzeugt sein. Aber auch wenn das E-Commerce-Geschäft bereits riesig ist, es gibt noch jede Menge Wachstumspotential! E-Commerce ist gerade einmal für 9,5 % aller Einzelhandelsumsätze in den Vereinigten Staaten verantwortlich!
Und die beiden Unternehmen, die an vorderster Front dieser Entwicklung stehen, sind Amazon (WKN:906866) und Shopify (WKN:A14TJP).
Die Bilanz
Der erste Punkt, den wir überprüfen wollen, ist die Sicherheit unseres Investments. Falls beispielsweise eine Wirtschaftskrise über uns hereinbricht. Unternehmen mit gut gefüllten Kriegskassen und gesunden Cashflows werden diese nicht nur überleben, sondern können sogar gestärkt aus ihr hervorgehen.
Unternehmen, die hingegen hoch verschuldet sind, werden Probleme bekommen. Denn sie müssen ihre Ambitionen zurückschrauben, um sich über Wasser halten zu können. Wenn wir uns die nachfolgende Tabelle anschauen, dann sollten wir bedenken, dass Amazon ein 900 Milliarden-Dollar-Unternehmen ist, während Shopify gerade einmal mit 16 Milliarden US-Dollar bewertet wird.
in Milliarden US-Dollar | Cash | Schulden | Free Cashflow |
Amazon | 28,0 | 25,0 | 8,0 |
Shopify | 1,6 | – | (0,02) |
Quelle: YAHOO! FINANCE. Der Cash beinhaltet kurz- und langfristige Investitionen. Free Cashflows auf 12-Monatsbasis
Auf der einen Seite ist Shopify in einer sehr gesunden Position, denn in der Bilanz tauchen keine langfristigen Schulden auf. Bei Amazon sah das bis vor kurzem ähnlich aus. Bis zu dem Zeitpunkt, an dem das Unternehmen Milliarden von Dollar für die Übernahme von Whole Foods ausgab.
Trotzdem glaube ich, dass sich Amazon in einer hervorragenden Position befindet. Es werden nicht nur außergewöhnlich hohe Cashflows generiert. In einer wirtschaftlichen Krise würde CEO Jeff Bezos bei den Investitionen wahrscheinlich einfach den Fuß vom Gaspedal nehmen. Und das könnte die Free Cashflows in meinen Augen explodieren lassen – auch wenn es die langfristigen Möglichkeiten einschränken könnte.
Shopify könnte das selbe tun. Aber die Merchant Solutions Division würde von einem Abschwung wohl hart getroffen werden, weshalb ich mir nicht sicher bin, ob das im Endeffekt wirklich positiv für die Bilanz von Shopify wäre – oder nicht.
Gewinner: Amazon
Die Bewertung
Der nächste Punkt ist die Bewertung. Und ich lasse die Katze gleich aus dem Sack: Keines dieser beiden Unternehmen ist gemessen an den üblichen Kennzahlen in irgendeiner Form günstig!
Ganz im Gegenteil, sie sind wahnsinnig überteuert – wenn du einen konservativen Investor fragen würdest.
Kurs-Gewinn-Verhältnis (aktuell) | Kurs-Gewinn-Verhältnis (erwartet) | Kurs-Free-Cashflow-Verhältnis | Kurs-Gewinn-Wachstums-Verhältnis | |
Amazon | 172 | 96 | 117 | 2,3 |
Shopify | 562 | 485 | – | 7,6 |
Quelle: YAHOO! FINANCE, E*TRADE, KGVs auf NON-GAAP-Basis
Die Aufgabe lautet also wie folgt: Welche dieser beiden Aktie ist weniger absurd teuer? Basierend auf den dargestellten Kennzahlen: Ganz klar Amazon!
Es kommt wahrhaftig nicht jeden Tag vor, dass die Amazon-Aktie günstiger ist als irgendeine andere Aktien. Aber wenn man sie mit Shopify vergleicht, dann ist genau das der Fall!
Gewinner: Amazon
Die nachhaltigen Wettbewerbsvorteile
Zu guter Letzt haben wir noch die nachhaltigen Wettbewerbsvorteile. Da beide Unternehmen über mehrere Wettbewerbsvorteile verfügen, werden wir die vier wichtigsten miteinander vergleichen und können dann feststellen, welches Unternehmen in Summe besser dasteht.
