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Niedriges Kurs-Buchwert-Verhältnis: Schnäppchen oder Ramsch?

Foto: Pixabay

In der Börsenberichterstattung wird des Öfteren vom sogenannten Kurs-Buchwert-Verhältnis gesprochen. Viele Investoren schwören auf die Auswahl von Aktien speziell nach diesem Verhältnis und sprechen dann von dem einen Euro, den sie für 50 Cent bekommen haben. Einige davon übersehen aber wichtige Dinge.

Was steckt wirklich hinter dieser Strategie, auf was muss man dabei zwingend achten und wie man die Strategie erfolgreicher anwendet, erfährst du hier.

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Was dahinter steckt

Bei der Ermittlung des Kurs-Buchwert-Verhältnis (kurz KBV) wird das Eigenkapital durch die aktuelle Marktkapitalisierung des Unternehmens geteilt. Ein Unternehmen mit 100.000 ausstehenden Aktien, die zum aktuellen Kurs von 10,00 Euro je Aktie gehandelt werden (Marktkapitalisierung = 1.000.000 Euro) und ein Eigenkapital von 1.000.000 Euro ausweist, hat also ein Kurs-Buchwert-Verhältnis von 1.

Das Eigenkapital kann man übrigens aus der Bilanz eines Unternehmens entnehmen. Dieses ergibt sich, wenn man ausgehend von allen bilanzierten Vermögenswerten alle offenen und in der Bilanz ausgewiesenen Schulden abzieht.

Sinkt der Aktienkurs des oben beschriebenen Unternehmens nun aber auf unter 10,00 Euro und alles andere bleibt gleich, dann sinkt das KBV auf unter 1. Steigt der Kurs auf über 10,00 Euro, dann steigt das KBV auf über 1. Ein niedriges KBV ist also allgemein besser als ein hohes, weil man für das gleiche Geld einfach mehr Eigenkapital bekommt. Bei Aktien die zu einem KBV von 0,5 gehandelt werden spricht man daher oft von dem einen Euro, den man für 50 Cent kaufen kann.

Aber warum ist das Eigenkapital eine derart entscheidende Größe? Stellen wir uns dazu einmal vor, ein Unternehmen möchte seine Geschäfte nicht mehr fortführen.

Zunächst würde es natürlich all seine Vermögensgegenstände verkaufen, also alle Maschinen, Vorräte an fertigen und unfertigen Erzeugnissen, Firmenbeteiligungen und alles was ihm sonst noch gehört. Mit diesem Geld bedient das Unternehmen zunächst seine Gläubiger, zahlt also beispielsweise Bankdarlehen zurück. Was danach noch übrig bleibt, wird an die Eigentümer, bei einer Aktiengesellschaft sind das die Aktionäre, ausgeschüttet.

Sofern beim Verkauf exakt die Verkaufserlöse erzielt und nur die Schulden bedient werden, die in der Bilanz ausgewiesen sind, dann bleibt für die Aktionäre nun exakt das in der Bilanz ausgewiesene Eigenkapital übrig. Jeder Aktionär der einmal Aktien zu einem KBV von 0,5 ergattert hat, pro Aktie also beispielsweise 0,50 Euro bezahlt hat, bekommt nun einen Euro pro Aktie zurück und freut sich über 100 % Gewinn.

Aber warum gibt es dann Aktien, die zu einem KBV von unter oder gar über 1 gehandelt werden? Das wird bei der Betrachtung der Dinge deutlich, die man bei der Anwendung dieser Strategie beachten sollte.

Auf was man achten sollte

Erstens ergeben sich die Werte der in der Bilanz ausgewiesenen Schulden und Vermögensgegenstände auf Basis von Annahmen der Buchhalter. Obwohl diese Buchhalter nach bestem Wissen und Gewissen handeln, sind diese Annahmen nicht zwingend immer richtig. Außerdem wird bei Aktien die Zukunft gehandelt und nicht die Gegenwart oder die Vergangenheit.

