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Darum sind Gewinnschätzungen bei Werten wie Epigenomics und Deutsche Bank so unsinnig

Häufig wird uns von Bankanalysten und anderen Beratern eine Aktie empfohlen, weil sie gerade ein günstiges Kurs-Gewinn-Verhältnis habe oder der erwartete Gewinn vom nächsten Jahr im Branchenvergleich attraktiv sei. Da ich zu dem Schluss gekommen bin, dass dies in vielen Fällen ziemlicher Unsinn ist, möchte ich dir eine bessere Herangehensweise zur Einschätzung von Unternehmen vorstellen.

Wann Kennzahlenvergleiche nützlich sind

Kennzahlen gibt es sowohl als historische Zeitreihen als auch als Schätzungen für die Zukunft. Beide haben natürlich ihre Daseinsberechtigung. Wenn ich zwei sehr ähnliche Unternehmen wie beispielsweise BMW (WKN:519000) und Daimler (WKN:710000) habe, dann ist es immer interessant zu sehen, welche Aktie gerade optisch günstiger bewertet wird.

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Bei äußerst stabilen Konzernen wie Henkel (WKN:604843) lassen sich daneben auch längerfristige Prognosen recht zuverlässig treffen. Dann kann sich jeder überlegen, ob die in Aussicht gestellten Dividenden eine Anlage wert sind. Aber nur die wenigsten Aktiengesellschaften sind so.

Wann einfache Kennzahlenvergleiche nicht hilfreich sind

Ganz anders verhält es sich nämlich mit Unternehmen am Scheideweg wie Epigenomics (WKN:A11QW5) oder die Deutschen Bank (WKN:514000), deren Zukunftsaussichten ein Spektrum von himmelhoch jauchzend bis zu Tode betrübt abdecken.

Epigenomics forscht an Bluttests zur Früherkennung von Krebs, denen ein großes weltweites Potenzial zugeschrieben wird. Allerdings verbrennt das Unternehmen derzeit noch eine Menge Geld und die Markteroberung zieht sich wie so oft im Gesundheitsbereich hin.

Wenn es bald gelingt, die Forschungsergebnisse erfolgreich am Markt zu platzieren, dann dürfte sich der Wert der Aktie zukünftig vervielfachen. Falls sich zwischenzeitlich Probleme ergeben, ist aber genauso auch ein Totalverlust nicht auszuschließen. Eine einzelne Gewinnschätzung kann diesem Umstand nicht gerecht werden.

Ähnlich sieht es bei der kapriziösen Deutschen Bank aus, die sich mit Fehlentscheidungen und Fehlverhalten weit von der DAX-Spitze verabschiedet hat. Hier versucht der neue Chef John Cryan das Schiff wieder in ruhigere Gewässer zu lenken, aber viele haben auch ihre Zweifel an der Strategie. Alles scheint möglich.

So lassen sich auch schwierige Unternehmen einschätzen

Natürlich könnte man es sich leicht machen und sich für seine Bewertung einfach das subjektiv wahrscheinlichste Szenario herauspicken. Der Optimist würde dann sagen, dass bei der Deutschen Bank alles gut werde. Entsprechend erscheint ihm die Aktie spottbillig.

Ein Pessimist würde vielleicht zu Epigenomics sagen, dass die sich nur von Kapitalerhöhung zu Kapitalerhöhung hangeln werden und erste Rückflüsse noch lange nicht in Sicht seien. Dann sind auch 90 Mio. Euro Marktkapitalisierung noch zu viel und er lässt natürlich die Finger davon.

Klüger wäre hingegen, sich beide Seiten anzuschauen, oder sogar gleich mehrere Szenarien zu entwickeln. Bei der Deutschen Bank sehe ich grob die drei folgenden Varianten im Hinblick auf die kommenden 4 Jahre:

  1. Die Bank wurschtelt sich durch und kommt nach einigen Schwierigkeiten wieder auf einen stabileren Wachstumspfad.
  2. John Cryan erwirbt sich den Respekt seiner Mannschaft. Alle ziehen mit und die Strategie geht reibungslos auf.
  3. Weitere Strafzahlungen, Marktturbulenzen und interne Streitereien machen Kapitalerhöhungen notwendig.
Szenario Gewinn je Aktie 2020 Eintritts-Wahrscheinlichkeit Angemessener Kurs 2020
1 3 EUR 50 % ~ 30 EUR
2 6 EUR 10 % ~ 60 EUR
3 negativ 40 % ~ 5 EUR

Anmerkung: als angemessenen Kurs habe ich ein Kurs-Gewinn-Verhältnis von 10 gewählt

Zusätzlich zu den hoffentlich wieder ausbezahlten Dividenden würde ich bei einem Wert wie der Deutschen Bank  für die kommenden Jahre zumindest 9 % Kursgewinn pro Jahr erwarten, was auf etwa 19 Euro im Jahr 2020 hinausläuft. Die gewählten Szenarien und Wahrscheinlichkeiten legen hingegen eine faire Bewertung von 23 Euro nahe (50 % * 30 EUR + 10 % * 60 EUR + 40 % * 5 EUR).

Das ist eine interessante Information. Es könnte die folgenden Ursachen für die Abweichung geben:

  1. Die anderen Marktteilnehmer fordern noch höhere jährliche Kursgewinne im Bereich von 15 % dafür, dass sie das Investorenrisiko eingehen.
  2. Sie schätzen das Risiko einer Verschärfung der Krise noch höher als 40 % ein oder ignorieren das positive Szenario völlig.
  3. Die 3 Euro im ersten Szenario sind zu optimistisch, obwohl sie der Konsensschätzung entsprechen und im historischen Vergleich eigentlich fast wie Peanuts erscheinen.
  4. Die Aktie ist schlicht unterbewertet.

Fazit

Entscheide selbst, was für dich Sinn ergibt, bevor du handelst. Wichtig ist aus meiner Sicht, dass wir uns nicht nur auf ein Szenario fokussieren, sondern immer alle Möglichkeiten berücksichtigen. Denn gerade die Wahrscheinlichkeiten für die Extremszenarien sind oft wichtiger für die Kursentwicklung als der Analystenkonsens.

Damit das Setzen auf solche Scheideweg-Aktien nicht zum Glücksspiel verkommt, ist eine breite Diversifizierung als Ausgleich wichtig.

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Ralf Anders hält Long-Derivate auf Daimler. The Motley Fool empfiehlt BMW.



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