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Was ist los mit dem Finanzmarkt?

Der Finanzmarkt ist seltsam.

Auf der einen Seite gibt es Haushalte auf der ganzen Welt mit einem Vermögen von mehreren Billionen Euro. Auf der anderen Seite stehen massive Komplexität und weitverbreitetes Unwissen. Wenn du beides kombinierst, gewinnst du ein paar traurige Erkenntnisse.

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Unkenntnis in Sachen Finanzen wuchert in Deutschland: Laut einer Studie des Max-Planck Instituts und der U.S. George Washington Universität waren nur etwas mehr als die Hälfte der befragten Deutschen in der Lage, drei einfache Fragen über Zinsen, Inflation und Diversifikation zu beantworten. Gleichzeitig heimsen Manager und Finanzberater gewaltige Summen ein. George Soros allein verdiente 2014 deutlich über 1 Milliarde USD. Allerdings scheinen diese Leute auch nicht immer zu verstehen, was da passiert. Wir müssen uns nur an 2009 erinnern, um das zu erkennen.

Es ist einfach seltsam.

Im Finanzsektor laufen viele Dinge falsch. Aber meiner Meinung nach sind vier Probleme die Hauptursache für die meisten Verrücktheiten in dieser Branche.

Problem Nr. 1: Extreme Neigung zu Aktionismus, meist aufgrund ausbeuterischer Gebührenvereinbarungen

Investieren sollte in den meisten Fällen so laufen, dass man kauft und dann die Hände von den gekauften Aktien lässt. Du wählst eine Auswahl an Aktien, Anleihen, Bargeld oder Immobilien, die deinen Zielen entspricht, und lässt sie dann arbeiten.

Der Beweis ist überwältigend, dass je mehr du an den Stellschrauben drehst – Kaufen und Verkaufen, sich um dies und das zu sorgen und Umschichten – desto schlechter die Leistung mit der Zeit wird.

Das Problem ist, dass man als Unternehmen keine hohen Gebühren verlangen kann, wenn man nichts tut. Obwohl der Aktienhandel eine einfache Branche ist, bei der man nicht viel machen sollte, ist die einfachste Möglichkeit, um viel Geld an Kunden zu verdienen, komplizierte Services anzubieten. Je komplizierter diese aussehen, desto höher ist die Gebühr, die man verlangen kann.

Die Tage von kommissionsbasierten Aktienbrokern, deren einziger Antrieb es ist, dir den größten Schwindel anzudrehen neigen sich dem Ende entgegen. Das ist eine gute Neuigkeit. Aber jeder Finanzberater, jeder Geldmanager und jedes Investmentunternehmen muss seinen Kunden die Frage beantworten: „Was hast du heute für mich getan?“ Nur die wenigsten Finanzprofis, die im Geschäft bleiben wollen, können sagen: „Ich habe heute gar nichts für dich getan. Ich habe mir dein Portfolio eigentlich seit Monaten nicht mehr angeschaut und plane auch nicht, dies zu tun.“ Die Kunden würden einem solchen Geldmanager, der nichts tut, nichts bezahlen. Selbst dann, wenn nichts tun, genau das Richtige wäre.

Daher haben sich die Finanzprofis neue Strategien überlegt. Neue Investitionschancen, neue Handelsmöglichkeiten, Wirtschaftsanalysen, Formeln und Theorien. Sie müssen beschäftigt aussehen. Die Neigung, lieber irgendetwas zu tun als nichts, ist überstark und so verdient man sich seinen Lebensunterhalt in diesem Geschäft. Aber die Handlungen nützen dem Berater häufig mehr als dem Kunden.

Dies soll kein Rundumschlag gegen alle Berater und Geldmanager sein. Ich denke, dass die meisten gute, ehrliche Leute sind, die das Richtige tun wollen. Aber sie müssen auch ihre Rechnungen bezahlen und sie arbeiten in einer Branche, die hohe Erwartungen hinsichtlich einer sogenannten „gerechten“ Vergütung gesetzt hat.

Eine ironische Wahrheit ist, dass jeder Finanzberater und Geldmanager, mit dem ich bisher gesprochen habe, sagt, dass die Branche voller gieriger und teurer Profis ist, die ihren Kunden einen Bärendienst erweisen. Sie selbst sind aber niemals das Problem. Jeder denkt, dass er das Richtige tut und jeder andere das Problem darstellt. Als Investor ist es von höchster Wichtigkeit zu erkennen, wie mächtig Eigeninteresse sein kann, um die Branche zu verstehen.

