21 % Minus: Möglicherweise ist die RIB Software-Aktie wegen eines Missverständnisses von der Klippe gestürzt
Huppa, so schnell kann´s gehen: Der Börsenstar RIB Software (WKN:A0Z2XN) war am Freitag (23.03.) einer der ganz großen Tagesverlierer. Rund 20 % ging es nach unten. Das Management hatte die Anleger mit einer schwer verständlichen Strategieanpassung samt Anteilsverwässerung überrascht.
Das ist im Detail passiert
Seit Sommer 2016 erfreut RIB Software ihre Aktionäre mit immer neuen Kurssprüngen. Von damals einstelligen Niveaus ging es in kurzer Zeit über die Marke von 30 Euro hinaus. Noch vor wenigen Tagen schien die Welt in Ordnung zu sein. Ende Februar wurde eine strategische Allianz mit Microsoft (WKN:870747) vereinbart, um eine branchenspezifische Cloud-Plattform für das Bauwesen zu schaffen. Auch die Übernahme von Datengut Leipzig, welche eine Lösung für die digitale Bauakte entwickelt hat, kam ausgezeichnet an.
Die Analysten von Kepler Cheuvreux und der Berenberg Bank gaben am 19.03. begeistert Kaufempfehlungen mit Kurszielen von 35 und 40 Euro heraus. RIB könne es mit Rückendeckung der Amerikaner schaffen, den Industriestandard zu setzen und der Ausblick für 2018 sei ausgezeichnet.
Am 23.03. folgte der jähe Absturz. Am Donnerstag nach Börsenschluss informierte der Verwaltungsrat, dass das Grundkapital durch die Ausgabe von neuen Aktien um 10 % erhöht wird, und zwar im Rahmen einer Privatplatzierung ohne Bezugsrecht für die Aktionäre.
Ja, und?
Das Geld soll für drei Dinge genutzt werden: Erstens will RIB sicherstellen, dass jederzeit ein solider Barmittelbestand von 100 Mio. Euro verfügbar ist, um gegenüber großen Partnern und Kunden auf Augenhöhe gegenübertreten zu können. Zweitens stehen erhebliche Investitionen im Zusammenhang mit der vorgenannten Cloud-Plattform an und drittens will das Management weiterhin über gezielte Zukäufe die Technologieposition verbessern.
Hört sich alles erst mal einigermaßen vernünftig an. Dem zuständigen Analysten von Warburg Research gefällt das aber ganz und gar nicht. Schon gleich am Freitag wurde das Urteil von Kaufen auf Verkaufen gedreht. Vor allem an neuen Details zur Cloud-Strategie stört er sich. Da seien die Erwartungen wohl zu hoch gewesen.
Statt schlanker Software-as-a-Service-Angebote, wie man es heute im Bezug auf Cloud-Plattformen erwartet, scheint es sich laut seiner Interpretation eher um klassisches Software-Hosting zu handeln, womit heutzutage kaum mehr ein Blumentopf zu gewinnen sei.
Und jetzt?
Ich kann mir allerdings gut vorstellen, dass es sich hier um ein Missverständnis handelt. In der Meldung vom Februar wird klar betont, dass die Lösung in Microsofts Azure-Umgebung laufen wird, wobei die Amerikaner auch ihr Mixed-Reality-Know-how rund um ihre HoloLens-Brille einbringen wollen.
Der springende Punkt ist wohl das Wort „Frontend“ in der aktuellen Veröffentlichung. Dabei geht es um kundenspezifische Anpassungen an die Nutzeroberfläche. Dafür will das RIB-Management internationale IT-Dienstleister über Zuschüsse enger an sich binden, damit sich diese in die RIB-Lösungen einarbeiten und dann die Vertriebspower erhöhen.
Könnte RIB also nach dem Einbruch wieder ein Schnäppchen sein? Ich denke nicht, es handelt sich eher um eine Normalisierung auf hohem Niveau. Um weit über 1 Mrd. Euro Marktkapitalisierung zu rechtfertigen, muss das Software-Unternehmen noch viele Jahre schnell wachsen — möglich, aber nicht leicht.
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Ralf Anders besitzt keine der erwähnten Aktien. Teresa Kersten arbeitet für LinkedIn und sitzt im Vorstand von The Motley Fool. LinkedIn gehört zu Microsoft. The Motley Fool empfiehlt RIB Software.