Zunächst ist wichtig zu verstehen, dass die bilanzierten Werte unter der Annahme erstellt werden, dass das Unternehmen fortgeführt wird. Daher weichen die Werte von den Werten ab, die bei der Zerschlagung eines Unternehmens erzielt werden. Einfaches Beispiel: Autotüren die bei Volkswagen auf Lager liegen, wären plötzlich deutlich weniger wert, wenn VW künftig keine Autos mehr produzieren würde. Dann könnten sie nämlich nur noch als günstige Ersatzteile verkauft werden.

Aber auch dann, wenn das Unternehmen fortgeführt wird, kann sich herausstellen, dass die Vermögenswerte plötzlich deutlich weniger wert sind, als die Bilanz einst zeigte. Leider müssen hier mal wieder die arg gebeutelten deutschen Energieversorger herhalten. Durch die sinkenden Energiepreise verringerten sich die Gewinnaussichten der Großkraftwerke massiv und die bilanzierten Werte der Kraftwerke mussten deutlich nach unten korrigiert werden. All das führte zu enormen Verlusten und einer drastischen Verringerung des Eigenkapitals der Unternehmen.

Natürlich gibt es auch Fälle, in denen die Vermögenswerte deutlich zu niedrig ausgewiesen werden. Ein gutes Beispiel dafür ist Berkshire Hathaway (WKN:A0YJQ2). Berkshire hat in seiner Geschichte einige Unternehmen komplett aufgekauft. Diese Unternehmen werden in der Berkshire-Bilanz noch immer mit ihrem damaligen Kaufpreis bilanziert. Und das obwohl ein Großteil der Unternehmen heute deutlich größer und erfolgreicher ist als zum Zeitpunkt des Kaufs.

Ein weiterer Grund dafür, mehr als ein KBV von 1 für ein Unternehmen zu bezahlen sind die künftigen Gewinnaussichten des Unternehmens. Sofern künftige Gewinne nicht an die Aktionäre ausgeschüttet werden, erhöhen diese das Eigenkapital des Unternehmens. Es ist also nachvollziehbar, für ein Unternehmen mit stabilen und hohen Gewinnen, auch ein KBV von über 1 zu akzeptieren. Um zu bestimmen, ob Gewinne hoch sind oder nicht, setzt man sie dabei am besten in das Verhältnis zum vorhandenen Eigenkapital, verwendet also die Eigenkapitalrendite.

Um es an diesen Beispielen fest zu machen: Bestehende Zweifel an der Werthaltigkeit von Uniper (WKN:UNSE01) – Vermögensschwund und hohe Verluste in den letzten Jahren führten dazu, dass Aktionäre derzeit lediglich ein KBV von unter 0,5 für Uniper-Aktien bezahlen möchten. Die Stabilität des Berkshire-Vermögens und Eigenkapitalrenditen von durchgehend etwa 9 %, lassen ein KBV von deutlich über 1 bei Berkshire mehr als fair erscheinen.

Wie man die Buchwertstrategie erfolgreicher anwendet

Wie bei anderen Strategien ist es auch bei der Buchwert-Strategie ein großer Fehler, einfach blind und ohne eingehende Untersuchungen jede Aktie zu kaufen, die zu einem Buchwert von unter 1 gehandelt wird.

Um mit einigen wenigen Schritten deutlich bessere Ergebnisse zu erzielen, sollte man zumindest diese zwei Punkte beachten:

  1. Vertraue nicht blind auf die Bilanz eines Unternehmens. Versuche zumindest zu erkennen, ob die Vermögenswerte werthaltige sind oder nicht.
  2. Beachte die Zukunftsaussichten des Unternehmens. Unternehmen mit langfristig geringen Eigenkapitalrenditen werden langfristig wohl auch zu einem niedrigen KBV gehandelt.

Natürlich bieten diese Ergänzungen auch keine absolute Sicherheit, dennoch könnte man so erkennen, ob ein Unternehmen mit einem KBV von unter 1 – wie beispielsweise Uniper – nun ein Super-Schnäppchen oder totaler Ramsch ist.

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Sven besitzt keine der erwähnten Aktien. The Motley Fool besitzt und empfiehlt Aktien von Berkshire Hathaway (B-Aktien).



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