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Zinswende voraus? Tumulte am Anleihenmarkt und was Deutsche Bank, Vonovia und Infineon davon haben

Tsunami-Warnung
Bild: Ralf Anders

Noch vor Kurzem erreichten viele Anleihen historische Höchstwerte. Am 11. März konnte Deutschland ein festverzinsliches und bis 2030 laufendes Papier zu einer spektakulären negativen Rendite von -0,77 % im Markt unterbringen. Viele Unternehmensanleihen hingegen, wie etwa diejenigen der Lufthansa (WKN: 823212), sind angesichts der aktuellen Widrigkeiten bereits verprügelt worden. Erstklassige Staatsanleihen haben sich auf der anderen Seite noch gut gehalten.

Aber auch dort setzt nun möglicherweise ein Umdenken ein. Die Folgen für Unternehmen wie Deutsche Bank (WKN: 514000), Vonovia (WKN: A1ML7J) und Infineon (WKN: 623100) sind vielfältig und nicht zwingend negativ.

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Warum die Zinswende jetzt kommen könnte

Über die letzten zehn Jahre haben wir uns zunächst an Mini-, dann an Null- und zuletzt an Negativzinsen gewöhnen müssen. Der Anleihenmarkt boomte wie selten zuvor und erlaubte Gewinne in ähnlicher Höhe wie am Aktienmarkt. Der viel beachtete Futurekontrakt auf 10-jährige (genauer gesagt 8,5-jährige) deutsche Staatsanleihen, der Euro Bund Future, stieg seit Sommer 2008 von einem Indexwert von 110 auf in der Spitze fast 180.

In den letzten Tagen ist er allerdings auf unter 170 abgetaucht und das könnte erst der Anfang sein. Die Zentralbanken haben uns eingelullt mit ihren Aufkaufprogrammen und Zinssenkungen. Die einfache Regel „Konjunkturprobleme gleich sinkende Zinsen“ hat sich in unsere Köpfe eingebrannt. Dabei wird völlig übersehen, dass drei Faktoren den Zins bestimmen: neben der Konjunktur nämlich auch das Angebot an Neuemissionen sowie die Kreditwürdigkeit und das Vertrauen in die Wertstabilität der betreffenden Währung.

Wenn jetzt überall gewaltige Konjunkturprogramme ausgerufen werden, dann muss das Geld ja irgendwo herkommen. Das heißt, dass die Schatzmeister der großen Staaten nun zusätzliche Anleihen in zwei- bis vierstelliger Milliardenhöhe begeben werden. Überschüssige Mittel zur Finanzierung des Ganzen dürften aber aktuell nicht so üppig ausfallen, wenn man sieht, wie ganze Branchen in schwieriges Fahrwasser geraten.

Außerdem kochen jetzt wieder die Spekulationen hoch, dass der Euro wegen Italien platzen, oder die abartigen Defizite und die maßlose Kreditaufnahme der USA zu einer massiven Dollarabwertung führen könnten. Das bedeutet, dass von drei Faktoren nur einer für weiterhin extrem niedrige Zinsen spricht. Schließlich haben die staatliche Stimulierung der Wirtschaftsaktivität und die zunehmenden Zweifel an Währungen und der langfristigen Solvenz eine zinssteigernde Wirkung.

Erdogan würde gerne die türkischen Leitzinsen auf null runterfahren. Aber obwohl seine Macht in seinem Land normalerweise alles überstrahlt, kann er gegen diese Marktgesetze nicht viel ausrichten. Trotz mehrerer Senkungen liegt der Leitzins immer noch bei 9,75 %, bei gleichzeitiger Abwertung der Lira.

Als Ergebnis dieser Überlegungen ergibt sich für mich, dass nun mit einer einsetzenden Zinswende zu rechnen ist. Selbst wer sich von der Argumentation nicht restlos überzeugen lässt, sollte sich zumindest ein Bild davon machen, welche Auswirkungen es auf verschiedene Unternehmen und ihre Aktien hätte.

