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Talfahrt bei Evotec – jetzt als Turnaround kaufen?

Achterbahnfahrt
Foto: Getty Images

Bei Evotec scheiden sich die Geister, denn die einen trauen der Aktie sehr viel zu und machten das Papier zum erfolgreichsten TecDAX-Titel dieses Jahres. Die anderen warnten vor der viel zu hohen Bewertung und sahen ein weitaus niedrigeres Kursziel als fair an. Jetzt mal Butter bei die Fische und Tacheles geredet, was man davon halten soll.

Der Kursverlauf  in 2017

Evotec (WKN:566480) dümpelte von 2010 bis Mitte 2016 bei Aktienkursen um die drei Euro herum und machte nach Verlusten in den Vorjahren in 2015 endlich Gewinne. Seitdem ging es positiv weiter, sodass in 2016 gegenüber 2015 der Reingewinn um 63 % von ca. 17 auf 27 Mio. Euro anstieg.

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Durch die kürzlich erfolgte Übernahme von Aptuit konnte Evotec natürlich seine eigenen Prognosen in diesem Jahr auf ein Umsatzwachstum von mindestens 40 % (zuvor mindestens 15 %) sowie ein Gewinnwachstum von mindestens 50 % anheben. Viele Analysten rechnen jetzt mit einem dauerhaften Umsatzwachstum von 10–15 % pro Jahr.

Im Oktober 2017 wurde gar ein Mehrjahreshoch in der Spitze über 22,50 Euro erreicht, das einer Marktkapitalisierung von mehr als 3,3 Mrd. Euro entsprach. Das rief aufgrund der sehr sportlichen Bewertung Leerverkäufer wie Lakewood Capital Management auf den Plan, die ein Kursziel von unter 10 Euro ausriefen.

Was ist Evotec?

Ich möchte zunächst ein anderes Beispiel aus der Wirtschaft bringen, um Anlegern den Unterschied deutlich zu machen. Nehmen wir einen Schuhhersteller, der Millionen von Schuhen herstellt und mehrere Mrd. Euro Umsatz macht. Dieser möchte einen neuen Schuh anbieten und beauftragt einen Schuhdesigner mit der Entwicklung dieses neuen Modells. Der Schuhhersteller zahlt dem Designer dafür 50.000 Euro.

Ähnliches gilt für Evotec, das als reines Auftragsforschungs-Unternehmen dem Designer aus obigem Beispiel entspricht. Die als Auftraggeber auftretenden Pharmafirmen sind die Schuhhersteller. Fakt ist, dass die Pharmafirmen mit Medikamenten das große Geld verdienen, während Evotec nur relativ geringe Projekt-gebundene Zahlungen erhält.

Pharmafirmen schätzen die Möglichkeit der Auslagerung von Forschungsaktivitäten, da sie selbst nicht die Experten einstellen müssen, um an das Knowhow zu kommen. Zudem können sie jederzeit Projekte stoppen, wenn die Ergebnisse enttäuschen und haben dann keine Mitarbeiter auf der Gehaltsliste, bei denen sie nicht wissen, was sie mit ihnen nun anfangen sollen.

Evotec ist demnach ein echtes Biotech-Dienstleistungsunternehmen und kein Biopharmawert. Und natürlich werden diese im Allgemeinen aufgrund der großen Unterschiede bei Wachstumspotential als auch Kursphantasie unterschiedlich bewertet.

Wie sollte man Evotec bewerten?

Aus meiner Sicht sollte man Evotec deshalb eher bewerten wie einen Zahlungsdienstleister Wirecard (WKN:747206) anstatt wie ein echtes Biopharma-Unternehmen wie bluebird bio (WKN:A1W025). Die Wachstumsaussichten bei Erfolg sind nahezu astronomisch unterschiedlich.

Angesichts eines prognostizierten durchschnittlichen Umsatzwachstums von 10–15 % p. a. sowie eines durchschnittlichen Gewinnwachstums von über 20 % pro Jahr, würde ich ein KGV (Kurs-Gewinn-Verhältnis) von 30 bis 40 ähnlich wie bei Wirecard als realistisch ansehen.

