So geht die Siemens-Aktie in den Juli
Übernahmen und Restrukturierungen, Rekordzahlen und Megaaufträge: Bei Siemens geht es rund und hier ist alles, was du wissen musst, um dich auf den neuesten Stand zu bringen.
Das Wichtigste zur Siemens-Aktie vom Juni
Siemens kann es nicht lassen: Wenn gerade mal keine Großübernahmen anstehen, dann doch zumindest ein paar nette und bevorzugt digitale Ergänzungen — „bolt-on“, wie es so schön heißt.
Da wäre zum Beispiel die mittelständisch aufgestellte Tochter Siemens Postal, Parcel & Airport Logistics zu nennen, welche mit den cloudbasierten Supply-Chain-Lösungen von LOCOM aus Karlsruhe das digitale Angebot stärkt. Zudem hat sich das Segment Building Technologies die kalifornische Building Robotics einverleibt, welche Comfy, eine mobile App zur Personalisierung der Arbeitsplatzumgebung, entwickelt hat. Der dritte Deal betrifft den neuen Star, Mentor Graphics. Mit der Hinzunahme von Austemper Design Systems sollen Features zur Sicherstellung der Funktionssicherheit von integrierten Schaltkreisen ergänzt werden.
Ins Auge gefallen ist mir auch eine Großinvestition in die 2016 übernommene Materials Solutions Ltd. aus Großbritannien. 50 neue und hochleistungsfähige 3D-Drucker sollen in einem neuen Betriebsgebäude unterkommen. Schon für September ist die Eröffnung geplant. Es zeigt sich ein weiteres Mal, dass Siemens es ernst meint mit der Additiven Fertigung, selbst wenn sich der Konzern im Gegensatz zu General Electric (WKN:851144) gegen die Akquisition eines entsprechenden Maschinenbauers entschieden hat.
Was Großaufträge angeht, ist die Windkrafttochter Siemens Gamesa (WKN:A0B5Z8) hervorzuheben, welche Turbinen mit einer Nennleistung von 471 Megawatt nach Brasilien liefern wird. Noch größer ist der Auftrag von Transport for London (TfL) für die Mobility-Sparte. Dort soll es für die Ausstattung einer U-Bahnlinie mit rollendem Material um stolze 1,5 Mrd. Pfund gehen. Auf der negativen Seite ist zu verbuchen, dass die aufgezwungene Offshore-Wind-Tochter Adwen ohne neue Aufträge dasteht und Mitarbeiter entlassen muss.
Die letzten Zahlen zur Siemens-Aktie
Das Frühlingsquartal ist zu Ende, aber wir können nur erahnen, dass es wohl wieder gut gelaufen ist. Schließlich lag das Verhältnis von neu hereingekommenen zu in Rechnung gestellten Aufträgen bei stolzen 1,12, womit der Auftragsbestand auf 129 Mrd. Euro anschwoll.
Die letzten verfügbaren Zahlen stellen sich wie folgt dar:
in Mio. € | 31.03.2017 | 30.06.2017 | 30.09.2017 | 31.12.2017 | 31.03.2018 |
Umsatz | 20.219 | 21.413 | 22.299 | 19.823 | 20.141 |
Operativer Gewinn (EBIT) | 2.308 | 1.678 | 1.121 | 1.605 | 1.710 |
Vorsteuergewinn | 2.196 | 1.852 | 1.618 | 2.345 | 2.667 |
Nettogewinn | 1.449 | 1.413 | 1.280 | 2.189 | 1.953 |
Eigenkapital | 37.920 | 41.947 | 43.089 | 44.028 | 43.672 |
Bilanzsumme | 131.366 | 135.227 | 133.804 | 136.056 | 133.375 |
Quelle: Morningstar, Siemens Investor Relations
Der ungewöhnliche Umstand, dass das EBIT oft kleiner ist als der Vorsteuergewinn hängt damit zusammen, dass bei Letzterem noch das Ergebnis der Beteiligungen und von Siemens Financial Services hinzukommt. Die sogenannten „zentral gesteuerten Portfolioaktivitäten“ haben beispielsweise in der ersten Hälfte des unterjährigen Geschäftsjahrs 1,3 Mrd. Euro beigesteuert. 655 Mio. Euro davon gingen auf das Konto des Verkaufs der restlichen Aktienbestände an Osram (WKN:LED400) im Oktober 2017 – geschickt gewählter Ausstiegszeitpunkt!
Was Analysten zur Siemens-Aktie sagen
Große Uneinigkeit herrscht bei den spezialisierten Beobachtern der Banken. Am 29.06. empfahl die Deutsche Bank zu halten und zwei Tage davor empfahl Barclays Capital unterzugewichten. Die UBS hielt die Siemens-Aktie hingegen am 22.06 für kaufwürdig.
Das negative Urteil basiert unter anderem auf der Einschätzung, dass Siemens möglicherweise technologisch nicht für die Zukunft gerüstet sei, wenn es etwa um intelligente Stromnetze geht. Demgegenüber geht das positive Urteil davon aus, dass die erwartete Strategieanpassung zu sichtbaren Resultaten führen wird. „Halten“ wiederum bedeutet in diesem Fall vor allem „Abwarten auf bessere Informationen“.
Wie es jetzt weitergeht
Ein großes Thema für die nächsten Wochen ist also auf jeden Fall, wie es mit dem kontinuierlichen Konzernumbau weitergeht. Ich für meinen Teil erwarte, dass ein Kernbereich rund um „digital, elektrifiziert und automatisiert“ gebildet wird, an den der Rest satellitenartig andockt. Mal sehen, was im Detail kommt.
Zunächst gilt es jedoch, in das kriselnde Segment Power & Gas wieder Ruhe hineinzubekommen. Das langwierige Gezerre um die Schließung oder Zusammenlegung von Standorten ist problematisch für den gesamten Konzern. „Siemens steht ein heißer Sommer bevor“, wird in der Presse schon getitelt.
Was die Fusion mit Alstom (WKN:A0F7BK) angeht, gibt es wohl Verzögerungen. Das bedeutet auch, dass das Top-Management noch das ganze Jahr über intensiv damit beschäftigt sein wird, den Deal voranzutreiben und durch alle Gremien zu bringen. Der frühere Wirtschafts- und Außenminister Sigmar Gabriel wurde aber schon mal als Verwaltungsrat nominiert.
Zuvor will Siemens aber demonstrieren, was die Sparte in die Waagschale zu werfen hat. Aktuell wird der große Auftritt auf der InnoTrans-Messe in Berlin vorbereitet, wo die Mobilität der Zukunft im Mittelpunkt steht. Neue Zahlen zum dritten Quartal bekommen wir am 2. August, dann gibt es ein Update von mir.
Der Bärenmarkt-Überlebensguide: Wie du mit einer Marktkorrektur umgehst!
Ein erneutes Aufflammen von Corona in China, Krieg innerhalb Europas und eine schwächelnde Industrie in Deutschland in Zeiten hoher Inflation und steigender Zinsen. Das sind ziemlich viele Risiken, die deinem Depot nicht guttun.
Hier sind vier Schritte, die man unserer Meinung nach immer vor Augen haben sollte, wenn der Aktienmarkt einen Rücksetzer erlebt.
Ralf Anders partizipiert über ein von ihm betreutes Indexzertifikat an der Aktienentwicklung von Osram, Siemens und Siemens Gamesa. The Motley Fool besitzt keine der erwähnten Aktien.