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Medigene: Heiße Wette oder heiße Luft?

Biotech
Quelle: Getty Images

2016 sorgte das deutsche Biotech-Unternehmen Medigene (WKN:A1X3W0) für einen Paukenschlag, als eine strategische Partnerschaft mit dem weltweit führenden Gentherapie-Unternehmen bluebird bio (WKN:A1W025) bekannt gegeben wurde.

Für die exklusive Entwicklung von 4 T-Zell-Rezeptor (TCR) Produktkandidaten gegen 4 Zielmoleküle übernimmt bluebird bio alle Kosten für Entwicklung und Kommerzialisierung und Medigene erhält Meilensteinzahlungen von bis zu 1 Mrd. US-Dollar plus Umsatzbeteiligungen an den Nettoverkaufserlösen. Dies war sicherlich ein Ritterschlag für Medigene, die mit ihrer TCR-Plattform weltweit führend ist.

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Was ist T-Zelltherapie (Immuntherapie) und warum gilt sie als so vielversprechend?

Die verschiedenen Krebsarten sind so vielfältig, dass bisher eine wirklich gezielte Behandlung oft unmöglich ist. Chemo- und Strahlentherapie können zwar helfen, haben aber häufig so extreme Nebenwirkungen, dass Patienten daran sterben.

Bei der Immuntherapie möchte man die Abwehrzellen des Körpers so verändern, dass sie in die Lage versetzt werden, Tumore nachhaltig zu zerstören. Dazu werden bei Medigene zunächst T-Zellen aus dem Blut des Patienten isoliert. Aus Medigenes TCR-Bank werden dann individuell für jeden Tumortyp geeignete TCRs ausgewählt und mit Hilfe von viralen Vektoren in die isolierten T-Zellen geschleust. Nach Vermehrung dieser Zellen über ca. 2 Wochen werden sie dem Patienten verabreicht und lösen dort eine starke Immunantwort gegen die Tumore aus.

Medigene setzt dabei auf natürlich vorkommende TCRs, die umfassend charakterisiert sind und die firmeneigene wertvolle TCR-Plattform darstellen. Andere wie z.B. Kite Pharma (WKN:A116CA) setzen auf gentechnisch veränderte TCRs, die durch Zufügen weiterer Komponenten wie z.B. Bindestellen für Antikörper verändert werden. Solch gentechnisch veränderte TCRs bezeichnet man als chimäre Antigenrezeptor-T-Zellen (CAR-T). Diese binden sich, wie TCRs auch, gezielt an Tumorzellen, können aber zudem gezielt z. B. Antikörper binden, welche die Zerstörung der Krebszellen noch effizienter machen.

Neben dieser Methode, körpereigene (autologe) T-Zellen zu nutzen, setzen Firmen wie Celyad (WKN:A1W7Q9) oder Cellectis (WKN:A14QZE) auf T-Zellen aus dem Blut gesunder Spender (allogene T-Zellen). NantKwest (WKN:A14XC6) hingegen setzt auf eine Zelllinie natürlicher Killerzellen, die sie mit spezifischen Rezeptoren, Antikörpern oder chimären Antigenrezeptoren (CAR) ausstatten können. Damit ist man völlig unabhängig von Spendern.

Es steht außer Frage, dass der Immuntherapie die Zukunft im Kampf gegen Krebs gehört. Viele glauben, dass sich der größte Nutzen durch den Einsatz von Kombinationstherapien erreichen lässt, bei dem Tumore sowohl konzertiert immuntherapeutisch mit Checkpoint-Inhibitoren als auch z. B. mit Chemo- oder Strahlentherapie behandelt werden, allerdings in deutlich niedrigerer und damit besser verträglicher Dosierung.

Wo liegt der Haken?

Es gab in der Vergangenheit immer wieder Berichte über Todesfälle bei Patienten, die sich einer Immuntherapie unterzogen haben.

Im letzten Jahr war Juno Therapeutics (WKN:A12GMP), neben Kite Pharma und Novartis (WKN:904278) führend in der Entwicklung von CAR-T-Immuntherapien, betroffen. Ihr Wirkstoff JCAR015 bei B-Zell-akuter lymphatischer Leukämie (ALL) führte zu mehreren Todesfällen. Das war für Juno ein herber Rückschlag im CAR-T-Rennen um die Zulassung der ersten Therapie in diesem Bereich. Kürzlich musste auch die bisher führende Kite Pharma einen Todesfall mit ihrem Präparat Axicabtagen Ciloleucel vermelden.

Das große Problem bei Immuntherapien ist das mögliche Auftreten sogenannter „Zytokin-Stürme“. Die Bildung von Zytokinen ist bei einer Immuntherapie gewollt, um weitere Immunzellen zu den Tumoren wandern zu lassen. Bei den Todesfällen geriet die Immunreaktion jedoch außer Kontrolle, so dass die Überschwemmung mit Zytokinen zu Hirnschwellung oder Organversagen führte.

Damit dürfte Novartis wohl das erste Unternehmen sein, das mit CTL019 (Tisagenlecleucel) gegen ALL die Zulassung der US Food and Drug Administration (FDA) bekommen wird. Interessanterweise hat sich gerade Novartis von der autologen Immuntherapie verabschiedet und stattdessen kürzlich für stattliche 88 Mio Euro die allogene Technologie von Celyad einlizenziert.

Gerüchte besagen nämlich, dass eine autologe Immuntherapie bis zu 500.000 US-Dollar kosten könnte. Dies würde jedes Gesundheitssystem auf Dauer sprengen und deshalb entwickeln clevere Firmen Immuntherapien, bei denen bereits fertige Patienten-fremde (allogene) T-Zellen oder Zelllinien eingesetzt werden.

Was heißt das für Medigene?

Die TCR-Plattform ist sicherlich interessant, aber das Konzept der autologen Immuntherapie wird schlicht zu teuer sein, als dass Gesundheitssysteme die Kosten für viele Indikationen übernehmen werden. Medigene hat jedoch eine weitere Plattform, die aus dendritischen Zellen als Impfstoff bestehen und „off-the-shelf“ eingesetzt werden können. Diese Technologie sieht vielversprechender aus, steckt allerdings noch in den Kinderschuhen.

Mit einer Marktkapitalisierung von etwas mehr als 200 Mio. Euro ist Medigene im Vergleich zu ähnlichen amerikanischen Unternehmen günstig bewertet, jedoch glaube ich, dass Investoren mit hohen Fluktuationen rechnen sollten.

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Stefan Graupner besitzt Aktien von Nantkwest. The Motley Fool besitzt und empfiehlt Aktien von bluebird bio. The Motley Fool empfiehlt Juno Therapeutics.



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