Zum 31.12.2015 wurde die Evotec-Aktie noch mit 4,17 Euro gehandelt, was damit bei einem Gewinn je Aktie von 0,13 Euro einem KGV von 32,1 entsprach. Damals befanden wir uns also noch in diesem angesprochenen KGV-Sektor zwischen 30 und 40.

Wenn man deshalb ein KGV von 40 als fair betrachtet, ergeben sich folgende Schlussfolgerungen:

2017 2018
Voraussichtlicher Gewinn je Aktie in Euro 0,28 0,42
KGV bei Mehrjahreshoch von 22,50 Euro 80,4 53,6
KGV bei Kurs von 12,72 Euro am 16.11.2017 45,4 30,29

Tab. 1 KGV anhand prognostiziertem Gewinn

Wie aus Tab. 1 demnach abzuleiten ist, ist die Evotec-Aktie mit dem Mehrjahreshoch von 22,50 Euro beim KGV für 2017 und 2018 weit von einem von mir als fair bezeichneten KGV von 40 entfernt. Das derzeitige Kursniveau sieht hingegen viel realistischer aus und nähert sich den Werten aus 2015 an.

Evotec ist ein deutscher Biotech-Primus

Der vorige Diskurs beschäftigte sich rein mit der Logik hinter den Zahlen. Damit sollte aber nicht verschwiegen werden, wie hervorragend Evotec als Unternehmen jetzt aufgestellt ist.

Mit der 300 Millionen US-Dollar teuren Übernahme des US-Mitbewerbers Aptuit will das TecDAX-Unternehmen sein Angebot deutlich ausbauen. Aptuit ist profitabel und sollte sich daher positiv auf sowohl Umsatz als auch Gewinne auswirken.

Neue Allianzen wurden eingegangen mit Abivax, Blackthorn Therapeutics, Dermira, STORM Therapeutics und Tesaro. Die Allianz mit Bayer (WKN:BAY001) im Endometriose-Projekt wird weitergeführt und trägt damit Früchte.

Darüber hinaus wurden wichtige Meilensteine erreicht, wie mit Celgene (WKN:881244) zur Neurodegeneration oder mit Sanofi zur Diabetes. Hier ist insbesondere Evotecs Expertise bei induzierten pluripotenten Stammzellen (iPS) zu nennen, die heute eine außerordentlich wichtige Screening-Plattform darstellen.

Auch zu nennen ist der Einstieg der Novo Holdings A/S als neuer strategischer Investor mit mehr als 10 % Unternehmensanteil.

Fazit

Das derzeitige Kursniveau ist nun wesentlich attraktiver für den Erwerb der Aktie und spiegelt aus meiner Sicht eher den fairen Wert von Evotec wider. Die Investmentbank Oddo BHF hat Evotec am 09.11. nach dem jüngsten Kursrutsch von Neutral auf Buy hochgestuft.

Die Kursverluste seien übertrieben, schrieb Analyst Igor Kim in einer Studie vom Donnerstag. Er hob das Kursziel zudem von 14 auf 20 Euro an, um noch optimistischere eigene Erwartungen als bisher für das übernommene Unternehmen Aptuit zu reflektieren.

Fakt ist, dass das Risiko unverhältnismäßig geringer als bei Biopharmawerten wie bluebird bio ist, denn Evotec macht Auftragsforschung. Maßgebend für das geringere Risiko sind die Vielzahl an Vertragspartnern, ein prognostiziertes stabiles Umsatzwachstum von ca. 15 % pro Jahr sowie die exzellente Expertise von Evotec als Forschungspartner für die Pharmaindustrie.

Ich würde Evotec immer noch nicht als Schnäppchen bezeichnen, aber sicher als derzeit solides Investment.

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Stefan Graupner besitzt Aktien von Celgene. The Motley Fool besitzt und empfiehlt Aktien von Bluebird Bio und Celgene. The Motley Fool empfiehlt Novo Nordisk.



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