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3 Fallstricke beim Kurs-Gewinn-Verhältnis, die Investoren das Genick brechen können

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Quelle: Pixabay, Efraimstochter

Die wohl mit Abstand wichtigste Kennzahl zur schnellen Bewertung einer Aktie ist das Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV). Es scheint so leicht für jedermann anwendbar. Dabei ist in Wirklichkeit eine Menge zu beachten. Wer nicht genau hinsieht, dem droht ein Desaster. Andersherum gibt es Situationen, in denen du falsche Marktreaktionen ausnutzen kannst.

Fallstrick Nr. 1: KGV von wann?

Wenn in einem Artikel ein bloßes KGV angegeben wird, ohne jeglichen Hinweis auf den betreffenden Zeitraum, dann sollten die Alarmglocken schrillen. Leider ist dies in der Wirtschaftspresse recht häufig der Fall. Dabei kann es einen riesigen Unterschied machen, ob man den Nettogewinn vom letzten Geschäftsjahr nimmt oder das erwartete Ergebnis des laufenden. Zusätzlich können unterjährige Berichtsperioden einen Vergleich torpedieren. Bei Infineon endet das Geschäftsjahr beispielsweise im September.

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Auch deshalb ziehen manche Analysten gerne den aufsummierten Gewinn der letzten vier Quartale heran. Denkbar wären aber genauso die kommenden vier Trimester oder aber ein weiteres in der Zukunft liegendes Jahr. Je nach Unternehmen und Situation kann vieles Sinn ergeben, aber um die Kennzahl richtig einordnen zu können, muss man wissen, wovon gesprochen wird.

Optimal ist natürlich, eine Zeitreihe zu haben, angefangen von den letzten Perioden bis zur absehbaren Zukunft. Dann haben wir nicht nur eine alleinstehende Kennzahl, sondern einen kompletten Trend. Erst dieser lässt uns wirklich einschätzen, ob die Aktie das Potenzial hat, den Gewinn pro Aktie auf ein Niveau zu steigern, das im Verhältnis zum aktuellen Kurs für uns attraktiv ist.

Fallstrick Nr. 2: Wie viele Aktien?

Zur Berechnung des KGV benötigen wir den Gewinn pro Aktie und der ist oft gar nicht so trivial zu ermitteln. Bei vielen beliebten Börsenportalen erlebe ich diesbezüglich regelmäßig grob falsche Angaben. Im Zweifel sollte man also selbst nachrechnen.

Für den Gewinn pro Aktie müssen wir zunächst wissen, wie viele Aktien es insgesamt gibt. Bei vielen Nebenwerten ist das kein Thema, weil die Lage dort stabil ist. Aber vor allem bei Tech- und Standardwerten geht es oft drunter und drüber. Kapitalerhöhungen wie zuletzt häufiger bei der Deutschen Bank (WKN:514000), ständige Aktienrückkaufprogramme wie bei der Münchener Rück (WKN:843002) sowie ausgeübte Mitarbeiter-Optionen und Wandelschuldverschreibungen: All das kann die Anzahl der Aktien ändern – und es passiert täglich.

Wer mit veralteten Zahlen rechnet, der kann auf völlig irreführende Werte kommen. Aber auch mit der neuesten Zahl ist man nicht auf der sicheren Seite. Benutzt man diese, dann sackt der KGV-Wert bei einer Kapitalerhöhung von einem auf den anderen Tag ab, obwohl sich ja operativ im Kerngeschäft nichts getan hat. Besser ist deshalb ein Durchschnittswert über die Periode.

In der Presse fällt auch oft das von vielen Anlegern gefürchtete Wort der „Verwässerung“. Dabei ist eine Kapitalerhöhung nur eine Umbuchung von Fremdkapital zu Eigenkapital und erstmal nichts Schlimmes. Aber noch wichtiger zu bedenken ist die Tatsache, dass die frisch zugeflossenen Mittel ja noch gar keine Chance hatten, zum Gewinn des Unternehmens beizutragen. Üblicherweise wird es für neue Fabrikanlagen, Zukäufe oder die Ablösung hochverzinster Schulden eingesetzt.

Eine Kapitalmaßnahme erhöht daher typischerweise sowohl die Anzahl der Aktien als auch die Gewinnaussichten. Fallen die Reaktionen der Anleger daher zu hysterisch aus, dann ergeben sich in solchen Situationen oft ausgezeichnete Kaufgelegenheiten.

Fallstrick Nr. 3: Aktienklassen

Die meisten Aktiengesellschaften beschränken sich auf die Ausgabe von Inhaberaktien. Das vereinfacht die Berechnung, weil wir das KGV so auch leicht aus dem Verhältnis von Marktkapitalisierung (Börsenwert von 100 % der Aktien) und Nettogewinn bilden können.

Schwieriger wird es, wenn es unterschiedliche Aktienklassen gibt. Bei RWE (WKN:703712) muss man zum Beispiel noch an die weniger gehandelten Vorzüge denken. Bei der Zehnder Group gibt es A- und nicht gehandelte B-Aktien, wobei der Nennwert der ersten fünfmal so hoch ist wie der zweiten. Ein Faktor, der gerne übersehen wird.

Selbst die erfahrenen Milliardärsexperten von Forbes können die Übersicht verlieren. Dem zurückgezogen lebenden Georg Schaeffler wird es egal sein, aber sein dort auf 21,7 Mrd. US-Dollar geschätztes Vermögen geht nach meinen Berechnungen von einer Marktkapitalisierung von 2,7 Mrd. Euro für die 75-Prozent-Beteiligung an der Schaeffler AG (WKN:SHA015) aus. Dabei ist das nur der Wert der börsengehandelten Vorzüge. Die stimmberechtigten Aktien liegen hingegen komplett in den Händen des Aufsichtsratschefs und seiner Mutter und sind über 8 Mrd. Euro wert (alle Kurse Schluss 21.03.2017).

Das 46-Prozent-Paket an Continental (WKN:543900) steuert weitere 18 Mrd. Euro bei. Abzüglich der noch bestehenden Schulden in Höhe von etwa 3,5 Milliarden (auf Holding-Ebene) bleiben knapp 23 Mrd. Euro bzw. 25 Mrd. US-Dollar Netto-Vermögen. Am 4. Mai ist schon wieder Zahltag, wenn Conti 4,25 Euro pro Aktie ausschüttet und dem Rechtsanwalt weitere 391 Mio. Euro zufließen.

Nicht hängen lassen

Es lohnt sich also, sich vor dem Aktienkauf noch einmal genauer zu informieren, ob beim KGV irgendwelche Besonderheiten zu beachten sind. Wer sich hier keine Mühe gibt oder sich auf leicht zugängliche Informationen verlässt, der kann in Teufels Küche kommen. Die meisten Aktiengesellschaften bieten im Investoren-Bereich ihrer Internetpräsenz einen aktualisierten Abschnitt zur Aktie, wo wesentliche Informationen aufgeführt werden. Ausgerüstet mit solchen Angaben aus erster Hand, wirst du gegenüber vielen anderen Anlegern die Nase vorn haben.

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Ralf Anders besitzt keine der erwähnten Aktien. The Motley Fool besitzt keine der erwähnten Aktien.



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