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95 Milliarden Euro Schaden hat der Kurs der Daimler-Aktie schon eingepreist

Mercedes-Benz Concept EQ
Foto: Daimler AG

Daimler (WKN:710000) ist für Anleger ein echt schwieriger Fall. Da freut man sich über regelmäßige Jubelmeldungen mit Rekordabsätzen und sagenhaften Gewinnen und doch tritt der Aktienkurs auf der Stelle, weit unterhalb der Hochs von 2015.

Schuld sind offensichtlich die Skandale rund um den Diesel und die eventuell zu enge Kooperation mit dem direkten Wettbewerb. Ob und wie stark Daimler letztlich von Richtern und Aufsichtsbehörden zur Kasse gebeten wird, ist noch völlig unklar. Anscheinend rechnen die Marktteilnehmer aber mit geradezu unfassbar gewaltigen Summen, wie meine Abschätzung zeigt.

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Darum geht’s

Volkswagen (WKN:766403) hatte es irgendwie anders gemacht. Nach Bekanntwerden der Ermittlungen der US-Behörden bezüglich der Abgasmanipulationen wurden bald darauf fast 20 Mrd. Euro zurückgestellt. Die Amerikaner griffen dankend zu und verdonnerten die Wolfsburger zu Strafen in dieser Größenordnung.

Daimler hingegen gibt sich äußerst verschwiegen, nennt keine Summe und streitet größere Vergehen vehement ab. Ob sich das Ganze zu einer existenzbedrohenden Lage ausweitet oder ob die Probleme relativ glimpflich beigelegt werden können, ist völlig unsicher. Aber gerade diese Unsicherheit ist es wohl, die Anleger dazu bringt, diese Aktien nicht anzurühren, beziehungsweise aus dem Depot zu schmeißen.

Beim Kurs von 61,48 Euro (Schuss 25.07.) wird der Stuttgarter Konzern mit 65,78 Mrd. Euro bewertet. Darin sind die antizipierten Verluste natürlich schon eingepreist, schließlich wird an der Börse die Zukunft gehandelt. Lass uns daher ein kleines Experiment durchführen, um abzuschätzen, wie groß diese im Durchschnitt erwarteten Verluste sind.

Das Experiment

Angenommen, es gäbe diese Skandale nicht. Beim Diesel kann man über Nachrüstungen vergleichsweise günstig den Kopf aus der Schlinge ziehen und die Zusammenarbeit mit den Konkurrenten bezog sich rein auf Standardisierungsthemen (was völlig legitim wäre). Zuletzt hieß es auch, dass Daimler durch die faktische Selbstanzeige bei der EU-Kommission gute Chancen hat, straffrei davonzukommen. Aber wie auch immer: Nehmen wir an, die Kosten von Daimler für diese Dinge würden im unkritischen Millionenbereich bleiben.

Dann könnte man die Gewinne aus der Vergangenheit mehr oder weniger zuverlässig in die Zukunft fortschreiben. Im ersten Halbjahr dieses Jahres ergab sich ein operativer Gewinn von 7,8 Mrd. Euro, wovon 5,1 Mrd. Euro als Nettoergebnis für die Aktionäre übrig blieb. Nachdem der Ausblick durchaus gut ist, kann man wohl bei Ausbleiben von Sondereffekten mit einem Jahresgewinn von rund 10 Mrd. Euro rechnen.

Das wäre für 2017. Um das Unternehmen bewerten zu können, müssen wir wesentlich weiter in die Zukunft blicken. Dort sehe ich ein gemischtes Panorama:

Einerseits wächst das Absatzpotenzial dank der weltweit wachsenden Mittel- und Oberschicht stetig, die Technologieposition ist stark, der Stern glänzt und die Digitalisierungsoffensive eröffnet neue Geschäftschancen.

Andererseits bringen technologische Umbrüche wie das autonome Fahren, Carsharing und die Elektromobilität Unwägbarkeiten mit sich. Neue aggressive Wettbewerber wie Tesla (WKN:A1CX3T) und Volvo-Eigentümer Geely (WKN:A0CACX) treten auf den Plan und Internetkonzerne wie Google und Baidu (WKN:A0F5DE) wollen auch ihren Teil vom Geschäft abhaben. Größere Abschreibungen auf Fabriken und Patente sowie Marktanteilsverluste und Absatzrückgänge sind mögliche (aber keinesfalls sichere) Folgen.

