Daimler-Aktie: Darum rechne ich mit einer langfristigen jährlichen Rendite von über 17 %
Es gibt unzählige Möglichkeiten, den „wahren“ Wert der Daimler (WKN:710000)-Aktie zu schätzen. Mit der Ertragswert-Methode kommt bei mir eine für Anleger erfreuliche Zahl heraus: Das aktuell tiefe Kursniveau und die hohen Gewinne versprechen jährlich 17 % Rendite – für immer.
Teuer oder billig
Das Schöne an der Börse ist, dass sie durch den Preisbildungsmechanismus stets für ein ausgeglichenes Meinungsbild sorgt. Die eine Hälfte glaubt, dass eine bestimmte Aktie günstig bewertet ist, und die andere, dass es bessere Gelegenheiten gibt.
So ist es natürlich auch bei Daimler. Manche können kaum glauben, dass diese üppige Dividenden zahlende Gewinnmaschine immer noch nahe am Eigenkapital bewertet wird. Andere sehen die Marke Mercedes auf dem absteigenden Ast, warnen vor Absatzrückgängen, sehen schrumpfende Margen und fürchten Strafzahlungen. Je nachdem, wie man die einzelnen Faktoren einschätzt, kann man zu einem völlig anderen Ergebnis kommen.
Ich habe versucht, mir mit der Ertragswert-Methode ein Bild zu machen. Dabei geht es darum, alle erwarteten zukünftigen Gewinne aufzusummieren und zwar auf heute heruntergerechnet, also abdiskontiert. Statt den Gewinnen kann man alternativ auch Cashflow-Zahlen heranziehen, aber ich finde, das Nettoergebnis ist handlicher. Lass uns also gleich einsteigen.
Schritt 1: Das Umsatzwachstum
Wir starten mit der „top line“, wie die Amerikaner gerne sagen. Hierbei versuchen wir, ein Gefühl dafür zu bekommen, wie sich der Umsatz in Zukunft entwickeln könnte. Dabei ist es sinnvoll, Segmente zu bilden, um nicht alles in einen Topf zu schmeißen. So erwarte ich bei den Autos, dass das Wachstum sich zukünftig abschwächen und in 5 Jahren vielleicht sogar ins Negative drehen wird. Carsharing-Systeme, Robotertaxis, zunehmender Konkurrenzdruck und weitere Faktoren werden aus meiner Sicht den Verkaufserfolg erschweren.
Bei den Nutzfahrzeugen glaube ich hingegen, dass das alles noch keine so große Rolle spielen wird. Daimler kann seine Größenvorteile ausspielen und sollte weiter moderat wachsen.
Am schwierigsten ist die Einschätzung des dritten Segments, wo die Finanzdienstleistungen und die Mobilitätslösungen sowie weiteres etwaiges Neugeschäft zusammengefasst sind. Daimler hat bereits vor Jahren eine Digitalisierungsoffensive mit diversen Zukäufen und Initiativen angestoßen. Dort wird viel investiert und das sollte sich auch zunehmend in beschleunigtem Wachstum niederschlagen. Letztes Jahr ist das Segment um erstaunliche 15 % gewachsen. Das erscheint zunächst schwer wiederholbar, aber 5 % traue ich ihm allemal zu.
Wachstum in Prozent | 2018 | 2019 | 2020 | 2021 | 2022 | 2023 | 2024 | 2025 | 2026 | |
Cars | 2% | 2% | 1% | 1% | 1% | 0% | -1% | -2% | -3% | |
Trucks/Vans/Bus | 1% | 1% | 1% | 1% | 1% | 1% | 1% | 1% | 1% | |
Financial Services, Digital Mobility & Neue Geschäftsfelder | 5% | 5% | 5% | 6% | 8% | 10% | 12% | 14% | 16% |
Daraus ergibt sich dann aus den 2017er-Zahlen folgende Entwicklung:
Umsatz in Mio. EUR | 2017 | 2018 | 2019 | 2020 | 2021 | 2022 | 2023 | 2024 | 2025 | 2026 |
Cars | 94.695 | 96.589 | 98.521 | 99.506 | 100.501 | 101.506 | 101.506 | 100.491 | 98.481 | 95.527 |
Trucks/Vans/Bus | 53.222 | 53.754 | 54.292 | 54.835 | 55.383 | 55.937 | 56.496 | 57.061 | 57.632 | 58.208 |
Financial Services, Digital Mobility & Neue Geschäftsfelder | 23.775 | 24.964 | 26.212 | 27.523 | 29.174 | 31.508 | 34.659 | 38.818 | 44.252 | 51.332 |
Schritt 2: Die Margen
Die nächste Frage ist, wie viel Betriebsgewinn (EBIT) wohl von den Einnahmen übrig bleiben wird. Hier habe ich die Aussage vom Chef Dieter Zetsche berücksichtigt, der meinte, dass die Elektromobilität auf die Margen schlagen wird. Wenn es 2020 richtig losgeht und der Anteil von Elektrofahrzeugen am Absatz zunimmt, dann zeigt die Tendenz wohl nach unten. Auch bei den Nutzfahrzeugen erwarte ich zumindest einen geringfügigen Effekt. Im dritten Segment rechne ich hingegen mangels weiterer Annahmen mit konstanten Werten.
