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Ein Öl- und Gas-CEO richtet eine Warnung an den Rest der Industrie

Foto: The Motley Fool.

Ein Investor in den Bereich Öl und Gas tut sich selbst keinen Gefallen, wenn er nicht jedes Quartal auf das Management von Schlumberger (WKN:483882) hört. Als weltgrößtes Unternehmen im Bereich Öldienstleistungen mit Kunden angefangen von Microcap-Produzenten bis hin zu Saudi Aramco kennt das Unternehmen diese Industrie besser als jeder andere.

Im letzten Quartal sprach CEO Paal Kibsgaard wieder über die Richtung des Ölmarktes. Dabei sprach er besorgniserregende Trends an, auf die niemand zu achten scheint. Er beschuldigte auch die Wall Street, die amerikanische Schieferölindustrie in irrationaler Weise zu unterstützen.

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Wenn du die Möglichkeit dazu hast, solltest du den ganzen Vortrag lesen. Wenn du allerdings nicht viel Zeit hast, dann stelle ich dir hier ein paar der Argumente vor und was das für die Zukunft der Ölindustrie bedeuten könnte.

Ist die amerikanische Schieferölproduktion irrational?

Die amerikanische Öl- und Gasproduktion war in den letzten 15 Jahren ein wahres Wunder. Denken wir nur an die Jahre 2005 bis 2007. Die Ölproduktion war auf 5 Millionen Barrel pro Tag gesunken und die USA importiert mehr als zwei Drittel n des eigenen Bedarfes. Die Preise lagen bei 100 US-Dollar pro Barrel und stiegen jeden Tag weiter. Die Gasproduktion sank soweit, dass schon befürchtet wurde, es müssten Terminals für den Import gebaut werden.

Durch die Entwicklung der Technologie, die Schieferölproduktion wirtschaftlich sinnvoll macht, haben die USA jetzt ein Ölreservoir, das mit dem größten auf der Welt mithalten kann. Zusätzlich haben die USA eine Erdgasversorgung, die 100 Jahre halten könnte und auch noch einen vernünftigen Preis hat.

So toll wie das alles klingt, Kibsgaard kommt mit der kalten Dusche. Er glaubt, dass das schnelle Sinken der Kostendeckung für Schieferöl zu einer Welle von irrationaler Überheblichkeit von Seiten der Investoren geführt hat. Gleichzeitig hat es zu einem nicht nachhaltigen Wachstum geführt.

Die Produktion in den USA stellt aktuell etwa 8 % der weltweiten Ölproduktion dar, sie wird aber größtenteils von den Investoren angetrieben, die das kurzfristige Produktionswachstum trotz schlechter wirtschaftlicher Gegebenheiten belohnen.

Das wird unterstützt von einer Herangehensweise an das Bohren und die Produktion, die schnell skalierbar ist und niedrige Eintrittsbarrieren hat. In diesem Markt versucht man eher Kursgewinne anstatt einen höheren Cashflow zu erzielen. Gleiches gilt für den Reingewinn und die Kapitalrendite in diesem Bereich.

Obwohl diese schnelle Produktion in den USA schon die Bewertungen und die Kurse gedämpft haben, wie auch die Bewertung von solchen Investitionen, ist der Appetit der Investoren nach zusätzlichem Produktionswachstum noch nicht gestillt.

Kibsgaard hat hier ein gutes Argument. Vor nicht allzu langer Zeit, im Jahr 2014, nahmen die unabhängigen amerikanischen Öl- und Gasproduzenten jede Menge Schulden auf, um ein zweistelliges Produktionswachstum pro Quartal zu erziehen. Wir hörten immer wieder, die Produzenten würden schon mit der Herausforderung wachsen. Das führte aber zum Disaster, als der Ölpreis von 110 US-Dollar pro Barrel im Januar 2016 auf nur mehr 26 US-Dollar fiel. Wir wissen, wie diese Geschichte ausgegangen ist.

Seither sind die Produzenten deutlich effizienter geworden und können auch schon bei 50 US-Dollar pro Barrel eine Rendite generieren. Das ändert aber nicht die Tatsache, dass viele immer noch mehr für Wachstum ausgeben, als sie pro Quartal verdienen. Das ist ein nicht nachhaltiger irrationaler Trend. Alan Greenspan sprach im Jahr 1996 schon von der irrationalen Überheblichkeit und es dauerte noch weitere vier Jahre, bis die Dotcom-Blase platzte. Wir wissen also nicht, wie lange dieses irrationale Verhalten noch anhalten wird.

Die größten Verlierer

Nichts verkauft Zeitungen besser oder bekommt mehr Klicks als der Kampf der USA gegen die OPEC. Zwischen den Ölkrisen der 1970er, dem persischen Golfkrieg oder der Ölkrise im Jahr 2000, die Dominanz der OPEC des globalen Ölmärktes ist ein immer wieder gern genommenes Ziel. Als die amerikanische Ölproduktion dank dem Schieferöl abhob, schrieb jeder Journalist darüber, wie die Schieferölproduktion sich auf die OPEC und andere Rivalen der Amerikaner auf dem Ölmarkt wie Russland auswirken würde. Alle sprachen davon, dass die Barreserven von Saudi-Arabien jetzt angegriffen werden würden oder dass es potentiell weitere Instabilität im Nahen Osten geben könnte.