Problem Nr. 2: Ein übermäßiger Gebrauch von Zahlen und Formeln und die Vernachlässigung von Psychologie und Gefühl.

Ich habe ein Finanzlehrbuch. Darin gibt es ein Kapitel mit der Überschrift: “Einschätzung von Konfidenzlimits ausgewählter Werte von komplexen Wertmodellen“. Ein anderes Kapitel heißt „Konformes Mapping von Funktionen einer komplexen Variable“. Wenn du das gelesen hast, kannst du dich an diesem Kapitel erfreuen: „Die Methode der kleinsten Quadrate aus Sicht der neuen Axiomtheorie.“

Ich habe keine Ahnung was dies bedeutet. Ich verspreche dir aber, dass nur die wenigsten, die sich in der Finanzbranche gut geschlagen haben, dies tun.

Einstein sagte: “Nicht alles, was gezählt werden kann, zählt, und nicht alles, was zählt, kann gezählt werden.“ Dies ist für die Finanzbranche so wahr. Viel der Mathematik ist nützlich, um Investitionen zu verstehen. Die wichtigsten Punkte beim Investieren sind jedoch „weiche“ Verhaltenseigenschaften wie Geduld und ein ruhiges Gemüt.

Das Problem ist, dass es schwer ist, Temperament mit mathematischen Formeln zu messen. Du kannst irrationale Psychologie eines Bärenmarktes nicht messen oder die Qualen einer Pechsträhne, Marketingbiase, Herdenverhalten oder Uneinigkeit in der Ehe. Diese Faktoren werden in der traditionellen Denkweise größtenteils nicht berücksichtigt, obwohl sie überaus wichtig sind.

2007 hatte jede Bank an der Wall Street eine genaue Vorhersage, wie sich die Wirtschaft 2008 entwickeln würde. Sie verwendeten mathematische Modelle, die von den klügsten Wissenschaftlern entworfen wurden. Darin wurden die Korrelationen von Daten eines ganzen Jahrhunderts berücksichtigt. Aber kein Modell zeigte, dass die Investoren Mitte September gleichzeitig das Vertrauen in das weltweite Bankensystem verlieren würden. Man kann Vertrauen nicht messen. 2008 war das jedoch der wichtigste Punkt.

Charlie Munger drückte es so aus:

„Man hat ein komplexes System und es spuckt eine Menge wunderbarer Zahlen aus, die einem helfen, ein paar Faktoren zu messen. Aber es gibt andere Faktoren, die furchtbar wichtig sind und die trotzdem nicht präzise in Zahlen zu fassen sind. Man weiß, dass sie wichtig sind, aber man hat die Zahlen nicht. In der Praxis überbewertet jeder die Dinge, die messbar sind, da sie sich auf die statistischen Techniken berufen, die man in der Uni gelernt hat. Die schwer messbaren Faktoren werden nicht mit berücksichtigt, obwohl sie vielleicht wichtiger sind.“

Sich das Investieren als mathematisch fundiertes Fach vorzustellen, lässt dich in viele Fallen tappen. Du weißt vielleicht, wie man den Wert bis auf die fünfte Nachkommastelle genau berechnet, aber wenn du ungeduldig bist und panisch reagierst, wenn die Aktien fallen, ist dies vollkommen nutzlos. Wenn du nicht anerkennst, dass sich der Markt möglicherweise gar nicht um ein Wertmodell schert, dann hast du ein Problem.

Eigentlich ist es noch schlimmer als das, denn den Wert so genau zu berechnen, gibt dir das Vertrauen ein großes Risiko einzugehen. Damit steigen die Chancen, dass du letztendlich panisch reagierst, wenn die Aktien fallen. Lauren Willis, Professoren an der Loyola Law School, fasste dies so zusammen, als sie beschrieb, warum manche Finanzbildungsprogramme nach hinten losgehen. Da es Finanzbildung genannt wird, „scheint es das Vertrauen zu steigern, nicht jedoch die Fähigkeiten. Dies führt zu schlechten Entscheidungen“, schrieb sie.