Der erste Wettbewerbsvorteil sind die immateriellen Vermögenswerte – in diesem Fall die Bekanntheit der Marken. Unter den Anbietern von E-Commerce Plattform für kleine und mittelgroße Unternehmen genießt Shopify einen exzellenten Ruf. Vergleicht man Shopify allerdings mit Amazon, dessen Markenwert laut Forbes-Ranking 71 Milliarden US-Dollar beträgt, was Platz fünf unter den wertvollsten Marken der Welt bedeutet, dann zieht Shopify ganz klar den Kürzeren.
Der nächste große Wettbewerbsvorteil bezieht sich auf den Schmerz, den Kunden haben, wenn sie zur Konkurrenz wechseln möchten. Das trifft beispielsweise auf das Wheelhouse von Shopify zu. Wenn ein Unternehmen einmal damit begonnen hat, Shopify’s E-Commerce-Plattform zu nutzen, dann wird es richtig schmerzhaft, wenn man zu einem anderen Anbieter wechseln will.
Es fallen nicht nur die Integrations- und Programmierkosten an, das Geschäft wird vorübergehend auch offline sein – und keine Umsätze generieren. Genau das hat Shopify dabei geholfen, die wiederkehrenden Umsätze seit seinem Börsengang immer über der wichtigen 100 %-Marke zu halten.
Man könnte nun argumentieren, dass der Wechselschmerz bei Amazon Prime ebenfalls ein tiefer Burggraben ist. Hier gibt es jedoch keine Kennzahlen, die diese Aussage definitiv belegen, weshalb dieser Punkt an Shopify geht.
Eine niedrige Kostenstruktur ist der nächste, wichtige Wettbewerbsvorteil. Und hier hat Amazon die Nase ganz klar vorne. Weil das Unternehmen jahrzehntelang Milliarden von Dollar in ein gigantisches Netzwerk aus Lieferzentren gesteckt hat, kann es heute eine Zwei-Tage-Lieferung garantieren. Auf einer Kostenbasis, bei der es der Konkurrenz eiskalt den Rücken hinunter läuft!
Shopify hingegen verfügt über keinen solchen Vorteil.
Zum Schluss haben wir noch den Netzwerkeffekt. Dieser Burggraben kommt ins Spiel, wenn jeder neue Nutzer eine Plattform noch wertvoller macht. Sowohl Amazon als auch Shopify profitieren hiervon. Amazon ist so populär geworden, dass Drittanbieter beinahe schon gezwungen werden, ihre Waren auf Amazon anzubieten – und sie greifen dabei auf den Lieferservice von Amazon zurück. Der Umsatz von Drittanbietern stieg im letzten Quartal um 36 %.
Shopify profitiert ebenfalls von Netzwerkeffekten. Drittanbieter, die Apps entwickeln, sehen in den 600.000 Händler auf der Shopify-Plattform einen riesigen Pool voller potentieller Kunden. Je mehr Apps für Shopify entwickelt werden, desto attraktiver wird es für Händler – ein wunderbarer Kreislauf!
Fassen wir zusammen: Beide Unternehmen verfügen über starke Wettbewerbsvorteile. In meinen Augen hat die Amazon-Aktie aber auch in diesem Punkt die Nase vorne.
Gewinner: Amazon
Mein Gewinner ist…
Das Ergebnis ist eindeutig: Amazon ist billiger, verfügt über eine stabilere Bilanz und hat einen tieferen Burgraben als Shopify. Lass dich trotzdem nicht davon abhalten, auch die Shopify-Aktie genauer unter die Lupe zu nehmen! Ich habe beide Aktien in meinem Depot, zusammen machen sie 29 % meines Gesamtportfolios aus.
Und auch wenn ich glaube, dass Amazon besser ist: Beide Unternehmen haben unsere Aufmerksamkeit verdient!
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Ein erneutes Aufflammen von Corona in China, Krieg innerhalb Europas und eine schwächelnde Industrie in Deutschland in Zeiten hoher Inflation und steigender Zinsen. Das sind ziemlich viele Risiken, die deinem Depot nicht guttun.
Hier sind vier Schritte, die man unserer Meinung nach immer vor Augen haben sollte, wenn der Aktienmarkt einen Rücksetzer erlebt.
John Mackey, CEO von Whole Foods Market, einem Tochterunternehmen von Amazon, ist Mitglied des Vorstands von The Motley Fool.
Brian Stoffel besitzt Aktien von Amazon und Shopify. The Motley Fool besitzt und empfiehlt Aktien von Amazon und Shopify.
Dieser Artikel wurde von Brian Stoffel auf Englisch verfasst und am 13.08.2018 auf Fool.com veröffentlicht. Er wurde übersetzt, damit unsere deutschen Leser an der Diskussion teilnehmen können.