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Nach dem Pirelli-Börsengang: Continental unter Zugzwang

Continental PremiumContact Reifen 2017
Bild: Continental Mediacenter

Der renommierte italienische Reifenhersteller Pirelli (WKN:A2DX1M) ist wieder auf dem Kurszettel zu finden. Ich habe das zum Anlass genommen, diese Italiener etwas genauer unter die Lupe zu nehmen und gleichzeitig zu überlegen, was wohl die Implikationen für den Konkurrenten Continental (WKN:543900) sind. Dabei bin ich zu dem Schluss gekommen, dass die Deutschen nun zu organisatorischen Schritten gedrängt werden könnten. Aber zunächst Pirelli:

Zurück an der Börse

Pirelli befindet sich im Ranking der wertvollsten italienischen Marken (Brand Finance, 2017) unter den Top 20 — hinter Ferrari, Gucci und Kinder-Schokolade, aber vor Lamborghini, Versace und Nutella. Ich fand es etwas schade, dass so ein großartiges Unternehmen in einem chinesischen Konglomerat unterzugehen drohte. Mit dem Comeback an der Mailänder Börse erstrahlt es nun in neuem Glanz.

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In einem mehrstufigen Prozess wurden zuvor die Geschäfte neu geordnet. So wurde das eher ertragsschwache Nutzfahrzeuggeschäft abgegeben an die ChemChina-Tochter China National Tire & Rubber, welche unter dem Dach von Aeolus Tyre einen Großreifen-Champion schmiedete. Im Gegenzug hat Pirelli das PKW-Reifengeschäft mit entsprechenden Standorten von Aeolus Tyre verstärkt, sodass nun eine saubere Trennung besteht. Zumindest fast, denn die börsennotierte Aeolus hält noch 20 % an der früheren Tochter, welche heute Pirelli Tyre (Jiaozuo) heißt.

Praktischerweise wurden die Unternehmensanteile im Zuge einer konzerninternen Eigenkapitalerhöhung in exakt 1 Milliarde Aktien aufgeteilt — da lässt sich die Marktkapitalisierung leicht im Kopf ausrechnen. 40 % davon werden seit Anfang Oktober an der Börse gehandelt. ChemChina wird faktisch die Kontrolle behalten, aber auch der langjährige Chef und Schwiegersohn des Pirelli-Gründerenkels, Marco Tronchetti Provera, sowie weitere Miteigentümer bleiben über eine Holdingstruktur als Minderheitsaktionäre an Bord.

Die Bewertung

Bis jetzt bewegt sich der Kurs innerhalb einer engen Bandbreite um 6,50 Euro (Stand 12.10.). Bei erwarteten Umsätzen von über 5 Milliarden Euro für das laufende Jahr und einer bereinigten operativen Marge von über 15 % wirkt das nicht besonders teuer. Zwar dürfte das Nettoergebnis zum 31. Dezember durch die ganzen Restrukturierungsaufwendungen sowie Belastungen durch höhere Rohstoffpreise und die Eurostärke noch eher schwach ausfallen.

Mittelfristig sollten jedoch 300 bis 500 Millionen Euro pro Jahr an Gewinn zur Verfügung stehen, was einem Kurs-Gewinn-Verhältnis von unter 20 entspräche und längerfristig sogar auf einstellige Werte hoffen ließe. Mit rund 4 Mrd. Euro den Aktionären zustehendem Eigenkapital ist auch einiges an Substanz vorhanden. So wie sich das für mich darstellt, könnte Pirelli also ein durchaus attraktives Investment sein — gerade im Vergleich zum Automobilzulieferer-Mischkonzern Continental.

Darum könnte Conti jetzt unter Zugzwang geraten

Viele Anleger bevorzugen nämlich Spezialisten. Wer zum Beispiel davon ausgeht, dass die Nachfrage nach Reifen steigen wird, der wird sich nicht unbedingt noch allerlei Automobiltechnik ins Depot holen wollen. Aber auch wenn jemand gerade diese Kombination mag, muss er nicht zwingend auf Continental setzen, sondern kann sich stattdessen das optimale Paar selbst zusammenstellen. Erstklassige Automobiltechnik gibt es beispielsweise auch bei Valeo (WKN:854052), Denso (WKN:858734) oder Delphi (WKN:A1JPLB).

Wenn es um reine Reifenhersteller geht, dann konnte man schon immer Aktien des Marktführers Michelin (WKN:850739) kaufen. Goodyear (WKN:851204) und Bridgestone (WKN:857226) wären weitere Alternativen. Aber gerade Pirelli, mit seiner Premium-Fertigung in Deutschland und der außergewöhnlichen Marktposition bei Oberklasse- und Prestigefahrzeugen, ist ein besonderer Rivale der Hannoveraner.

Strategische Optionen

Deshalb denke ich, dass die Verantwortlichen bei Continental über kurz oder lang ein Konzept vorlegen werden, um den Aktionären ein gezielteres Investieren zu ermöglichen. Denkbar wären hierzu verschiedene Wege. Am einfachsten wäre eine saubere Aufspaltung in zwei Teile, ähnlich wie es zuletzt die Metro vorgemacht hat. Eine Wachstumsfinanzierung der Technologieseite mit den hohen Bargeldzuflüssen der Reifenseite wäre dann allerdings nicht mehr möglich.

Besser gefallen würde mir der typische Siemens-Weg, wie wir das z. B. mit Gamesa erlebt haben: Das Herausschälen einer Geschäftseinheit, um sie dann mit einem spezialisierten Konkurrenten zu verschmelzen, wobei die Aktienmehrheit beim Mutterkonzern verbleibt. Theoretisch könnte in diesem Fall sogar Pirelli der Partner sein, womit die beiden zum Spitzentrio der Reifenbranche aufschließen würden.

Genauso interessant wäre aber auch der RWE-Weg, also der Börsengang der innovativeren Sparte, während die Aktienmehrheit daran sowie der stabile Erträge liefernde Teil in der Holding verbleiben. Das hätte den Vorteil, dass die Gewinne des Reifengeschäfts sowohl für Dividenden, als auch für etwaige Eigenkapitalerhöhungen der dann eigenständigen Technologie-Tochter genutzt werden könnten.

Da kommt noch was

Viele der großen Automobilzulieferer haben in den letzten Jahren Randaktivitäten verkauft, um im Gegenzug eine starke Marktposition im spezialisierteren Kerngeschäft zu erreichen. Gegen den Trend hat sich Continental immer breiter aufgestellt. Das hat zwar ganz gut funktioniert, aber mittlerweile wird es Zeit, wieder etwas mehr Fokus hereinzubekommen.

Gerade jetzt, nach dem Börsengang von Pirelli, wird für mich besonders deutlich, dass hier Handlungsbedarf besteht. Ich denke, dass eine wie auch immer geartete Aufspaltung der beiden Conti-Sparten wichtig wäre, um die Aktie attraktiver zu machen.

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Ralf Anders besitzt keine der erwähnten Aktien. The Motley Fool besitzt keine der erwähnten Aktien.



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