Die Auswirkungen

Deutsche Bank
Die europäischen Banken ächzen seit Langem unter dem Nullzinsumfeld. Das früher so einträgliche Geschäft, kurzfristig günstig Geld aufzunehmen und langfristig teuer zu vergeben (oder alternativ Sparbuchguthaben langfristig in hochverzinsliche Anleihen zu investieren), funktioniert kaum noch. Für sie wäre es folglich eine große Erleichterung, wenn irgendwann wieder Normalität einkehren würde.

Bei der Deutschen Bank kommt hinzu, dass sie am Anleihemarkt noch immer in der Champions League spielt. Wenn es jetzt turbulent wird, dann ist die Expertise des Geldhauses gefragt und es ergeben sich gute Geschäftsmöglichkeiten. Auf diese Weise könnte zumindest ein Teil der Einbußen durch die nun notwendige erhöhte Risikovorsorge aufgefangen werden.

Vonovia
Die Immobilienbranche ist gleich mehrfach betroffen von den aktuellen Entwicklungen. Viele Geschäftsimmobilien werden nun stark in ihrem Wertansatz reduziert werden müssen, während gleichzeitig die Mieteinnahmen zurückgehen und die Refinanzierung teurer wird. Da verwundert es nicht, dass die Vonovia-Aktie zum 18. März bereits rund ein Drittel ihres Wertes vom Februar verloren hat.

Besserung ist kaum in Sicht, denn die negative Wirkung aller drei Faktoren könnte noch etwas länger anhalten und die schwächeren bzw. besonders hoch verschuldeten Spieler der Branche in Bedrängnis bringen.

Infineon
Ein anderes Thema, das über die letzten Jahre die Bilanzen stark belastet hatte, betrifft die Pensionsverpflichtungen und die Deckungslücke. Dabei geht es darum, dass die Pensionszusagen in der Regel noch nicht vollständig ausfinanziert sind und über jährliche Rückstellungen gedeckt werden müssen. Bei sinkenden Zinsen steigt der Wert der Zusagen (sie werden in der Kalkulation weniger entwertet über die Jahre) und damit die Lücke. Ökonomen warnen regelmäßig vor den Problemen, die daraus erwachsen können.

Dieser Mechanismus funktioniert aber auch andersherum. Sollte sich die Zinssituation auf absehbare Zeit normalisieren, dann dürfen die Finanzchefs wieder mit höheren Abschreibungssätzen kalkulieren, wodurch sich die Lücke schließen würde. Ein Unternehmen wie Infineon, das laut der jüngsten Mercer-Studie zu diesem Thema besonders stark unter dem anhaltenden Trend gelitten hat, wäre dann im Vorteil.

Da trifft es sich gut, dass der Halbleiterkonzern kürzlich noch günstig Anleihen im Umfang von 1,2 Mrd. Euro zur Finanzierung der Cypress-Übernahme platzieren konnte.

Hier kommt einiges in Bewegung

Die Anleihemärkte verhalten sich oft wie Supertanker. Sie fahren gemächlich in eine Richtung. Aber in turbulenten Zeiten wie diesen können sie große Welle schlagen. Manch ein Unternehmen könnte davon angehoben werden, während andere Schlagseite bekommen. Es bietet sich daher an, sich einen Moment zu nehmen, um zu überlegen, welche Auswirkungen auf dein eigenes Depot möglich sind.

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Ein erneutes Aufflammen von Corona in China, Krieg innerhalb Europas und eine schwächelnde Industrie in Deutschland in Zeiten hoher Inflation und steigender Zinsen. Das sind ziemlich viele Risiken, die deinem Depot nicht guttun.

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Ralf Anders partizipiert über ein von ihm betreutes Indexzertifikat an der Aktienentwicklung von Infineon. The Motley Fool besitzt keine der erwähnten Aktien.



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