Elektromobilität: Wie das Schnellladenetz von BMW, VW und Daimler die falschen Anreize setzt
IONITY, das Gemeinschaftsunternehmen von Ford (WKN:502391), Daimler (WKN:710000), BMW (WKN:519000) und der Volkswagen (WKN:766403)-Gruppe, ist eifrig dabei, sein paneuropäisches Schnellladenetzwerk auszubauen. Schon in Kürze sollte man damit problemlos elektrisch von Oslo bis Rom und von Wien bis Paris und darüber hinaus kommen. Aber während sich VW für die USA ein ziemlich schlaues Preismodell ausgedacht hat, setzt das europäische Pendant falsche Anreize.
Darum geht’s
Vor einigen Tagen bin ich darauf gestoßen, was die VW-Tochter Electrify America in den USA von Kunden verlangt, die an ihrem landesweiten Netz aufladen. Dort fällt ein US-Dollar je Sitzung an, plus etwa 30 Cent je Minute, an der das Auto an der Ladesäule hängt. Das ergibt irgendwie Sinn. Wer ein Auto mit fortschrittlicher Ladetechnik hat und schnell den Ladeplatz wieder freimacht, der bezahlt weniger als ein anderer, der mit seinem alten Elektroschlitten ewig blockiert.
Der Trick für Volkswagen dabei ist, dass damit ein zusätzlicher Kaufanreiz für die Hightech-Modelle von Porsche und Audi entsteht, die in wenigen Monaten auf den Markt kommen. Deren Batteriesysteme werden wohl zunächst die einzigen sein, die in der Lage sind, den brachialen Stromfluss von 150 bis 350 Kilowatt aufzunehmen. Eine kurze Pinkelpause genügt, um die Fahrt mit ausreichend befülltem Stromspeicher fortsetzen zu können. Der Preis je Kilowattstunde fällt dann entsprechend günstig aus.
Was IONITY falsch macht
In Europa hat Volkswagen mit seinen Mitgesellschaftern eine vermeintlich griffige Formel gefunden: „8“. Jeder bezahlt immer die gleiche Pauschale – allerdings in Lokalwährung. Die Schweizer, die eigentlich schon seit viele Jahren gewohnt sind, für alles immer etwa 20 % mehr zu bezahlen als die nördlichen Nachbarn, kommen so besonders günstig weg. Nun sind es die Dänen, die etwa 50 % mehr als die Helvetier hinblättern müssen (80 Dänische Kronen in diesem Fall, was etwa 12 Schweizer Franken entspricht).
Aber das kann man vielleicht noch zum Teil mit lokalen Strompreisen erklären und es sei den Schweizern gegönnt. Schlimmer finde ich die völlig falsche Anreizwirkung des Preismodells. Mir fällt gleich eine Reihe von problematischen Beispielen ein:
- Wer mit einem kompakten sparsamen Wagen mit kleiner Batterie vorfährt, der bezahlt einen völlig überhöhten Strompreis.
- Da der Preis völlig unabhängig von der bezogenen Strommenge ist, werden sich viele Autofahrer anstrengen, mit möglichst tiefem Batteriestand einzufahren. So wird Verschwendung gefördert.
- Ein hypothetischer Elektro-Hummer mit Riesenbatterie und veralteter Ladetechnik kann sich stundenlang auf einem der wenigen Plätze breitmachen und dabei Unmengen von Energie ziehen – und muss doch keinen Cent mehr bezahlen als jeder andere auch.
Porsche gewinnt immer
Grundsätzlich will aber natürlich kein Autofahrer ewig herumstehen. Letztlich fördert sowohl Electrify America als auch IONITY den Kauf von leistungsstarken Modellen mit der neuesten Ladetechnik. Davon profitieren ganz klar die Premiumhersteller, was aus Sicht der Porsches und BMWs natürlich eine gute Sache ist.
Wer hingegen einen günstigen Elektroflitzer hat, der wird bei IONITY ganz schön abgezockt, denn bei typischen Mengen von beispielsweise 20 Kilowattstunden (kWh) fällt ein happiger kWh-Preis von 40 Eurocent an. Da wird man sich wohl eher woanders umschauen, wo nach bezogener Strommenge abgebucht wird. Die Elektromobilität im Volumenmarkt wird somit durch IONITY kaum vorangebracht.
Klar ist aber auch: IONITY wird vermutlich nicht ewig auf die 8 setzen, denn das kuriose Preismodell gilt nur „bis auf Weiteres“. Ob IONITY also nur ein Mittel zur Verkaufsankurbelung von elektrifizierten Premiumfahrzeugen bleibt oder ob daraus ein lukratives Geschäftsmodell wird, werden wir erst wissen, wenn die erwarteten Millionen Elektrofahrzeuge in einigen Jahren auf Europas Straßen fahren.
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Ralf Anders besitzt keine der erwähnten Aktien. The Motley Fool empfiehlt BMW, Daimler und Ford.