Ein Paradox im Finanzbereich ist, dass viele Fehlschläge durch die akkurate Anwendung der Theorien, so wie sie uns in der Vorlesung beigebracht wurden, entstehen. Leute, die einfach ihre natürliche Persönlichkeit einsetzen, haben hingegen häufig Erfolg. Ein ruhiger Novize wird meist ein hektisches Genie übertreffen.

Vor ein paar Jahren hatte ich Mohnish Pabrai, einen äußerst erfolgreichen Hedgefondsmanager, gefragt, was sein Geheimnis ist. Ich fragte ihn, weil sein Büro nicht wie das eines normalen Hedgefonds aussieht. Nur er, ein paar Bücher und ein Ruheraum. Er antwortete „Kontrolle meiner Gefühle“. „Das ist schon alles?“, fragte ich und er gab zurück, “Es ist eine ganze Menge. Du wärst überrascht. Der Finanzsektor benötigt mehr von dieser Denkweise“.

Problem Nr. 3: Keine konsistente Messung der Leistung

Im Fernsehen sagt jemand: “Aktien werden nächste Woche fallen. Ich empfehle den Investoren zu verkaufen.“ In der Woche darauf fallen die Aktien.

Hatte er recht?

Man könnte sagen, ja. Aber wir wissen es nicht. Wir können nicht sagen, ob er wirklich richtig lag, da die Investitionsbranche kein einheitliches Instrument zum Messen von Leistung hat.

Für den einen ist es lediglich eine normale wöchentliche Schwankung. Was passierte in der darauf folgenden Woche oder im darauf folgenden Monat, Jahr oder Jahrzehnt? Wie hat er sich im letzten Jahr geschlagen oder in den letzten zehn Jahren? Um die Effektivität eines Investmentmanagers zu messen, muss seine gesamte Historie betrachtet werden.

Aber hier wird es wirklich knifflig.

Selbst wenn wir eine langfristige Historie von 20 Jahren haben, dann können wir immer noch nicht sagen, ob ein Investmentmanager seine Investoren zum Erfolg geführt hat. Dies liegt daran, dass alle Investoren unterschiedliche Zeitpräferenzen haben. Wenn du 20 bist und für die Rente sparst, dann hast du alle Zeit der Welt, um Bärenmärkte auszusitzen, schlechte Jahre zu überstehen und geduldig auf langfristige Gewinne zu warten. Wenn du 90 Jahre alt bist, und mit 100.000 USD zurechtkommen musst, dann sieht es ganz anders aus. Ein schlechtes Jahr könne dein Leben komplett durcheinanderbringen. Der gleiche Geldmanager kann entweder äußerst nützlich oder furchtbar verheerend sein, je nach persönlichem Zeitrahmen.

Schau dir den legendären Investor Bill Miller an, der seit 15 Jahren den Mark übertrifft. Aber Miller sagt darüber: „Diese sogenannte Gewinnsträhne ist nur ein Zufall im Kalender. Wenn das Jahr mit einem anderen Monat geendet hätte, wäre sie nicht mehr da und die Mathematik wird uns an irgendwann einholen.“

Millers legendäre Reputation veranlasste Investoren, Jahr für Jahr in seinen Fonds zu investieren, um den Markt zu übertreffen. Dann endete die Glückssträhne und Miller hatte ein paar harte Jahre. Keine große Sache, dies passiert jedem von uns. Seine Investoren flohen jedoch entmutigt und zogen Milliarden Dollar ab, während er Fonds Verluste erlitt.

Am Ende übertraf Millers Fonds den S&P 500. Aber der durchschnittliche Bill Miller-Investor nicht. Er schnitt sogar schlechter ab, als er es mit einem passiven Indexfonds getan hätte.

Wie sollen wir nun Bill Miller bewerten? Es gibt keine einheitliche Möglichkeit. Er hatte Zeiten mit außergewöhnlicher Leistung, Zeiten mit schwacher Leistung, eine Karriere mit ordentlicher Leistung und seinen Durchschnittskunden, der unter schwacher Leistung litt. Du kannst sagen, dass Miller ein großer Erfolg oder ein völliger Fehlschlag war oder alles dazwischen.

