Wir lieben gute Geschichten
Schau dir an, was letztes Jahr passiert ist.
Bevor er für die Erhöhung der Medikamentenpreise bekannt wurde, war Martin Shkreli als aufsteigender Investor und Finanzgenie bekannt. Er gründete sogar bereits Anfang 20 seinen eigenen Hedgefonds. Sein Investitionsscharfsinn wurde in der Forbesserie „30 Under 30“ vorgestellt. Er wurde als Hedgefondsgenie bezeichnet und als ein schlauer Investor. Das war natürlich alles falsch. Das FBI beschuldigte ihn, sein Investitionsvermögen schnell verloren zu haben und ein Schneeballsystem zu betreiben.
Fast ein Jahr vor dem Tag, an dem Shkreli verhaftet wurde, brachte das New York-Magazin eine Geschichte heraus, in der es um einen 17-Jährigen namens Mohamed Islam geht. Dieser soll 72 Millionen USD verdient haben, indem er in der Mittagspause mit Aktien gehandelt hat. Aber natürlich hat er dies nicht. Islam gab später zu, die ganze Sache erfunden zu haben.
Bloomberg nannte Mark Malik einst einen “aufstrebenden Fondsmanager”. Malik behauptete, 5 Milliarden USD zu verwalten und Renditen von über 200 % zu verdienen. Das ist erstaunlich, da er ein Verkehrspolizist war, kurz bevor er seinen Fonds gründete. Natürlich war das nur heiße Luft. Malik wurde im März 2015 verhaftet, nachdem ihm vorgeworfen wurde, 800.000 USD von Investoren erhalten und alles für sich selbst ausgegeben zu haben.
Auf einem ganz anderen Niveau wurde Elizabeth Holmes, CEO von Theranos, von den Medien mit Lob überhäuft und sogar als „Steve Jobs der Biotechnologie“ gehandelt. Dieses Lob gab es für bahnbrechende Labortests. Ein Artikel des Wall Street Journals im Oktober zeigte jedoch, dass die Produkte von Theranos schlechter funktionieren, als viele geglaubt hatten. Die meisten Tests wurden auf herkömmlichen Geräten durchgeführt, die von Unternehmen wie Siemens gekauft wurden.
Ich kenne diese Geschichten nur mit dem Wissensvorsprung, wie sie ausgegangen sind. Aber sie haben eines gemeinsam, wovor wir uns hüten sollten: Unserem unersättlichen Appetit nach einer guten Geschichte. Jeder liebt Helden, so sehr, dass wir häufig nicht hinter die Maske schauen.
Ich bin ein Optimist, der von dem Glauben angetrieben wird, dass sich Wissen über die Generationen hinweg potenziell vermehrt. Die Menschen können erstaunliche Sachen vollbringen. Aber es gibt Tage, an denen ich Bescheidenheit empfehle. Erfolg ist schwer und der Kapitalismus toleriert Ausreißer nicht besonders gut. Darum lieben wir solche Geschichten über herausragende Erfolge. Allerdings sollten sie uns auch misstrauisch machen. Ausreißer, die auf Glück, Schönfärberei oder sogar Betrug beruhen, sind sicher häufiger als wir glauben. Wir sollten anerkennen, dass unser Verlangen nach Erstaunen häufig größer ist als unsere Fähigkeit, Erstaunen zu produzieren. Dies gilt ganz besonders im Finanzbereich.
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Dieser Artikel wurde von Morgan Housel auf Englisch verfasst und am 21.12.2015 auf Fool.com veröffentlicht. Er wurde übersetzt, damit unsere deutschen Leser an der Diskussion teilnehmen können.