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Irreführende Kennzahlen: EBITDA, Eigenkapitalrendite und EV

Mädchen alleine im Wald
Quelle: Pixabay, Cocoparisienne

Es gibt ein ganzes Universum von Kennzahlen, mit denen wir Unternehmen bewerten und vergleichen können. Aber einige davon sind für Aktionäre einfach wenig sinnvoll und zum Teil sogar irreführend. Hier sind drei davon, jeweils mit besser geeigneten Alternativen.

Uninteressante Kennzahl Nr. 1: EBITDA

Beim EBITDA, also den operativen Gewinn vor Abschreibungen jeder Art, interessiert mich höchstens eine Sache: Kommt ein ausreichendes Ergebnis heraus, sodass die Fremdkapitalgeber nicht nervös werden?

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Denn diese Kennzahl richtet sich primär nicht an uns Aktionäre, sondern vielmehr an Banken und Anleiheninvestoren. Wenn ein Unternehmen Probleme bekommt, dann werden zuerst Schulden getilgt und die Zinsen bezahlt. Sollten dann noch weitere Mittel zur Verfügung stehen, dann kommen als nächstes Investitionen in den Betrieb und Steuern an den Staat dran. Erst wenn all das bedient werden konnte, sind eventuell die Aktionäre dran.

Ein Banker will also ganz genau wissen, wie es um das Verhältnis von EBITDA zu den Schulden steht. Dadurch kann er einschätzen, mit welcher Wahrscheinlichkeit er sein Geld zurückerhalten wird und kann darüber entscheiden, ob er weiteres Geld für Investitionen bereitstellen will. Falls das Geschäftsmodell nicht mehr trägt, kann er auf eine Liquidierung von Vermögenswerten bestehen oder eine Eigenkapitalerhöhung fordern. Aktionärsinteressen stehen dann hinten an.

Solange es aber keinen Stress mit den Fremdkapitalgebern gibt, kann uns die absolute Höhe des EBITDA in den meisten Fällen ziemlich egal sein. Was habe ich beispielsweise davon, zu wissen, dass die Deutsche Telekom (WKN:555750) pro Jahr ein EBITDA von über 20 Mrd. Euro erwirtschaftet, wenn hinterher fast alles für notwendige Modernisierungsinvestitionen, Zinsen und Steuern draufgeht?

Viel interessanter für Aktionäre sind Kennzahlen wie der Free Cash Flow — also die übrigen Geldmittelzuflüsse, nachdem Schulden, laufender Betrieb und Staatskasse bedient wurden — und das Nettoergebnis, die beide als Basis für die Dividendenausschüttung dienen.

Uninteressante Kennzahl Nr. 2: EK-Rendite

Die Eigenkapitalrendite ist eine Rentabilitätskennzahl, welche den Nettogewinn durch das Eigenkapital teilt. Sie ist für den ursprünglichen Investor, also beispielsweise den Unternehmensgründer, von hohem Interesse. Wer eine halbe Million eigenes Geld in einen Produktionsbetrieb steckt, der will am Ende gerne wissen, ob es sich rentiert hat.

Auch wenn ich eine Aktie kaufe, interessiert mich, was mein Eigenkapitalanteil leistet. Das wäre meine persönliche Eigenkapitalrendite. Aber diejenige von einem längst an der Börse notierten Unternehmen ist ziemlich uninteressant, weil sie für sich alleine kaum etwas aussagt.

Ein Konzern kann diesen Wert beispielsweise leicht verdoppeln. Dazu muss er lediglich eine bestimmte Menge anfänglich zinsfreies Fremdkapital aufnehmen und gleichzeitig eine Sonderdividende in gleicher Höhe an die Aktionäre ausschütten, sodass sich das Eigenkapital und damit der Nenner der Kennzahl halbiert. Unter idealen Bedingungen bleibt nicht nur die Bilanzsumme gleich, sondern auch der Gewinn und damit der Zähler der Kennzahl.

Als Anleger müssen wir deshalb das Gesamtbild betrachten. Insbesondere das Verhältnis von Fremd- zu Eigenkapital kann uns dann Aufschluss darüber geben, ob das Unternehmen übertriebene Risiken eingeht. Auch der Schuldendienstdeckungsgrad ist in diesem Zusammenhang von Interesse, womit wir wieder beim EBITDA sind. Denn hier geht es darum, wie gut das Fremdkapital mit den operativen Gewinnen bedient werden kann.

Ein Unternehmen mit einer relativ niedrigen Eigenkapitalrendite aber geringem Risiko kann also durchaus attraktiver sein, als eines mit einer hohen. Zudem ist zu beachten, dass rentables Eigenkapital sich teuer bezahlen lässt. Das drückt sich dann meist in einem erhöhten Kurs-Buchwert-Verhältnis (KBV) aus.

Die Commerzbank (WKN:CBK100) muss beispielsweise viel Eigenkapital relativ unproduktiv vorhalten, weshalb die Eigenkapitalrendite miserabel und das KBV verschwindend gering ausfällt. ProSiebenSat.1 (WKN:PSM777) gelingt es hingegen mit erstaunlich wenig Eigenkapital stattliche Gewinne zu generieren. Einer hervorragenden Eigenkapitalrendite steht dort ein astronomisches KBV gegenüber.

Uninteressante Kennzahl Nr. 3: Enterprise Value

Wenn es um Unternehmensübernahmen geht, dann wird oft nicht bloß von der Marktkapitalisierung oder dem Börsenwert gesprochen, sondern vom Unternehmenswert (engl. Enterprise Value, kurz EV). Dabei werden die Nettoschulden noch hinzugerechnet. Der Sinn davon ist, dass man eine Antwort auf die Frage haben möchte, wie viel Geld das übernehmende Unternehmen in die Hand nehmen muss, um die alten Fremdkapitalgeber komplett auszubezahlen und die vollständige Kontrolle über das in der Folge für einen Moment schuldenfreie Unternehmen zu bekommen.

Aber müssen uns Aktionäre solche buchhalterischen Vorgänge interessieren? Ich denke kaum, bzw. eben nur bei einem Unternehmenskauf. Häufig wird das Verhältnis von EBITDA zu EV gebildet, das aussagt, wie viele Jahre es unter konstanten Bedingungen dauern würde, bis das eingesetzte Geld durch die Gewinne des eingegliederten Unternehmens zurückfließt. Damit können wir grob einschätzen, ob der Kaufpreis angemessen ist.

Im Alltag können wir getrost auf die Beachtung des EV verzichten. Die Kennzahl ist nämlich irreführend: Der angebliche „Wert“ steigt mit den Schulden. Viel intuitiver ist hingegen der Börsenwert im Verhältnis zum Gewinn (KGV) oder zum Eigenkapital (KBV).

Lass dich nicht täuschen

Wenn eine Aktiengesellschaft in ihren Finanzpublikationen immer wieder das EBITDA betont und für das Nettoergebnis nur kleine Fußnoten übrig hat, dann sollte dich das misstrauisch machen. Ebenso sind Aktienempfehlungen, die mit EV-Ratios und EK-Renditen hantieren, von zweifelhaftem Wert. Es ist gut, solche Kennzahlen zu verstehen und sie in das Gesamtbild einzubeziehen, aber wenn es konkret wird, dann gibt es sinnvollere Werkzeuge.

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Ralf Anders besitzt keine der erwähnten Aktien. The Motley Fool besitzt keine der erwähnten Aktien.



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