Niemand kann auch nur mit annähernder Sicherheit sagen, wie dieses Spiel ausgeht. Die Anzahl der Unsicherheitsfaktoren ist einfach viel zu groß. Für mich am naheliegendsten ist jedoch die Annahme, dass Daimler das aktuelle Gewinnniveau über die kommenden Jahre und Jahrzehnte im Schnitt halten kann. Ein guter Teil der Gewinne wird ja auch in möglichst profitables Neugeschäft investiert, was etwaige Rückgänge im Stammgeschäft ausgleichen sollte.

Was das in Zahlen bedeutet

Ein Unternehmen, das mit hoher Wahrscheinlichkeit dauerhaft 10 Mrd. Euro Nettogewinn pro Jahr generiert, sollte normalerweise mit mindestens 100 Mrd. Euro bewertet werden. Berücksichtigt man die auf absehbare Zeit weiterhin niedrigen Anleiherenditen, könnte man sogar bis zu 200 Mrd. Euro ansetzen.

Hinzu kommt das aktuelle Eigenkapital. Das liegt bei knapp 61 Mrd. Euro, womit wir einen experimentellen Unternehmenswert von mindestens 161 Mrd. Euro erhalten. Das sind 95 Mrd. Euro mehr als der aktuelle Börsenwert. Für mich heißt das, dass der Markt mit einem riesigen Schaden für den Mercedes-Konzern rechnet.

Allerdings tue ich mich schwer, mir zusammenzureimen, wie ein solch großer Schaden zustandekommen könnte. Eine Strafe in dieser Höhe ist undenkbar. Aber selbst wenn Daimler insgesamt eine zweistellige Milliardenstrafe aufgebrummt wird, würde es das operative Geschäft nur wenig beeinträchtigen. Schließlich besteht ein uneingeschränkter Zugang zum Kapitalmarkt zu Minimalzinsen. Der Jahresgewinn würde in der Folge lediglich um ein paar Hundert Millionen Euro schrumpfen.

Es müsste sich also zusätzlich der Markenwert plötzlich in Luft auflösen. Aber wie sollte das passieren? Die weltweiten Kunden schätzen Daimler nicht hauptsächlich wegen der sparsamen Dieselautos, sondern wegen des hohen Komforts und der Spitzentechnik. Dem Prestige von Mercedes können die aktuellen Geschichten nach meiner Einschätzung nicht allzu viel anhaben.

Nehmen wir trotzdem an, das langfristige Gewinnniveau würde sich auf dauerhaft 5 Mrd. Euro halbieren und die Strafzahlungen und Entschädigungsmaßnahmen das Eigenkapital um 30 Mrd. Euro belasten. Dann bliebe immer noch ein aktuell fairer Wert von mindestens 81 Mrd. Euro (50 Mrd. aus den erwarteten Gewinnen plus 31 Mrd. Euro verbliebenes Eigenkapital), also 15 Mrd. mehr als die Börse heute zugesteht.

Und wenn es noch schlimmer kommt?

Für mich stellt der letzte Absatz das schlimmste noch einigermaßen realistische Szenario dar. Trotzdem kann man sich mit viel Fantasie natürlich noch Furchterregenderes ausdenken. Erfolgreich Anlegen bedeutet jedoch, sich zu überlegen, was die ausgewogene mittlere Erwartung ist. Die Wahrscheinlichkeit, dass sich die Einbußen aufgrund von Strafen und dem Branchenwandel auf 95 Mrd. Euro oder sogar noch mehr aufsummieren, sehe ich jedenfalls als verschwindend gering an.

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Ralf Anders besitzt keine der erwähnten Aktien. Suzanne Frey arbeitet als Führungskraft für Alphabet und sitzt im Vorstand von The Motley Fool. The Motley Fool besitzt und empfiehlt Aktien von Alphabet (A- und C-Aktien), Baidu und Tesla. The Motley Fool empfiehlt Daimler.



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