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Infineon spinnt? Mit Cypress-Übernahme back to the Future

Chips Roulette
Foto: Getty Images

Infineon (WKN:623100) tut es wieder! Ein neuer Anlauf für eine Megaübernahme in den USA wurde am Montag verkündet. Cypress Semiconductor (WKN:871117) soll es diesmal sein. Gleich 9 Mrd. Euro will das Halbleiterunternehmen dafür in die Hand nehmen. Bezahlt wird in Cash. Während das Management den Deal als einen großen Wurf feiert, zeigen sich die Aktionäre schockiert. Und tatsächlich: Es gibt viel Gutes darüber zu sagen ‒ aber auch Grund zur Sorge.

Back to the Future?

Speicherchips hätten Infineon fast umgebracht. Nach dem Börsengang der Abspaltung Qimonda hielt der Konzern weiterhin die Mehrheit und 2009 war die Tochter bankrott. Zur anschließenden Genesung von Infineon trug ein Deal mit Intel (WKN:855681) bei, als 2011 das Wireless-Geschäft für 1,4 Mrd. US-Dollar verkauft wurde.

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Nun soll der amerikanische Mitbewerber Cypress Semiconductor übernommen werden, zu dessen Leistungsportfolio unter anderem „Wireless“ und „Memory Chips“ gehören. Das wirkt auf den ersten Moment wie ein Hin-und-Her und lässt Erinnerungen an schlechtere Zeiten hochkommen. Bei genauerem Hinsehen zeigt sich allerdings, dass es schon deutliche Unterschiede gibt.

An Intel wurde damals Mobilfunktechnik verkauft, während jetzt Drahtloskommunikation wie WiFi und Bluetooth hinzukommt. Qimonda wiederum konzentrierte sich auf DRAM-Massenspeicher, während Cypress ein führender Anbieter von stärker differenzierten SRAM-Chips und sogenanntem NOR Flash Memory ist. Lediglich wenn es um den ferroelektrischen Speichertyp (FeRAM) geht, ist eine Reise in die Vergangenheit erkennbar. Vor bald 20 Jahren wurde daran intensiv geforscht bei Infineon. Dieses Know-how ist jedoch nach den Qimonda-Wirren zur Ferroelectric Memory Company (FMC) aus Dresden abgewandert.

Wie Cypress zu Infineon passt

Insgesamt passen die Cypress-Geschäfte sehr gut zum bestehenden Produktspektrum von Infineon. Gerade bei vernetzten Geräten wird Infineon in Zukunft deutlich mehr Bausteine aus einer Hand liefern können, von Sensor- und Motorsteuerungschips über Microcontroller (MCU) und Leistungshalbleiter bis hin zu Connectivity- und Sicherheitslösungen. Gelingt es, die Produkte noch enger aufeinander abzustimmen, dann lockt hohes zusätzliches Umsatzpotenzial durch die Verschmelzung der Kundenstämme.

Die Überschneidungen sind dabei gering, selbst bei den Automotive MCUs, wo beide aktiv sind. Cypress fokussiert sich dabei etwa auf Klimatisierung und Infotainment, während es bei Infineon eher um fahrzeugnahe Anwendungen wie Assistenzsysteme geht. Mit dem komplettierten Portfolio wird Infineon die Nummer 3 im MCU-Bereich.

Insgesamt kann sich Infineon nach Abschluss der Transaktion wieder als der weltgrößte Lieferant von Automobilhalbleitern fühlen und wird wohl auch in der globalen Top 10 der umsatzstärksten Halbleiterunternehmen geführt werden. Joachim Hofer argumentierte im „Handelsblatt“, dass gerade deshalb der Deal richtig und wichtig sei. Deutschland brauche einen Chiphersteller, der im Spiel der Großen mithalten könne.

Was mir trotzdem nicht so richtig gefällt

Als Anleger ist mein Interesse an Industriepolitik allerdings verschwindend gering. Was für mich zählt, ist, ob der Deal letztlich zählbare Werte in Form von Dividenden und Kurssteigerungen schafft. Ein hochprofitabler Nischenplayer ist schließlich für Aktionäre häufig attraktiver als ein schwerfälliger Gigant.

Nun ist Cypress heute hochprofitabel und wie gesagt auf elegante Weise komplementär. Gelingt die Integration ähnlich gut wie vor vier Jahren bei International Rectifier, dann könnten die nun versprochenen Synergien in Höhe von 180 Mio. Euro pro Jahr tatsächlich gehoben und neue Wachstumschancen ergriffen werden. An dieser Front gibt es kaum etwas zu meckern.

Trotzdem ist 9 Mrd. Euro eine Stange Geld für einen Betrieb, der Umsätze von umgerechnet gut 2 Mrd. Euro schreibt, 2017 noch Verluste machte und eher moderat wächst. Auch der Zeitpunkt ist denkbar schlecht gewählt. Der US-Dollar war zuletzt wieder teurer, die Gefahren im amerikanischen Markt werden durch die kapriziöse Regierung und das drakonische Justizsystem immer größer und der wilde Konflikt mit China droht gerade den Halbleitersektor besonders hart zu treffen.

Möglicherweise finden auch die Kartellbehörden wie so oft ein Haar in der Suppe und fordern Zugeständnisse, die den Abschluss des Deals verzögern und weniger lukrativ machen. Warum man unter diesen Umständen am möglichen Beginn eines Abschwungs bereit ist, einen so hohen Aufpreis zu bezahlen, ist mir unklar. Ich denke, dass jetzt nicht der Moment ist, um sein Engagement in den USA auszuweiten ‒ schon gar nicht für so viel Geld.

Abschließendes Urteil

Gut ist auf der anderen Seite, dass Infineon den Deal dank der günstigen Finanzierungsbedingungen und der guten Profitabilität der beiden Konzerne ohne größere Probleme stemmen kann. Unter normalen Umständen würde ich sagen, auf lange Sicht bestehen gute Chancen, dass hier Wert geschaffen wird für die Aktionäre. Aber die Zeiten sind nicht normal und mir würde es besser gefallen, wenn Infineon aus eigener Kraft oder durch handlichere Zukäufe neues Wachstum angestrebt hätte.

Aus für mich verständlichen Gründen ist die Marktkapitalisierung nun auf 18 Mrd. Euro geschrumpft (03.06.). Wenn allerdings alles gut geht, wird der kombinierte Konzern nach 2021 Gewinne im Bereich von 1,5 bis 2 Mrd. Euro schreiben, was für Aktionäre sicherlich mit hohen Renditen verbunden wäre. Die große Frage ist daher, ob alles gut geht.

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Ralf Anders partizipiert über ein von ihm betreutes Indexzertifikat an der Aktienentwicklung von Infineon. The Motley Fool empfiehlt Cypress Semiconductor.



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