So günstig ist der DAX wirklich
Anfang Februar wurden die Börsen zum ersten Mal seit Langem mal wieder ein wenig durcheinander gewirbelt.
Wirklich schlimm war das alles allerdings überhaupt nicht. Der S&P 500 zum Beispiel wurde gerade einmal auf seinen Wert fünf Monate vorher zurück geworfen. Auch der DAX stand bei diesem Zwischentief noch immer 50 % höher bei seinem Hoch vor der Finanzkrise.
Ich würde daher nicht unbedingt behaupten wollen, dass dieser kurze, aber stark wirkende Rücksetzer Schnäppchenalarm bedeutete.
Einige Börsianer schienen dies anders gesehen zu haben, und tun dies aktuell auch noch. Und bei einem Blick auf das Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) des DAX kann man diese Meinung sogar sehr gut nachvollziehen.
Laut boerse.de zeigt der DAX aktuell (Stand 21. Februar) ein KGV von 14, während der historische Durchschnitt (von 1980 bis heute) des KGVs beim DAX bei 19 liegt. Zwischen Anfang der 1980er und Anfang der 2000er Jahre gab es sogar einen Zeitraum von zwei Jahrzehnten, in dem man eine solch niedrige Bewertung wie heute nicht ein einziges Mal wirklich gesehen hat.
Der DAX scheint also klar unterbewertet.
Aber Vorsicht
Glaube keiner Statistik, die du nicht selbst gefälscht hast, sagt man ja immer.
Und wie eigentlich immer, lohnt sich auch hier ein genauerer Blick, um zu verstehen, was wirklich Sache ist. Lass uns mal auf zwei Dinge schauen, die in der deutschen Wirtschaft und im DAX doch eine überdurchschnittliche Rolle spielen: die Autoindustrie sowie Banken/Versicherungen.Autoindustrie
Wie du bestimmt mitbekommen hast, steht die Autoindustrie aktuell vor einigen Herausforderungen. Die Digitalisierung, autonomes Fahren oder die Elektromobilität sind nur drei der Trends, die Autobauer und ihre Zulieferer in den kommenden Jahren vor sehr große Herausforderungen stellen dürften.
Dass Unternehmen in diesem Bereich in einigen Jahren noch dieselben Gewinne einfahren wie heute, ist nicht gegeben. Das sieht offensichtlich auch die Börse so: Die Aktien von Autobauern und ihren Zulieferern sind derzeit besonders günstig. Rechnet man die vier DAX-Unternehmen in dieser Industrie zusammen, kommt man aktuell (am 21. Februar) auf ein KGV auf Basis der Gewinne in den letzten 12 Monaten von 9,2.
Zum Vergleich: Der gesamte DAX zeigt ein KGV auf Basis der Gewinne der letzten 12 Monate von aktuell 17,0. (Zum Verständnis: Diese Zahl unterscheidet sich von der Zahl bei boerse.de, da boerse.de offenbar mit einem anderen Gewinn arbeitet – zum Beispiel mit dem voraussichtlichen Gewinn des Jahres 2017 aller Unternehmen, oder einem normalisierten Gewinn. Das spielt für die Analyse jedoch keine Rolle, solange wir konsistent bleiben, das heißt, solange wir „meine“ Zahlen nur mit meinen Zahlen vergleichen und nicht mit den Zahlen von boerse.de, die eine andere Berechnungsbasis haben.)
Banken/Versicherungen
Bei den Banken und Versicherungen sieht die Situation anders aus. Diesen bereitet unter anderem das Niedrigzinsumfeld spezielle Herausforderungen. Dazu kommen noch ganz individuelle Probleme, zum Beispiel bei der Deutschen Bank, die in den letzten 12 Monaten laut S&P Global Market Intelligence einen Verlust von rund einer halben Milliarde Euro erwirtschaftete.
Eine Betrachtung des KGVs macht daher bei der Deutschen Bank wenig Sinn (bei Unternehmen aus dem Finanzbereich ist diese Kennzahl sowieso noch weniger bedingt aussagekräftig als bei Unternehmen aus anderen Bereichen) – und die KGVs der Commerzbank (156) und der Münchener Rück (336) geben eben auch ein verzerrtes Bild ab.
So steht es wirklich um die Bewertung des DAX
Ich denke, es macht deshalb Sinn, die Bewertung des DAX entsprechend differenziert zu betrachten. Und dann sieht das Bild so aus:
KGV | |
DAX | 17,0 |
DAX (ohne Auto & Banken/Versicherungen) | 21,5 |
DAX (nur Banken/Versicherungen) | 23,3 |
DAX (nur Auto) | 9,2 |
Datenquelle: S&P Global Market Intelligence; Stand: 21.02.2018
Betrachtet man den DAX ohne die Unternehmen aus den besprochenen „Problembranchen“ kommen wir also auf ein KGV von 21,5. Das sieht schon ganz anders aus, auch im historischen Kontext.
Unter Anbetracht der historisch niedrigen Zinsen, halte ich diese Bewertung zwar nicht für total übertrieben. Aber als Schnäppchenjäger hat man es in diesem Umfeld trotzdem alles andere als leicht.
Es sei denn, man glaubt, dass der Markt die deutsche Automobilindustrie unterschätzt. Dann könnte das KGV von unter 10 durchaus sehr attraktiv sein.
Insgesamt halte ich jedoch die Meinungen, dass die Bewertungen im DAX zurzeit insgesamt nicht hoch seien und man einfach blind den gesamten Markt kaufen kann, für zu optimistisch. Aber es gibt im Markt noch immer die eine oder andere attraktive Investmentchance. Die Suche danach lohnt sich. Und bei einem Rückgang im Markt gleich doppelt.
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Bernd Schmid besitzt keine der erwähnten Aktien. The Motley Fool besitzt keine der erwähnten Aktien.