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Die Zeitlosigkeit von Gier, Furcht und schlechten Entscheidungen

Quelle: The Motley Fool

Die beste Wirtschaftslektüre, die ich je gelesen habe, ist Benjamin Roths Tagebuch, das er während der Großen Depression geführt hat. Roth, ein Anwalt ohne jegliche formale Ausbildung im Wirtschafts- oder Investitionswesen, berichtet darüber, wie gewöhnliche Leute über die Große Depression und den Börsenkrach gedacht haben.

Roth schreibt ausführlich über die Gemeinsamkeiten zwischen der Depression der 1930er Jahre und den Finanzpanikanfällen von 1837, 1873 und 1893. „Ich bin erstaunt, welche Gemeinsamkeiten es gibt“, schrieb er 1933. Die Art, wie Menschen reagierten, die Emotionen, die sie fühlten und die Dinge, die sie während früherer Paniken fürchteten, schienen auch in der Großen Depression wieder allgegenwärtig zu sein.

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Als ich neulich Roths Tagebuch las, habe ich erkannt, dass der Großteil seiner Beschreibungen der Krise der 1930er Jahre auch auf die jüngste Finanzkrise von 2008 zutrifft.

Verwundert darüber, warum die Aktienmärkte trotz der am Boden liegenden Wirtschaft wieder im Aufwärtstrend waren, schrieb Roth 1932 Folgendes:

Der Monat August war für sämtliche Unternehmen und Geschäftsleute der bisherige Tiefpunkt. Auf der anderen Seite stieg der Aktienmarkt im August aber um ein Dreifaches – einer der schnellsten Anstiege, der jemals beobachtet wurde. Ich glaube, dass diese Rally einen neuen Rekord eingestellt hat. Niemand scheint wirklich zu wissen, warum der Aktienmarkt stieg, obwohl die wirtschaftliche Lage schlechter und nicht besser wurde.

Ähnlich verlief es auch 2009, als die Wirtschaft am Boden lag, aber Aktien dennoch in die Höhe schnellten. Dieser Trend ist jedoch völlig normal. Es gibt so gut wie keine Korrelation zwischen der wirtschaftlichen Lage und der Entwicklung der Aktienmärkte. Wirtschaftliche Daten blicken in die Vergangenheit zurück – darauf, wie viele Jobs vergangenen Monat geschaffen wurden, während der Aktienmarkt in die Zukunft blickt – also darauf, wie viele Jobs wir in den nächsten ein bis zwei Jahren schaffen könnten.

Seine Verachtung Bankern gegenüber drückte Roth 1933 wie folgt aus:

Wieder und wieder sorgen die Spekulationsgeschäfte der Banker mit Bankkapital und ihre Verlogenheit für schlechte Schlagzeilen. Die jüngsten Untersuchungsergebnisse legen solche Praktiken seitens der National City Bank der Stadt New York offen. Durch Manipulationen haben Verantwortliche der Bank den Wert ihrer Anteile in die Höhe getrieben und sie dann für sagenhafte 650 US-Dollar je Aktie verkauft, obwohl der Buchwert lediglich bei 60 US-Dollar lag. Als der Börsencrash folgte, verkaufte die gleiche Bank die Sicherheiten ihrer Kunden und lieh seinen Managern Geld, um sie vor Verlusten zu bewahren. Auch mit anderen ähnlichen Praktiken haben sich Bank-Verantwortliche auf Kosten von Privatkunden und der Öffentlichkeit bereichert.

Würde man nur wenige Wörter dieses Abschnitts austauschen, so hätte man ihn 2010 angesichts der Geschehnisse an der Wall Street noch einmal drucken können.

Besorgt über die Gelddruckerei, Inflation und Haushaltsdefizite schrieb Roth 1936:

Menschen glauben, dass das Drucken von Geld Unternehmen helfen würde. Dies ist eine falsche und tückische Theorie… Ich mache mir persönlich große Sorgen über eine Inflation und es scheint, als würde sie mit großer Wahrscheinlichkeit eintreffen, sofern die Regierung nicht sofort ihr Budget ausgleicht. Angesichts der anstehenden Präsidentschaftswahl steht dies jedoch außer Frage. Seitdem Roosevelt im Amt ist, ist unsere Staatsverschuldung Jahr für Jahr angestiegen. Sie beträgt nun 35 Mrd. US-Dollar und 1936, das Jahr der Wahl, scheint eines zu werden, in dem es mehr Ausgaben geben wird als je zuvor.

Dieselbe drohende Inflation begleitet uns nun auch die vergangen fünf Jahre. In beiden Fällen war und ist diese Furcht allerdings überbewertet. Deflation ist in einer Phase des Schuldenabbaus viel gefährlicher.

