Gazprom Minus 20 % in vier Monaten: Das sieht übertrieben aus
Eines muss klar sein, die Aktie von Gazprom (WKN:903276) ist nichts für schwache Nerven. Das Unternehmen ist komplett abhängig von der Entwicklung der Öl- und Gaspreise und findet sich darüber hinaus immer wieder den Konsequenzen politischer Streitereien ausgesetzt. Das ist gleich ein doppeltes Rezept für Volatilität.
Auch seit Mitte Januar mussten Gazprom-Aktionäre diese Schwankungsintensität mal wieder miterleben, in Euro gerechnet fiel die Aktie von fast 5 auf unter 4 Euro je Anteil, also ein Minus von circa 20 %. Drei Gründe sprechen allerdings dafür, dass dies mehr Marktlaune als eine Veränderung der fundamentalen Geschäftsaussichten war. Hier erfährst du, welche das sind.
1. Nord Stream 2 entwickelt sich prächtig
Bei Gazproms wichtigem Großprojekt Nord Stream 2 kommt langsam richtig Schwung in die Entwicklung, Entlang der bereits ausgelasteten ersten Nord Stream-Pipeline soll parallel eine weitere Pipeline errichtet werden, um den hohen Bedarf in Europa zu decken.
Lange Zeit war Nord Stream 2 ein ziemlich heißer politischer Spielball und es gab viele diplomatische Streitereien mit Ländern wie Polen und anderen Oststaaten, die Angst vor zu viel russischem Einfluss haben. Nachdem der Plan eines neu gegründeten zweckgebundenen Unternehmens mit vielen europäischen Partnern gescheitert war, hatte Gazprom geplant, die hohen Kosten alleine zu stemmen. Vor einem Monat haben sich allerdings Uniper, Engie, OMV, Shell und Wintershall dazu entschieden, zusammen die Hälfte der Kosten zu übernehmen.
Das unterstreicht die Attraktivität des Projekts. Der Bau soll 2018 beginnen und schon 2019 könnten die neuen Gaskapazitäten Gazprom jede Menge Rubel in die Kasse spülen.
2. Auch TurkStream kommt gut voran
Die TurkStream, die Gas über die Türkei nach Europa bringen soll, hat sich ebenfalls aufgrund einer diplomatischen Krise verzögert. Ursprünglich sollte der Bau bereits 2015 beginnen, aber als die Türkei an ihrer Grenze zu Syrien ein russisches Kampfjet abschoss, wurden die Pläne erst einmal auf Eis gelegt.
Inzwischen hat sich das Verhältnis der beiden Länder aber wieder gebessert und der Bau der Pipeline wurde kürzlich begonnen. Auch hier könnte Gazprom bald viel Geld mit zusätzlichem Gasvolumen verdienen, wenn die Bauarbeiten wie geplant fortschreiten und Ende 2019 erstes Gas exportiert werden kann.
3. Auch bei schlechteren Ergebnissen ist die Aktie noch günstig
Am Markt hat Gazprom zuletzt zweifach enttäuscht. Zum einen waren die Quartalszahlen durchwachsen, zum anderen wurden viele wahrscheinlich von der Höhe des Dividendenvorschlags enttäuscht, der nur bei 7,89 Russischen Rubel lag, was circa 12 Cent und somit einer aktuellen Dividendenrendite von knapp 6 % entspricht, denn wegen der Aktienstruktur bekommt man für die in Deutschland notierten Anteile die doppelte Dividende.
Das sollte aber nicht über die grundlegenden Aussichten hinwegtäuschen. Mit Nord Stream 2 und TurkStream hat Gazprom gerade zwei Großprojekte in Gang gebracht, die bald ein hohes Umsatzwachstum möglich machen, aber auch schon bevor diese fertig gestellt sind, dürfte das Unternehmen gut verdienen. Die durchschnittlichen Gewinnerwartungen für die nächsten zwei Jahre lassen auf ein Kurs-Gewinn-Verhältnis zwischen 4 und 5 schließen.
Solange der Gaspreis hält, sieht der letzte Kurssturz der Gazprom-Aktie nicht wirklich gerechtfertigt aus.
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Marlon Bonazzi besitzt keine der erwähnten Aktien. The Motley Fool besitzt keine der erwähnten Aktien.