Wenn es keine einheitliche Möglichkeit gibt, die Leistung zu messen, ist es für Investoren, Berater und den Medien schwierig, ein gutes Urteil abzugeben. Wir applaudieren daher Managern, die eigentlich unterm Strich Schaden für ihren Durchschnittskunden angerichtet haben, und kritisieren Manager, die sich in einer unvermeidlichen Verluststrähne befinden, während die Karriere als Ganzes hervorragend läuft.

Da es so schwer ist, Fähigkeiten einzuschätzen, schwappt das Geld blind in der Welt des Investments hin und her und jagt vergangener Leistung hinterher, flieht vor jedem möglichen Abschwung und ist im Nachhinein oft dort, wo es eigentlich nicht sein sollte.

Problem Nr. 4: Die Leute haben kein Geld, wenn der Zinseszins für sie arbeitet und zu viel, wenn er gegen sie arbeitet.

Ich habe mehrere Vorträge gehalten, in denen ich die langfristige Historie des Aktienmarktes gezeigt habe. Es ist einfach: Der Markt bietet fantastische langfristige Gewinne, allerdings mit häufiger Volatilität. Da es keine Möglichkeit gibt vorherzusehen, wann Volatilität eintritt, ist es notwendig, dass Investoren einen ausreichend langen Zeithorizont haben, um diese auszuhalten. Du solltest also gewillt sein, Aktien für mindestens fünf Jahre zu halten, idealerweise noch länger.

Jedes Mal, wenn ich dies erzählt habe, hob jemand die Hand und sagte: “Das ist großartig. Aber ich habe keine fünf oder zehn Jahre. Ich brauche jetzt Geld, heute, um davon zu leben. Aber ich muss gleichzeitig genug einnehmen, um meine Rente abzusichern.“

Und häufig schreibt mir eine junge Person nach einer solchen Präsentation „Das ist großartig, die Zeit ist auf meiner Seite. Aber ich habe kein Geld, um zu investieren.“ Natürlich hast du kein Geld. In diesem Stadium deines finanziellen Lebens kümmerst du dich darum, wie du deinen Studienkredit zurückzahlst, was praktisch genau das Gegenteil von Zinseszins ist.

Eine schmerzliche Ironie beim Investieren ist, das der Aktienmarkt am besten für diejenigen funktioniert, die Jahrzehnte zum Investieren vor sich haben. Aber diese Leute haben nur wenig Geld. Mit der Zeit haben die Investoren ein großes Einkommen und können viel Geld sparen. Allerdings sind sie dann nahe an der Rente und haben die Zeit nicht mehr auf ihrer Seite.

Dies ist gleich doppelt unglücklich. Die Leute haben nicht genug Geld, um sich zur Ruhe zu setzen und gehen dann zu viel Risiko ein, um in einem verzweifelten Versuch dies auszugleichen. Wenn die Leute Erträge aus Aktien benötigen, sich aber die kurzfristige Volatilität nicht leisten können, werden sie enttäuscht.

Dies führt zu Frustration und gibt den Investoren das Gefühl, dass der Aktienmarkt ein Kasino ist, das sie um ihr hart erarbeitetes Geld betrogen hat. In Wirklichkeit ist es nicht so. Er ist nur nicht für Leute geeignet, die nicht viel Zeit haben.

Aktien sind gerade auf einem Allzeithoch. Niemand, keine einzige Person, die langfristig in ein diversifiziertes Portfolio von US-Aktien investiert hat, hat je Geld verloren. Aber Millionen von Investoren haben Geld durch Aktien verloren, da sie nicht die Geduld hatten, durchzuhalten. Der häufigste Grund dafür ist, dass sei keine Zeit hatten. Sie benötigen das Geld jetzt, um davon zu leben.

Ich kenne die Antworten auf diese Probleme nicht. Ich denke, dass sich die Finanzindustrie in die richtige Richtung bewegt. Die Gebühren sinken, die Transparenz steigt, Bahavioral Finance ist beliebt und Tausende verstehen, dass sie für sich selbst sparen müssen. Die Probleme bestehen jedoch immer noch. Als Investor ist es der erste Schritt, diese zu erkennen und zu verstehen, um sie zu vermeiden.

Der Bärenmarkt-Überlebensguide: Wie du mit einer Marktkorrektur umgehst!

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Dieser Artikel wurde von Morgan Housel auf Englisch verfasst und am 18.03.2015 auf Fool.com veröffentlicht. Er wurde übersetzt, damit unsere deutschen Leser an der Diskussion teilnehmen können.



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