Und folgendermaßen beschrieb Roth 1933 die sogenannte Boom-Bust-Psychologie:

Im Jahr 1928 waren Menschen davon begeistert, an der Börse große Gewinne zu erzielen: Sie lasen Bücher über das Investieren, pflegten eine gehobenen Lebensstil und sprachen von einer „neuen Ära“. Heute sind ihre Aussichten eher düster. Sie glauben, die Depression würde niemals enden, die Börse und der Immobilienmarkt seien ein Grauen und jeder sei zynisch… Die Rezession wird jetzt auf unbestimmte Zeit anhalten… Genauso wie die Öffentlichkeit bereits mit ihrem übermäßigem Optimismus 1928 falsch lag, halte ich auch nun die übermäßige Negativstimmung für übertrieben.

Dieser Satz könnte auch aus dem Jahr 2009 stammen. Im Nachhinein sind Investoren erstaunt, wie übermäßig optimistisch sie am Höhepunkt einer Blase sind. Ein “Herdentrieb-Pessimismus” kann jedoch ebenso schockierend und gefährlich sein.

Zur Furcht davor, dass der technologische Fortschritt unsere Jobs gefährden konnte, äußerte sich Roth 1931 wie folgt:

Über die neue Wissenschaft der „Technographie“ wird viel diskutiert. Diese besagt, dass neue Maschinen und der elektrische Fortschritt viele Jobs überflüssig machen und Betroffene es schwer haben werden, wieder einen Job zu finden. Ich bin zuversichtlich, dass neue Erfindungen und wissenschaftliche Entdeckungen dieses Problem beheben werden.

Auch in der jüngsten Vergangenheit war diese Sorge vermehrt zu beobachten. Während es 1930 noch Bauern waren, sind es heute Arbeiter in der Produktion, die um ihre Jobs bangen. Tatsächlich begegnen wir diesem Problem bereits seit mehreren Jahrhunderten. Es gibt immer wieder einen Durchbruch in einer bestimmten Branche, deren Arbeiter sich dann umorientieren müssen. Letzten Endes passt sich die Wirtschaft jedoch an und bietet jedem eine Anstellungsmöglichkeit.

Zu den Schwierigkeiten des Markt-Timings hatte Roth Folgendes zu sagen:

Der Großteil der Investoren bringt nicht die Geduld mit, um einen Abschwung der Märkte abzuwarten. Der durchschnittliche Spekulant hat sein Kapital bereits bis zum Anschlag investiert, sodass er über keine liquiden Mittel verfügt, um sich während eines Börsencrashs große Schnäppchen zu sichern. Im Jahr 1932, als Aktienkurse bei 10 % ihres normalen Niveaus standen, hätte man nicht viel falsch machen können, wenn man Aktien von Unternehmen gekauft hätte, die gerade zwanzig- oder dreißigjährige Umsatzrekorde verzeichneten und das Potenzial hatten, die Depression zu überleben. Jedoch haben dies nur sehr, sehr wenige Leute fertig gebracht – und genau deshalb ist der Klub der Millionäre immer noch so exklusiv.

Das ist genau der Grund, warum es achtzig Jahre später heute deutlich mehr Bankrotterklärungen als Milliardäre gibt.

1932 blickte Roth auf ein Jahrzehnt zurück, das von Expertenprognosen zur großen Depression geprägt war:

Jetzt, wo ich einige Vorhersagen aus den vergangenen Jahren von herausragenden Wirtschaftswissenschaftlern erneut lese, muss ich lachen. Sie waren alle falsch. Niemand sah die Rezessionen der Jahre 1937 – 1939 voraus und viele prognostizierten sogar noch für die vorangegangenen Jahre eine Inflation… Diese Zukunftsvorhersagen oder selbst detaillierte Berichte zur gegenwärtigen Lage liegen oft aufgrund unvollständiger Informationen, fehlerhafter statistischer Modelle oder versteckter Agenden oft daneben… Während der jüngsten Finanzkrise lagen prominente Banker, Geschäftsleute und viele weitere Experten mit dem Großteil ihrer Prognosen falsch. Mach dir deine eigenen Gedanken und fäll dir ein Urteil.

Das ist ein zeitloser Ratschlag.

Zu guter Letzt noch ein Zitat, das auf einer der letzten Seiten von Roths Tagebuch zu finden ist:

Es wird immer wieder neue Geschäftsmöglichkeiten geben. Die Wirtschaftslage wird dauerhaft weder gedrückt noch übermäßig schwungvoll bleiben.

Es wird genau so werden, wie es immer war.

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Dieser Artikel wurde von Morgan Housel auf Englisch verfasst und am 15.07.2014 auf Fool.com veröffentlicht. Er wurde übersetzt, damit unsere deutschen Leser an der Diskussion teilnehmen können.



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