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Wie Joe Kaeser noch mehr aus der Volkswagen-Gruppe herausholen würde

Im Bild: Joe Kaeser, Vorsitzender des Vorstands der Siemens AG.
Quelle: www.siemens.com/presse

Joe Kaeser ist ein Meister darin, die DNA eines Konzerns herauszuarbeiten und für jeden Geschäftsbereich das Beste herauszuholen. Was er bei Siemens (WKN:723610) macht, lässt sich auch auf andere Großkonzerne übertragen. Wenn er zu Volkswagen (WKN:766403) wechseln würde, gäbe es einiges zu tun — und das würde wahrscheinlich richtig Werte schaffen für die Aktionäre!

Was die Siemens-Identität von VW unterscheidet

Das VW-Management war bisher nicht immer sonderlich kreativ, wenn es darum ging, den Kern des Unternehmens zu beschreiben. Lange lief die Kampagne „Das Auto“, die zwar Selbstbewusstsein demonstrierte, aber wenig aussagte. Auch das aktuelle Zukunftsprogramm „TOGETHER – Strategie 2025“ ist eher vage: „Wir sind ein weltweit führender Anbieter nachhaltiger Mobilität“, so die Vision. Das könnte genauso von Hyundai, Renault oder Toyota kommen.

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Noch unschärfer sind die abgeleiteten Zielgrößen, die im Wesentlichen auf die klassische Berücksichtigung der Interessen von Mitarbeitern, Kunden, Umwelt und Aktionären hinauslaufen. Das sieht etwa bei Henkel (WKN:604843) nicht viel anders aus.

Ich denke, Joe Kaeser könnte das besser. Für Siemens hat er Elektrifizierung, Automatisierung und Digitalisierung als überragende Kompetenzen definiert, ergänzt um die Ingenieurskunst. Dafür steht Siemens und daran orientieren sich alle strategischen Initiativen.

Was nicht so richtig dazupasst, wird aussortiert (z. B. Dampfturbinen an Colfax (WKN:A0MVPD)), börsennotiert (Siemens Healthineers (WKN:SHL100)) oder in ein Joint Venture (Siemens Gamesa (WKN:A0B5Z8)) eingebracht, je nachdem, was strategisch am sinnvollsten erscheint (vergleiche meine Roadmap 2025 vom Januar 2017).

Bestimmt lassen sich mit etwas Mühe auch für VW Dinge finden, die die wahre DNA des Konzerns charakterisieren und damit einen besseren Ausgangspunkt für strategische Entscheidungen bieten würden.

Die Suche nach der VW-DNA

Joe Kaeser würde bestimmt noch treffendere Aspekte herausarbeiten, aber ich hätte auch drei Ideen:

1. VW-DNA: Komplexitätsbeherrschung

Ich möchte behaupten, dass es weltweit kaum einen Industriekonzern gibt, der Komplexität so gut beherrscht wie Volkswagen. Schon allein vor der Aufgabe, zwölf Marken sauber zu managen, würden Konkurrenten kapitulieren. Aber auf der Stufe der Modelle und erst recht der Varianten wird es ja noch viel bunter. Während die asiatischen Hersteller auf das Motto „Keep it simple“ setzen und sich gerne mal auf je zwei Optionen bei Farbe, Motorisierung und Ausstattung beschränken, können VW-Kunden ihre Autos bis ins kleinste Detail konfigurieren.

VW sucht geradezu die Komplexität, weil man aus Erfahrung weiß, dass man Instrumente entwickeln kann, um ein Ausufern zu verhindern. Ein Beispiel dafür sind die wegweisenden Plattformen, mit denen auf der für Kunden unsichtbaren Chassis-Ebene durch viele standardisierte Teile für Einfachheit gesorgt wird, während die sichtbaren Oberflächen für Vielfalt sorgen.

VW gelingt es auf erstaunliche Weise, trotz der aufwendigen Individualisierungsmöglichkeiten seine Modelle zu wettbewerbsfähigen Preisen zu fertigen.

2. VW-DNA: Globalisierung

Nur wenige Unternehmen haben so frühzeitig und mutig die Chancen der Globalisierung ergriffen wie VW. Während die japanische und koreanische Konkurrenz sich lange Zeit kaum aus dem eigenen Land getraut hat und auch die Amerikaner sich eher auf entwickelte Märkte konzentrierten, veränderte VW die gesamte Wirtschaftsstruktur von gleich mehreren Ländern.

VW Bully gelb-schwarz

Foto: Ralf Anders

Es waren die Wolfsburger, die die Automobilindustrie in China, Mexiko und Brasilien wesentlich aufbauten und gestalteten. Als der Eiserne Vorhang fiel, wurde zudem beherzt ein Produktionsnetzwerk in Osteuropa aufgebaut. Skoda steht für eine der größten automobilen Erfolgsgeschichten und die Slowakei ist heute sogar Weltmeister, wenn es um produzierte Fahrzeuge pro Einwohner geht.

