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Die deutsche Gigafactory für Batteriezellen – Segen oder Fluch?

lasergeschweißte Batteriezellen Manz
Bildquelle: Manz AG

Es klingt fast wie abgesprochen. Lange Zeit haben sich die deutschen Autokonzerne und Zulieferer schwer mit der Entscheidung getan, eine eigene Batteriezellenfertigung hochzuziehen. Die Asiaten können das besser, war eine häufige Meinung.

Aber plötzlich scheinen sich doch alle auf das Thema zu stürzen, obwohl die Technologieposition fraglich ist. Drohen hier Milliardensummen verschwendet zu werden, die woanders sinnvoller investiert wären? Nein, ich denke nicht.

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Die letzten Entwicklungen

Vor wenigen Wochen wurde verkündet, dass unter dem Label TerraE eine „Gigafactory“ entstehen soll. Zu den Gründern gehören thyssenkrupp (WKN:750000) mit ihrer Engineering-Sparte, die M+W Group und Manz (WKN:A0JQ5U) sowie BMZ, Litarion und StreetScooter. Das sind im Wesentlichen Akteure, die sich bereits aus den diversen staatlichen Förderprojekten zum Aufbau von Batteriekompetenz gut kennen und gemeinsam bereits fast die gesamte Wertschöpfungskette abdecken.

TerraE tritt aber nicht primär als Investor auf, sondern übernimmt die Führung des Projektmanagements. Um die Finanzierung zusammenzubekommen wurde ein gutes Dutzend weiterer Industrie- und Forschungspartner hinzugenommen, darunter auch die BASF (WKN:BASF11), welche im Juni den Bau einer großen Kathodenfabrik angekündigt hat und Siemens (WKN:723610). Somit nimmt hier eine richtig starke Initiative Fahrt auf.

Aber TerraE ist nicht alleine. Auch Bosch plant, seine Technologie in die Großserie zu überführen. Mit der Tochter Seeo wird intensiv an sogenannten Lithium-Festkörper-Batterien geforscht. Diese sollen nicht nur sicherer sein, sondern auch eine wesentlich höhere Leistungsdichte bieten. Zudem ist beispielsweise Volkswagen (WKN:766403) dabei, eine Batteriezellforschung aufzubauen, mit dem Ziel einer eigenen Fertigung in einigen Jahren, um die traditionell hohe interne Wertschöpfung erhalten zu können.

Die Gefahren

Parallel plant die Brennstoffzellen-Fraktion das Hochfahren der Produktion, auch hier angeschoben durch öffentliche Innovationsprogramme. Dabei kooperieren die großen Autobauer untereinander — wie sie das bekanntlich gerne tun — sowie mit Zulieferern und Instituten. Nachdem bereits zuvor eine mächtige Allianz zum Aufbau der Wasserstoffinfrastruktur geschmiedet wurde, könnte hier etwas entstehen, das langfristig der Batterie das Wasser abgräbt.

Innerhalb der Batteriebranche muss man damit rechnen, dass der globale Wettbewerb irgendwann einen gnadenlosen Preiswettbewerb vom Zaun bricht, ähnlich wie es bei den Solarzellen geschehen ist. Eine weitere Gefahr besteht darin, dass einer der vielen technologischen Durchbrüche den Weg aus dem Labor in die Serienfertigung findet und herkömmliche Ansätze verdrängt.

„Glas-Batterien“ seien dreimal so gut wie Lithium-Ionen-Akkus, Lithium könne durch billiges Natrium oder Aluminium ersetzt werden und ein Blutmolekül sorge dafür, dass die Ladegeschwindigkeit auf Superkondensator-Niveau beschleunigt werden kann. Das sind nur einige aktuelle Beispiele.

Der Punkt ist, dass Daimler (WKN:710000), BMW (WKN:519000) und Audi sich nicht auf zweitklassige Technik einlassen werden, wenn es am Markt etwas Besseres gibt. Zwar können die Produktionsprozesse wahrscheinlich in vielen Fällen relativ unproblematisch auf neue Technologien umgestellt werden, aber wenn es dumm kommt, sind die Unterschiede so groß, dass die Anlagen praktisch abgeschrieben werden müssen.

Die Chancen

In der Regel dauert es aber viele Jahre, bis eine unerprobte Speichertechnik es zur Serienreife bringt. Neben der Leistungsfähigkeit müssen ja auch umfangreich die Sicherheit und Langlebigkeit getestet werden. Außerdem muss die Lieferkette organisiert werden und die Automatisierungstechnik will ebenfalls entwickelt sein.

Wichtig ist auch zu wissen, dass nicht auf einmal eine 34-Gigawattstunden-Riesenfabrik hingestellt wird, sondern der Ausbau schrittweise bis 2028 erfolgen soll. Zunächst soll zum Jahreswechsel 2019/2020 lediglich eine Kapazität von 1,5 GWh errichtet werden. Da in einem Fahrzeug etwa 75 kWh verbaut werden, reicht eine Jahresproduktion dann für gerade mal etwa 20.000 Stück aus.

Das ist eine Menge, die TerraE-Partner StreetScooter bis dahin voraussichtlich bereits alleine abnehmen kann für seine Lieferwagen und Stadtmobile. Aber was anderes: Ich kann mir auch gut vorstellen, dass die Mutter Deutsche Post (WKN:555200) die Rolle des Logistikers übernimmt und so doppelt von der neuen Fabrik profitieren könnte.

Da kommen immerhin geschätzt 100.000 Tonnen Material zusammen, die beim Vollausbau der Fabrik jährlich zu den Kunden transportiert werden müssen. Auch deshalb wollen die Autobauer die Zellen ungern im fernen Korea bestellen.

Für die Maschinenbau- und Engineering-Partner des Projekts wird die Fabrik daneben ein ausgezeichnetes Schaufenster darstellen. Sollte es tatsächlich gelingen, eine überlegene Automatisierungstechnik zu installieren, dann dürften die Kunden aus Asien und Amerika bald Schlange stehen.

Gut geladen ist die halbe Miete …

Ich denke, es ist eine gute Idee, die sogenannte deutsche Gigafactory erst mal mit bescheidener Kapazität zu starten, um Erfahrung zu gewinnen und später entscheiden zu können, wie weit der Ansatz gegenüber der starken asiatischen Konkurrenz trägt.

Deutschland gilt zwar bisher nicht als führend, was die Batteriezellforschung angeht. Hoffnung macht mir allerdings die außergewöhnlich starke Stellung bei der Festkörper-Physik. Das könnte bedeutend werden, wenn die nächste Zellgeneration marktreif wird. Zunächst profitieren wohl aber vor allem die Maschinen- und Anlagenbauer sowie die Deutsche Post, deren Rolle ich spannend finde.

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Ralf Anders besitzt Aktien von Manz. The Motley Fool empfiehlt BMW und Daimler.



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