Steigt die Gazprom-Aktie nur mit dem Ölpreis?
Die Aktie des russischen Energieunternehmens Gazprom (WKN:903276) bewegt sich schon seit ungefähr fünf Jahren in einem Seitwärtskorridor. Nach erneut tiefen Kursen im Sommer konnte sich die Aktie aber zuletzt wieder deutlich erholen.
Die Frage ist bloß, ob die Aktie einfach nur die Erholung an den Rohstoffmärkten widerspiegelt, oder ob da etwas mehr dahintersteckt. Ein Blick auf ein paar Entwicklungen gibt hier den richtigen Kontext.
Die neuesten Zahlen waren gut, verraten aber nicht unbedingt besonders viel
Wer sich gerade mit Gazprom beschäftigt, wird schnell feststellen, dass die neuen Geschäftszahlen erst kürzlich veröffentlicht wurden. Die sahen auf den ersten Blick auch noch richtig gut aus.
Im dritten Quartal dieses Jahres wurde mehr Gas als im gleichen Zeitraum im Vorjahr abgesetzt und das zu höheren Preisen. Das führte zu mehr Umsatz und mehr Gewinn. Auf der anderen Seite war der Cashflow geringer als im Vorjahresquartal. Die Börse scheint sich auch nicht entscheiden zu können, wie sie die Ergebnisse deuten soll. Eine eindeutige Reaktion gab es nicht, ein bisschen Minus musste die Aktie aber hinnehmen.
Das liegt wahrscheinlich auch daran, dass die Zahlen einfach gestiegene Preise an den Rohstoffmärkten widerspiegeln, deren Einfluss auf die Ergebnisse bereits absehbar war. Langfristig mindestens genauso wichtig ist die grundlegende operative Entwicklung, und auch die dürfte in letzter Zeit den Aktienkurs beeinflusst haben.
Die Pläne um Nord Stream 2 lassen sich nicht kleinkriegen
Die vielen Entwicklungen im Streit um die geplante Gazprom-Pipeline Nord Stream 2 könnten mittlerweile schon ein ganzes Buch füllen. Sogar in den letzten Tagen gab es wieder eine ganze Liste an Nachrichten zu vermelden. Viele einzelne Länder, darunter Dänemark und Polen, versuchen noch immer sich gegen das Großprojekt zu stellen. Außerdem versucht die EU alles so hinzubiegen, damit sie am Ende doch noch Mitspracherecht bekommt, und so den Bau der Pipeline entweder verhindern oder nach ihren Wünschen an Auflagen binden kann.
Was sich aber auch immer wieder im Laufe des Jahres gezeigt hat, ist, dass sich die Pläne nicht so schnell kleinkriegen lassen. Das Management hat schon so manche Hürde, wie die Finanzierung oder die mögliche Durchquerung dänischer Gewässer, zu meistern gewusst und das könnte auch so bleiben. Vor allem Deutschland stellt sich immer noch hinter das Projekt, aus einem guten Grund, der vielleicht auch die positive Entwicklung der Aktie erklären kann.
Europa braucht russisches Gas
Auch wenn Politiker gerne über Interessenskonflikte diskutieren und auch mal – vor allem wenn es um Russlands Präsidenten Putin geht – einfach aus Prinzip gegen manche Projekte sind, kommen sie an infrastrukturellen Realitäten nicht vorbei. Europa braucht dringend das verlässliche und relativ preiswerte russische Gas. Die 55 Mrd. Kubikmeter zusätzliche Gaskapazität, die Nord Stream 2 jährlich bringen würde, sind mittelfristig unabdingbar.
Sowieso hat sich die wichtige Rolle Gazproms für die Versorgungssicherheit in letzter Zeit verstärkt gezeigt. Die russische Tageszeitung Kommersant hatte kürzlich berichtet, dass Gazprom in diesem Jahr bis September in der EU einen Anteil am Gasmarkt in Höhe von 34 % hatte.
Die europäischen Förderer liefern immer weniger und Flüssiggas kann noch lange nicht im großen Umfang den europäischen Markt versorgen. Anleger scheinen also in den letzten Monaten gemerkt zu haben, dass an Gazprom kein Weg vorbeiführt und haben der Aktie wieder neue Beachtung geschenkt.
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Marlon Bonazzi besitzt keine der erwähnten Aktien. The Motley Fool besitzt keine der erwähnten Aktien.