Der verdiente Lohn ist die bis heute anhaltende Marktführerschaft in den meisten dieser Märkte. VW hat Automobilität für „jedermann“ ermöglicht wie kein anderer Wettbewerber und das neueste Kapitel heißt Ruanda, wo kürzlich eine kleine Fabrik eröffnet wurde.

3. VW-DNA: Industriedesign

Die Markenführung über viele Jahrzehnte ist eine Herausforderung, der nur wenige Unternehmen gewachsen sind. Echte Kontinuität gibt es selten, weil sich immer irgendwann das Ego eines neuen Managements durchsetzt oder schlichtweg die Kompetenz fehlt.

Nicht so bei VW: Fahrzeuge wie der Golf, der Passat oder der Porsche 911 setzen seit Ewigkeiten den Standard für ihre jeweilige Klasse. Die Designabteilung hat offenbar vollkommen verinnerlicht, auf was es ankommt, um klassische Elemente mit modernem Look zu verbinden.

Damit hätten wir also drei brauchbare Aspekte einer VW-DNA, die ihrerseits durch erstklassiges Engineering ergänzt werden.

Was Joe Kaeser daraus machen würde

Sobald das Gerüst stünde, würde Joe Kaeser die Geschäftsbereiche unter die Lupe nehmen, um zu sehen, inwiefern sie von den herausragenden Stärken unter dem Konzerndach profitieren.

MAN Diesel & Turbo produziert zwar Meisterwerke der Ingenieurskunst, aber ansonsten hat der Maschinenbaubereich nur wenig von der Beherrschung durch VW. Mit einer industriellen Führung durch einen spezialisierten Wettbewerber könnte vermutlich mehr Wert geschöpft werden. Das Geschäft könnte also in eine neu geschaffene Einheit eingebracht werden, während VW 51 % der Aktien erhält, um trotzdem noch die Kontrolle zu behalten.

Der Finanzdienstleistungsbereich samt Volkswagen-Bank schreibt höhere Gewinne als jedes andere deutsche Institut. Joe Kaeser hat dieses Segment bei Siemens nicht angefasst. Allerdings ist die Endkundennähe bei VW ungleich höher, was vielfältige Entwicklungsmöglichkeiten eröffnet. Joe Kaeser würde daher vielleicht einen Börsengang erwägen.

Was digitale Mobilitätsdienstleistungen angeht, ist VW ganz klar nicht spitze, sosehr sie sich auch anstrengen. Während Joe Kaeser bei Siemens voll auf das Thema setzt, würde er beim Autobauer wahrscheinlich eher nach einem erfahrenen Partner Ausschau halten, der im digitalen Umfeld zu Hause ist. Ein Joint Venture, in das VW seine globale Reichweite und Integrationskompetenz einbringt, wäre das Mittel der Wahl.

Der dritte Schritt bestünde darin, neue Märkte zu identifizieren, in die VW auf Basis seiner Stärken eindringen kann. Als einer der fortschrittlichsten Anwender der additiven Fertigung ließe sich eventuell ein 3D-Druck-Dienstleister aufbauen, aus Ducati ein globaler Hersteller von Freizeitmobilen samt fliegender Vehikel. Auch Porsche Design könnte seine Aktivitäten massiv ausweiten. Das sind vielleicht unausgegorene Ideen, aber wichtig für Anleger ist die Gewissheit, dass es viele Möglichkeiten gibt, um trotz des irgendwann stagnierenden Automarkts die Umsätze zu steigern.

In VW steckt mehr

Ich gehe nicht davon aus, dass der Siemens-Chef nach Wolfsburg wechseln wird. Trotzdem finde ich die Überlegung spannend, was er mit dem nicht weniger komplexen Automobil-Konglomerat anstellen würde. Das schärft den Blick auf die Werte und Potenziale. VW hat ein paar herausfordernde Jahre hinter sich und kann sich nun wieder besser auf die Ausführung der Strategie konzentrieren.

Mir würde es gefallen, wenn sich das Management dabei gelegentlich etwas von den Münchnern abgucken würde. Dass gerade bekannt wurde, dass die erfolgreiche Lkw- und Bus-Sparte 2019 an die Börse gehen soll, ist schon mal ein gutes Zeichen.

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Ralf Anders partizipiert über ein von ihm betreutes Indexzertifikat an der Aktienentwicklung von Siemens, Colfax und Siemens Gamesa. The Motley Fool besitzt keine der erwähnten Aktien.



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