EBIT-Marge in Prozent | 2017 | 2018 | 2019 | 2020 | 2021 | 2022 | 2023 | 2024 | 2025 | 2026 |
Cars | 9,7% | 9,5% | 9,5% | 9,0% | 8,5% | 8,0% | 7,5% | 7,0% | 7,0% | 7,0% |
Trucks/Vans/Bus | 7,1% | 7,5% | 7,5% | 7,5% | 7,0% | 6,5% | 6,0% | 6,0% | 6,0% | 6,0% |
Financial Services, Digital Mobility & Neue Geschäftsfelder | 8,3% | 8,0% | 8,0% | 8,0% | 8,0% | 8,0% | 8,0% | 8,0% | 8,0% | 8,0% |
Aus der Multiplikation von Umsatz und EBIT-Marge ergibt sich der Betriebsgewinn:
Operativer Gewinn | 2017 | 2018 | 2019 | 2020 | 2021 | 2022 | 2023 | 2024 | 2025 | 2026 |
Cars | 9.185 | 9.176 | 9.359 | 8.956 | 8.543 | 8.120 | 7.613 | 7.034 | 6.894 | 6.687 |
Trucks/Vans/Bus | 3.804 | 4.032 | 4.072 | 4.113 | 3.877 | 3.636 | 3.390 | 3.424 | 3.458 | 3.492 |
Financial Services, Digital Mobility & Neue Geschäftsfelder | 1.970 | 1.997 | 2.097 | 2.202 | 2.334 | 2.521 | 2.773 | 3.105 | 3.540 | 4.107 |
Schritt 3: Die Überleitung zum Nettoergebnis
Vom EBIT ist es nur noch ein kleiner Schritt bis zur „bottom line“, also dem Nettoergebnis. Effekte der Segmente untereinander müssen herausgerechnet und nicht zugeordnete Kosten der Zentrale genauso wie Zinsen und Steuern abgezogen werden. Zum Schluss sind noch die Gewinne, welche Joint-Venture-Partnern oder Aktionären von börsennotierten Töchtern zustehen, abzuziehen.
Nettogewinn in Mio. EUR | 2017 | 2018 | 2019 | 2020 | 2021 | 2022 | 2023 | 2024 | 2025 | 2026 |
Operativer Gewinn | 14.959 | 15.205 | 15.528 | 15.270 | 14.753 | 14.277 | 13.775 | 13.563 | 13.892 | 14.286 |
Zinsen/Überleitung/Sonstiges | -658 | -658 | -658 | -658 | -658 | -658 | -658 | -658 | -658 | -658 |
Vorsteuerergebnis | 14.301 | 14.547 | 14.870 | 14.612 | 14.095 | 13.619 | 13.117 | 12.905 | 13.234 | 13.628 |
Steuern (24%) | -3.437 | -3.491 | -3.569 | -3.507 | -3.383 | -3.269 | -3.148 | -3.097 | -3.176 | -3.271 |
Konzernergebnis (Nettogewinn) | 10.864 | 11.055 | 11.301 | 11.105 | 10.712 | 10.350 | 9.969 | 9.808 | 10.058 | 10.357 |
Minderheitsanteile (3%) | -339 | -332 | -339 | -333 | -321 | -311 | -299 | -294 | -302 | -311 |
Konzernergebnis, den Aktionären zustehend | 10.525 | 10.724 | 10.962 | 10.772 | 10.391 | 10.040 | 9.670 | 9.514 | 9.756 | 10.047 |
Anmerkung: 2017 sind tatsächliche Werte aus dem Geschäftsbericht 2017
Schritt 4: Der Ertragswert und der interne Zinsfuß
Jetzt haben wir also eine Zeitreihe der erwarteten Gewinne und die pendeln bei mir recht konstant um die Marke von 10 Mrd. Euro. In der Folge gehe ich davon aus, dass Daimler seine Gewinne „ewig“ mit einer Rate von 2 % steigern kann. Schließlich werden ja nicht alle Gewinne ausgeschüttet und stattdessen ein Teil in das Wachstum investiert.
Nun können wir zwei Dinge machen: entweder wir überlegen uns einen Abzinsungssatz – gebildet aus dem risikofreien Zins und einer passenden Risikoprämie –, um von dort aus einen fairen Unternehmenswert zu bestimmen; oder wir nehmen den Unternehmenswert zunächst als fair an, um den zugehörigen Abzinsungssatz (auch “interner Zinsfuß” genannt) zu erhalten.
Ich habe in diesem Fall die zweite Option gewählt. Denn so erkennen wir leicht, mit welcher langfristigen Rendite wir jährlich rechnen dürfen, wenn das geschätzte Szenario eintrifft. Bei mir kommen beim aktuellen Börsenwert von 70,4 Mrd. Euro (27.04.) stattliche 17,1 % heraus. Das heißt, dass eine Investition in die Daimler-Aktie letztlich gleich viel abwerfen sollte, wie eine Festzinsanlage mit gut 17 %.
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Hier sind vier Schritte, die man unserer Meinung nach immer vor Augen haben sollte, wenn der Aktienmarkt einen Rücksetzer erlebt.
Ralf Anders besitzt keine der erwähnten Aktien. The Motley Fool empfiehlt Daimler.