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Wie das Spiel der Leerverkäufer funktioniert und wie du davon profitieren kannst

Bär im Anzug steht vor sinkendem Kurs Börsencrash Crash an der Börse
Foto: Getty Images

Leerverkaufs-Attacken auf einzelne Aktien wie zuletzt Lufthansa (WKN:823212), Aurelius (WKN:A0JK2A) oder Hugo Boss (WKN:A1PHFF) erwecken immer wieder das Interesse vieler Anleger. Aber wie funktioniert das eigentlich im Detail und was haben Privatanleger davon? Meines Erachtens sind vor allem die Informationen, welche wir daraus gewinnen können, für uns von Interesse.

Worum es beim Leerverkaufen geht

Leerverkaufen ist eigentlich eine simple Sache: Man verkauft über einen Broker eine Aktie, die man nicht im Eigentum hat und verspricht ihm gleichzeitig, dafür zu sorgen, dass man sie zu einem späteren Zeitpunkt besitzen wird. Wenn also der Aktienkurs zwischenzeitlich zurückgeht, dann bleibt für den Verkäufer ein schöner Handelsgewinn, weil er das Versprechen zu einem geringeren Preis einlösen kann. Im anderen Fall drohen hohe Verluste.

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In früheren Jahren kam es bei diesem Spiel immer mal wieder zu Exzessen. Einzelne Titel wurden häufiger leerverkauft, als es reale Aktien gab, wodurch wilden Störungen bei der Abrechnung (dem Settlement im Fachsprech) auftreten konnten. Seitdem die europäischen Regulierungsvorschriften Ende 2012 erheblich verschärft wurden, geht es zivilisierter zu.

Wer heute dieses Instrument nutzen will, der muss die physische Lieferfähigkeit über die gesamte Laufzeit hinweg garantieren. Eine Möglichkeit ist, sich die Aktie von einer Fondsgesellschaft kostenpflichtig zu leihen. Alternativ kann ein passendes Optionsgeschäft an der Terminbörse eingegangen werden, aber da wird es schon ganz schön kompliziert.

Jedenfalls ist heute das Leerverkaufen wieder fast ausschließlich institutionellen Anlegern vorbehalten. Zwar gibt es spezialisierte Broker, die vorgeben, dies auch für Privatanleger zu ermöglichen, aber in Wirklichkeit handelt es sich dabei nur um kurzfristiges Zocken, ähnlich wie beim CFD-Trading (siehe Artikel vom 22.11.2016). Eine fundierte Analyse über ein schwaches Geschäftsmodell oder sich verschlechternde Marktbedingungen kann sich innerhalb eines oder weniger Tage natürlich kaum über fallende Kurse entfalten. Dafür bräuchte man Monate oder sogar Jahre.

Worum es den Leerverkäufern geht

Selbst unter den Profis gibt es meines Wissens keine reinen Leerverkäufer, auch wenn Pressemeldungen gerne den Eindruck vermitteln. In der Regel handelt es sich dabei um Investmentgesellschaften und Hedgefonds wie die amerikanische Worldquant oder Marshall Wace aus England, die in Hunderte verschiedene Aktien investiert sind, die ihnen gefallen.

Um das Portfolio-Risiko zu reduzieren und im besten Fall die Gesamtrendite zu steigern, gehen sie Leerverkaufsposition auf andere Aktien ein, die ihnen eben nicht so gefallen. Allerdings ist kaum zu erwarten, dass deren Analysten immer richtig liegen, zumal diese sich meistens primär auf rein statistische Analysen ihrer Algorithmen verlassen — und selbst die Aktien von umfassend bewerteten Unternehmen laufen manchmal trotz negativer Einschätzung gut.

Beispielsweise empfinde ich die Facebook (WKN:A1JWVX)-Aktie schon seit Monaten als stark überbewertet (siehe Artikel vom 21.02.), aber Herr Markt (und vielleicht auch du) hat noch immer eine ganz andere Meinung. Auch was die Deutsche Post (WKN:555200) angeht, war ich ziemlich überzeugt, dass die Aktie unter Druck gerät, wenn ein Freihandelsgegner in das Weiße Haus einzieht — bisher ist nichts dergleichen passiert. Es ist ein vertracktes Geschäft, die Loser zu identifizieren.

Gerne werden übrigens Paare aus einer Branche gehandelt. Diejenigen, die gerade massiv gegen Nordex (WKN:A0D655) wetten, haben wahrscheinlich häufig gleichzeitig Aktien von Vestas (WKN:913769) oder Gamesa (WKN:A0B5Z8) im Depot. In diesem Fall kann dem Investor ziemlich egal sein, wie sich die Windkraftbranche insgesamt entwickelt (sprich, sie sind diesbezüglich gehedgt). Hauptsache es kommt zu den erhofften Verschiebungen innerhalb des Sektors.

Worum es Privatanlegern gehen sollte

Ich denke, dass man diese Aktivitäten wirklich den Profis überlassen sollte. Als kleiner Anleger stehen der dafür notwendige Aufwand und die Transaktionskosten in keinem Verhältnis zu den Gewinnaussichten. Vielmehr ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass man sogar Verluste macht, selbst wenn man sich auskennt wie die Profis.

Der wahre Nutzen liegt meines Erachtens woanders: Weil Investoren melden müssen, wenn sie mehr als 0,5 % der Aktienanteile eines Unternehmens leerverkauft haben und dies im Bundesanzeiger veröffentlicht wird, bekommen wir regelmäßig gute Hinweise auf umstrittene Aktien. Daraufhin können wir uns selbst ein Bild machen und schauen, ob wir zu ähnlichen oder ganz anderen Schlüssen kommen. Dabei gibt es im Wesentlich folgende Möglichkeiten:

  1. Mit dem Unternehmen geht es wirklich bergab, weil beispielsweise neue Konkurrenz es systematisch aus dem Markt drängt.
  2. Die erkannte Überbewertung ist real, eine gewisse Kurskorrektur gerechtfertigt.
  3. Das Unternehmen leidet unter negativen Einflüssen, sollte sich aber mittel- bis langfristig wieder erholen.
  4. Die negative Beurteilung erscheint schlichtweg falsch.

In den ersten beiden Fällen heißt es natürlich „Hände weg“. Im dritten Fall könnte es sich lohnen, das Unternehmen auf seine Watchlist zu setzen und dann bei weiteren Kursrückgängen günstig einzusammeln, noch bevor dies die Leerverkäufer tun. Im letzten Fall kannst du sofort zugreifen, wenn du von dem Unternehmen überzeugt bist und die Kurse außergewöhnlich günstig sind.

Die Lehre aus der Leere

Wer ein Foolisher Anleger sein will, der muss sich nicht in das Thema Leerverkäufe hineinsteigern. Dort gibt es mehr zu verlieren als zu gewinnen. Aber um gute Anlageideen zu bekommen, kann es sich lohnen, ab und zu nachzuschauen, welche Aktien aktuell als Verlierer angesehen werden.

Wenn du die Gründe hinterfragst, die hinter den Leerverkäufen stehen könnten, dann kannst du dich besser für oder gegen ein Investment entscheiden. Im besten Fall kannst du dich über eine Extrarendite freuen, wenn sich dank der zusätzlich auf den Markt geworfenen Aktien besonders günstige Einstiegskurse ergeben.

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Ralf Anders besitzt keine der erwähnten Aktien. The Motley Fool besitzt und empfiehlt Aktien von Facebook. The Motley Fool empfiehlt Nordex.



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