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Siemens und Bombardier: Himmel auf Schienen?

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Foto: Pixabay

Siemens (WKN:723610) und Bombardier (WKN:866672) sprechen Berichten zufolge über eine mögliche Zusammenlegung ihrer Schienenverkehrsgeschäfte. Die Kräfteverhältnisse erscheinen klar verteilt: Auf der einen Seite der hochprofitable deutsche Industrie-Multi und auf der anderen das strauchelnde kanadische Familienunternehmen. Aber deren stolze Eigentümer lassen sich nicht so leicht unterkriegen.

Muss das Siemens-Aktionäre ärgern — oder ersparen sie sich vielleicht sogar eine Menge Ärger, wenn der Deal platzt? Ich glaube, Siemens kann hier mehr gewinnen, als es auf den ersten Blick scheint.

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Darum geht´s

Noch vor gut einer Dekade wirkte die Zukunft für die drei großen internationalen Zugbauer Alstom (WKN:A0F7BK), Siemens und Bombardier rosig. Der Aufstieg der Schwellenländer sollte für ein langjähriges starkes Marktwachstum sorgen. Das Wachstum kam, aber kaum jemand hatte damit gerechnet, dass es China gelingen würde, innerhalb kürzester Zeit einen Schienentechnik-Giganten zu schaffen, der praktisch das gesamte Zusatzgeschäft wie ein Staubsauger absorbiert.

Spätestens seit der Fusion von CNR und CSR zur CRRC Corporation (WKN:A0Q8DQ) vor zwei Jahren und dem immer aggressiveren internationalen Auftreten der Chinesen, wurde den früheren „Big 3“ das Fürchten gelehrt. Alstom schaffte über den Deal mit General Electric (WKN:851144) eine Art Befreiungsschlag. Sie ist nun sehr fokussiert aufgestellt und will sowohl organisch als auch durch Übernahmen wachsen.

Siemens gelang es durch diverse Restrukturierungsmaßnahmen, ihren Transportbereich zumindest zu stabilisieren und profitabel zu halten. Bombardier hingegen ist in eine existenzielle Krise geraten. Dabei trafen Verzögerungen im Schienenverkehrsbereich auf massive Probleme bei der Entwicklung von neuen Flugzeugtypen. Milliardenverluste waren die Folge.

Normalerweise ergeben sich in solchen Situationen gute Gelegenheiten für Konkurrenten, um von einer Zerschlagung zu profitieren. Da ist es nur natürlich, dass Siemens anklopft, um zu fragen, zu welchen Bedingungen die Zugsparte zu haben ist. Aber Bombardier ist kein normales Unternehmen.

Was die Sache so kompliziert macht

Bombardier ist das Aushängeschild der kanadischen Industrie. Wenn es diesem Konzern schlecht geht, dann springt die Lokalpolitik. 2015 investierte Quebecs Staatspensionsfonds 1,5 Mrd. US-Dollar in den Konzern, und bekam dafür im Gegenzug einen Anteil von 30 % an der Zugsparte. Hinzu kommt die seit längerem kritisierte Aktienstruktur. Die Mehrheit der stimmberechtigten Anteile liegen in den Händen der Gründerfamilie Bombardier-Beaudoin. Ähnlich wie bei Schaeffler sind einschneidende Entscheidungen ohne deren Zustimmung nicht möglich.

Wir haben es also mit einem öffentlichen Investor zu tun, der neben Überschüssen auch die lokale Wirtschaftsstruktur sowie die Arbeitsplätze im Blick hat, und auf der anderen Seite mit einer Familie, die auf keinen Fall die Kontrolle abgeben will. Einfache wirtschaftliche Logik muss sich dabei nicht unbedingt durchsetzen, weshalb Siemens bei den Verhandlungen viel Geduld aufbringen muss.

Hinzu kommen die Kartellwächter. Sie müssten davon überzeugt werden, dass die Übermacht von CRRC so groß ist, dass eine noch höhere Konzentration der westlichen Hersteller notwendig wird. Wenn es um das Rollende Material geht, kann man diesbezüglich sicherlich gut argumentieren. Mit Stadler aus der Schweiz, die sich über die letzten Jahre stark entwickelt hat, sowie den spanischen, koreanischen und japanischen Konkurrenten kann von einer Anbieterknappheit kaum die Rede sein. Enger wird es hingegen, wenn es um die Signaltechnik geht, welche bereits zum großen Teil von den Bahntechnikkonzernen konsolidiert wurde.

Zuletzt ist an die Gewerkschaften zu denken, welche auf beiden Seiten des Atlantiks bereits hellhörig geworden sind. In Europa würde ein Zusammengehen der ähnlich aufgestellten Konzerne unweigerlich zu einem beschleunigten Arbeitsplatzabbau führen, was für eine Menge Ärger sorgen kann. Wäre das nicht schon schlimm genug, ergeben sich in der Folge einer solchen Schrumpfkur auch noch verbesserte Markteintrittschancen für bisher kaum in Europa aktive Unternehmen. Hyundai Rotem hat sich beispielsweise bereits für die Leitmesse InnoTrans 2018 angemeldet, wo die Koreaner einen Hochgeschwindigkeitszug vorstellen wollen, der es mit TGV und ICE aufnehmen kann.

Warum für Siemens trotzdem ein guter Deal herausspringen könnte

Es sind die Kanadier, die unter Druck stehen. Für Siemens gilt: „Good Deal or No Deal“. Deshalb können vermutlich letztlich günstige Bedingungen herausgeschlagen werden. Für die besonders strittigen Fragen nach dem Hauptsitz und wer das geplante Jointventure in seinem Konzern konsolidieren darf finden sich bestimmt Lösungen. Zur Not könnte man ja auch zwei Unternehmen schaffen: eins für die Signaltechnik, das von München oder Berlin aus gesteuert wird und eins für das Rollende Material, welches Bombardier unter seine Fittiche nimmt.

Für Siemens ist hier wahrscheinlich auch gar nicht von Vorrang, das Geschäft mit Schienenfahrzeugen unbedingt noch profitabler zu bekommen. Der wahre Gewinn läge woanders: Über den Zugriff auf das internationale Kundennetz von Bombardier könnten die Münchener nicht nur ihr einträgliches Servicegeschäft ausbauen, sondern auch ihre digitale Cloud-Plattform Mindsphere vermehrt im Schienenverkehrsbereich zum Einsatz bringen. Wenn man davon ausgeht, dass Bombardier und Siemens gemeinsam bei etwa der Hälfte aller kleinen und großen Bahnnetze weltweit ihre Finger im Spiel haben, dann kann man das Potenzial erkennen.

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Ralf Anders besitzt keine der erwähnten Aktien. The Motley Fool besitzt Aktien von General Electric.



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