Wenn wir die Übertreibungen mal beiseite lassen, dann sprechen wir immerhin von mehr als der Hälfte der globalen Ölversorgung. Diese Quellen sind diejenigen, die wirklich gelitten haben, seit die Ölpreise eingebrochen sind. Im Gegensatz zu den Schieferölproduzenten erwartete der Markt von diesen Unternehmen einen entsprechenden freien Cashflow und eine entsprechende Rendite. Kibsgaard sagt, dass diese Unternehmen ihre Ausgaben für Entwicklung und Exploration daher drastisch zurückgefahren haben.

Die Produzenten, die den Rest des Weltmarktes mit über 50 % abdecken, sind eine vielfältige Gruppe von integrierten Ölunternehmen, staatlichen Ölkonzernen und unabhängigen Unternehmen. Diese Gruppe ist im dritten aufeinanderfolgenden Jahr sehr darauf konzentriert, die Renditeerwartung ihrer Aktionäre zu erfüllen, egal ob es sich dabei um Anleger oder Regierungen handelt.

Diese Unternehmen müssen diese Auflagen erfüllen, indem sie die Produktion auf demselben Niveau halten und mehr aus ihren Quellen herausholen. Gleichzeitig müssen Investitionen im Zaum gehalten werden, was auf Kosten der Lagerbestände geht.

Diese Produzenten profitieren auch davon, dass zwischen 500.000 und 700.000 Barrel pro Tag in jedem der letzten drei Jahre von neuen Projekten kamen, bei denen die Investitionen schon in den vorhergehenden Jahren getätigt wurden.

Wir haben die Auswirkungen auf diese Ölproduzenten nicht gesehen, weil ihre Produktion sich nicht sehr stark vermindert hat. Deren langfristige Investitionsprojekte haben inzwischen den Betrieb aufgenommen und die amerikanische Schieferölproduktion ist zusätzlich noch in diesen Markt eingetreten. Wir sehen aber nicht, wie viel der auslaufenden Produktion in Zukunft ersetzt werden kann. Viele Unternehmen versuchen ihre Produktion aufrechtzuerhalten und mehr aus den bestehenden Quellen zu extrahieren. Dadurch werden diese Quellen aber für einen kürzeren Zeitraum produzieren und die zukünftige Produktion wird viel schneller fallen.

Was bedeutet das für das große Ganze?

Mit weniger neuen Projekten, die seit 2014 abgesegnet werden, wird sich diese Produktion in den kommenden Jahren immer weiter verringern. Es ist nicht ungewöhnlich für konventionelle Ölfelder, die nur noch wenige Jahre vor sich haben, dass sie komplett abgeerntet werden, bevor man sie schließt. Die Investitionen in ein solches Modell sind aber nicht nachhaltig, wenn es sich um Ressourcen handelt, die einen großen Teil der künftigen Ölproduktion in den nächsten Jahrzehnten darstellen soll.

Je länger zu wenig investiert wird, desto mehr wird die Produktion in Zukunft abfallen, wenn die Produzenten keine kurzfristigen Optionen mehr haben, um die Produktion aufrechtzuerhalten. Aufgrund der Größe der Produktion wäre es schwer für den Rest der globalen Ölproduzenten, hier in die Bresche zu springen.

Das kann einem schon mal Angst machen, besonders wenn man ein Ölinvestor ist, der die Worte Lieferengpass in den nächsten Jahren hört. Das sind Möglichkeiten, in denen alternative Energiequellen sich weit genug entwickelt haben werden, um dem Öl Konkurrenz zu machen. Gleichzeitig ist es noch weit genug in der Zukunft, dass das kurzfristige Denken der Wall Street viele Aktien in diesem Sektor noch unterbewertet.

Ein Gegenargument zu Kibsgaard ist, dass es noch viele Investitionen mit einem langen Horizont gibt, die erst noch ihren Betrieb aufnehmen müssen. Das Management von BP plant, die Produktion bis 2021 um eine Millionen Barrel pro Tag zu erhöhen. Total und Chevron planen, die Produktion jährlich bis 2020 um mehr als 4 % zu erhöhen. Ein Teil davon wird von den hohen Produktionsraten auf den bestehenden Ölfeldern und vom Schieferöl kommen. Das zeigt aber, dass es noch relativ viele Projekte gibt, die erst noch ihren Betrieb aufnehmen müssen und die den Produktionsrückgang aufhalten können, von dem Kibsgaard spricht.

Ansichten eines Fools

Es gibt noch eine weitere Variable, die die Prognose von Kibsgaard auf den Kopf stellen könnte. Schieferöl könnte einen noch größeren Anteil an der Ölproduktion einnehmen. Wie schon erwähnt wachsen die Schieferölproduzenten nicht nach einem nachhaltigen Modell. Es bräuchte schon eine Rendite von 100 US-Dollar pro Barrel oder zumindest 70 US-Dollar pro Barrel, damit die Schieferölquellen genug Geld ausspucken, damit diese Branche wirtschaftlich solide arbeiten kann. Wenn Schieferöl aber profitabler wird, wenn sich der Ölpreis etwas erhöht, dann stellt sich die Frage, wie viel mehr der nordamerikanische Schieferölmarkt noch produzieren kann?

Darauf habe ich keine Antwort, aber das macht es doch interessant, der Ölindustrie in den nächsten Jahren zu folgen.

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Dieser Artikel wurde von Tyler Crowe auf Englisch verfasst und am 12.08.2017 auf Fool.com veröffentlicht. Er wurde übersetzt, damit unsere deutschen Leser an der Diskussion teilnehmen können.



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